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Korrupt (German Edition)

Korrupt (German Edition)

Titel: Korrupt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Kviby
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wissen. Man darf niemanden unterschätzen. Auch nicht einen Schwächling.»
    «Okay», antwortete Ranko und zündete sich eine Zigarette an, ohne seinen Schritt zu verlangsamen.
    «Morgen fahren wir beide mit derselben Summe zu meinem Bullen in Bromma und bezahlen ihn. Dann sind wir auch das Problem los.» Er wandte sich an Avram: «Vielleicht missfällt unser Manöver irgendwelchen Leuten, die Håkan ebenfalls erpresst haben. Bei ihrem nächsten Besuch sind wir da. Bewaffnet. Und dass mir Ranko nichts ohne Rückendeckung macht.»
    «Ich bin erwachsen», protestierte Ranko, als Avram eifrig nickte. «Ich kann auf mich selbst aufpassen.»
    Vitomir hielt inne und baute sich vor Ranko auf, dass ihre Nasen sich beinahe berührten.
    «Markier hier nicht den starken Mann», sagte er leise. «Du bist neu. Du gehst bei Avram in die Lehre. Wir expandieren. Und dabei sehen nicht alle tatenlos zu.» Er klopfte etwas Staub von der Schulter des Sakkos, das Ranko seinetwegen angezogen hatte, ließ ihn aber nicht aus den Augen. «Hör auf mich, Vorsicht ist angezeigt.» Er lächelte, trat einen Schritt zurück und zog die Autoschlüssel aus der Tasche. «Morgen geht’s ganz früh los. Unsere Arbeit hat gerade erst begonnen.»

Vollmond und Einsamkeit
    1
    Wie Fliegen um eine Leiche schwirrte eine unheilverkündende Ängstlichkeit im Zimmer herum. Max setzte sich auf. Die Decke lag zusammengefaltet auf der Sofalehne. In der Wohnung war es still. Es roch nach Frühlingsrollen, und der Fernseher flimmerte. Draußen war es hell. Max’ Stimme hallte in der Wohnung: «Annie?» Keine Antwort.
    Er hatte einen freien Abend gehabt und gehofft, dass sie früh nach Hause kommen würde. Er war nervös gewesen. Er hatte vermutet, dass es spät werden und wieder Streit geben würde. Zuletzt hatte sich seine Unruhe in Wut verwandelt. Das chinesische Take-away stand noch auf dem Wohnzimmertisch. Niemand hatte davon gegessen, und die süßsaure Soße war durch die Pappe auf den Tisch gesickert. Er hatte am Nachmittag in ihrem Büro angerufen und erfahren, dass sie es gerade verlassen hatte, und war davon ausgegangen, dass sie sich auf dem Heimweg befand. Er hatte alles vorbereitet; eingekauft, aufgeräumt und rasch geduscht. Er hatte sich vorgestellt, dass sie essen, sich versöhnen und etwas planen würden für die Zeit nach der Geburt, mit dem Kind. Vielleicht würden sie mit ihm nach Paris fahren. Sie spürte, dass es ein Junge wurde, und er vertraute ihr.
    Er nannte ihn Mingus. Nach Charlie Mingus, der Jazzlegende.
    Annie sagte: «Leonard.» Nach niemandem benannt.
    Er fand: «Leonard Mingus.»
    Sie sagte: «Leonard.»
    Zu guter Letzt war er eingeschlafen. Jetzt schaute er auf die Uhr. Viertel vor sieben, und sie war nicht nach Hause gekommen. Er wusste, dass irgendwas richtig schiefgelaufen sein musste. Er wusste nicht, was.
    Er fuhr sich durchs Haar und strich seine Hose glatt. In Jeans zu schlafen war noch nie eine gute Idee. Er ging ins Schlafzimmer. Das Bett war unberührt. Die Schranktür stand offen, und auf dem Bett lagen die Kleider, die Annie am Vortag anprobiert hatte. Ihr Mantel hing nicht in der Diele. Er hob einen von ihren Pullovern an die Nase und atmete ihren Geruch ein. Es fiel ihr inzwischen schwer, eine passende Garderobe auszuwählen. Sie fand sich hässlich, unsexy. Er versuchte ihr zu erklären, dass sie immer noch wahnsinnig gut aussah. Das gelang ihm nicht sonderlich.
    Er ging ins Bad, stützte sich auf den Waschbeckenrand und trank ein paar Schlucke aus dem Wasserhahn. Es roch nach abgestandenem Wasser und Shampoo. Er massierte sich die Stirn mit zwei Fingern und neigte den Kopf zur Seite. Annies Unterwäsche hing auf dem Wäschegestell über der Badewanne. Er dachte an Sex. Die Zahnbürste lag trocken auf der Ablage über dem Waschbecken. Er dachte an ihre weichen Küsse. Auf dem Wasserhahn waren ihre und seine Fingerabdrücke. Wenn sie gestritten hatten, hatten sie sich bisher immer am nächsten Tag versöhnt.
    Sie war nicht nach Hause gekommen. Was hatte das zu bedeuten? Dass sie bei einer Freundin übernachtet hatte oder dass ihr auf dem Heimweg etwas zugestoßen war? Das Kind hatte sich entschlossen, zu früh zu kommen, und jetzt warteten sie und Leonard Mingus darauf, dass er sie im Krankenhaus besuchte und in die Arme schloss. Er schaute nochmals auf die Uhr: fünf vor sieben. Wenn sie immer noch wütend war und nicht nach Hause kommen wollte, dann gab es nicht sonderlich viele, bei denen sie untergekrochen sein

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