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Korrupt (German Edition)

Korrupt (German Edition)

Titel: Korrupt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Kviby
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konnte. Bei ihrer besten Freundin vielleicht. Sie würde dort auf der Couch übernachten, und wenn er anrief, würde er an ihrem Tonfall merken, dass sie ihm die Schuld gab. Er ging zu ihrem Schreibtisch im Schlafzimmer, weil dort auf einem gelben Zettel, der auf der Tischplatte festgeklebt war, die Telefonnummern standen. Dieser Zettel war für ihn, denn sie hatte die Nummern im Kopf.
    Noch nie war sie über Nacht weggeblieben, ohne ihn anzurufen. In dieser Hinsicht unterschieden sie sich sehr. Unzählige Male hatte sie auf dem Sofa auf ihn gewartet, dann war sie ins Bett gegangen, wieder aufgestanden und hatte entweder Lena oder Ulla angerufen. Diese hatten sie stets daran erinnert, dass er immer heil nach Hause gekommen war und das vermutlich dieses Mal auch wieder tun würde. Meist war er zu betrunken gewesen, um erklären zu können, wo er gewesen war. Manchmal hatte er sich auch einfach nicht mehr erinnern können. Jetzt waren die Rollen vertauscht. Jetzt war er es, der sie suchte.
    «Max! Ist was passiert? Wie spät ist es?» Er hatte Ulla geweckt. Und den Rest der Familie auch, den Hintergrundgeräuschen nach zu urteilen.
    «Ist Annie bei dir?»
    «Hier? Warum sollte sie hier sein?»
    «Sie ist gestern nicht nach Hause gekommen.»
    Eine Stimme im Hintergrund. Ulla erklärte. Das ist Max. Offenbar ist Annie nicht zu Hause. Geflüster, sie ist vielleicht … Dann war Ulla wieder zu hören: «Hier ist sie nicht. Hast du schon bei Lena angerufen?»
    «Nein. Mach ich gleich. Sorry, dass ich euch geweckt habe.» Sag deinem Mann, er ist lächerlich. Und hässlich. Mundgeruch hat er auch. Außerdem wollte er mich an seinem Junggesellenabend ins Bordell mitnehmen. Bad choice.
    «Ruf mich wieder an, wenn du sie nicht erreichst. Es gibt ganz sicher eine Erklärung.»
    Er rief Lena an. Dasselbe. Keine Annie und keine Erklärung. Nur Freundinnen mit besorgten Stimmen.
    Er zog seine Jacke an und verließ das Haus, um nachzusehen, ob das Auto noch da war. Es stand dort, wo er es am Vortag geparkt hatte. Toyota Corolla. Ein Japaner, auf Pump gekauft. Ein Stück weiter standen zwei Hundebesitzer. Ein Lastwagen rumpelte um die Ecke, und ein paar Nachtschwärmer wankten nach Hause.
    Vielleicht war Annie etwas zugestoßen. Vielleicht hatte sie beschlossen, ihn zu verlassen. Die Chancen stehen fifty-fifty, dachte er. Frühmorgens war sein Selbstvertrauen nie auf der Höhe. Er kehrte in die Wohnung zurück und rief in der Redaktion an, obwohl Samstag war, denn irgendjemand war dort immer erreichbar. Annie war schließlich auch zu allen möglichen Zeiten dort. Ihre Arbeit war für sie nicht nur ein Job, sondern eine Berufung. Sie hatte das zwar nie ausgesprochen, aber so kam es ihm vor. Annie war die einzige Person, die er kannte, die eine Berufung hatte.
    «Musst ausgerechnet du diese Story schreiben?», fragte er gelegentlich, wenn sie Abend für Abend Überstunden machte. «Kann das denn sonst niemand mit seinem Herzblut schreiben? Oder», meinte er, wenn er sich so richtig nach ihr sehnte, «kann das schwedische Volk nicht noch eine Woche länger ohne diesen hochwichtigen Artikel auskommen?» Er kannte die Antwort. Er hatte sie hundert Mal gehört. Vielleicht sogar tausend Mal. Und jedes Mal, wenn er sie hörte, lief ihm vor Stolz ein Schauer den Rücken hinunter.
    «Du weißt, wie ich darüber denke», sagte sie. «Es ist das demokratische Recht eines jeden Mitbürgers auf Information …»
    «Und die demokratische Schuldigkeit der Journalisten, diese zu liefern», fuhr er lachend fort. «Und deswegen liebe ich dich auch so, das weißt du.» In Gedanken strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht. «Ich will doch nur, dass es dir gutgeht. Sei nicht böse. Das ist die Liebe.» In Gedanken küsste er sie. Immer wenn er sie in letzter Zeit gebeten hatte, wegen Mingus nicht so viel zu arbeiten, hatte das zu Streit geführt. Sie entzog sich seinen Umarmungen, egal, wie fest er sie hielt. Dann liebten sie sich in seiner Phantasie wie am ersten Tag.
    Beim dritten Versuch hob endlich jemand ab. Ein junger Mann, der sich bereit erklärte, nachzusehen, ob Annie an ihrem Schreibtisch saß. Als Max Schritte hörte, die sich dem Telefon näherten, fragte er sich, was Annie wohl sagen würde. Es gab viele Möglichkeiten, und einige bereiteten ihm Unbehagen. Aber sie war es nicht. Sie war nicht an ihrem Platz, und niemand hatte sie seit dem Vortag gesehen.
    «Haben Sie es in den Krankenhäusern probiert?», erkundigte sich der junge

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