Korsar meiner Träume
gegenseitig vertrauen, nehme ich nicht an, dass das ein Problem sein wird?«
Nate lachte leise, machte eine Truhe in seiner Unterkunft auf und zog ihre Pistole, die Donnerbüchse und den Dolch heraus. Er legte alles auf den Tisch vor sie hin.
»Mein Anteil ist die Hälfte?«
»Wir werden alles zwischen uns aufteilen, was wir finden. Das schließt die Mannschaft mit ein.«
Sie öffnete empört den Mund, und ihr Gesicht wurde mit einem Mal rubinrot.
»Deine Mannschaft ist nicht Teil dieser Abmachung!«
»Das Schiff segelt sich nicht von selbst, Claire.«
»Aber das ist unfair! Ich soll diesen Schatz mit Männern teilen, die nicht einen Moment danach gesucht haben, während ich schon Jahre mit der Sache verbracht habe?«
»Ich kann sie nicht gut bitten, uns zu helfen, den Schatz zu finden, ihn aufzuladen und ihnen dann einen Anteil daran verweigern.«
Claire murrte und stürmte zum Fenster hinüber. Nate beobachtete sie, wie sie zornig dastand, die Arme vor der Brust gekreuzt, während sie hinaus aufs Meer starrte, das auf der anderen Seite des Glases wogte. Er fragte sich, ob sie auch am Fenster des Waisenhauses gestanden hatte – wenigstens ein Mal – während sie auf seine Rückkehr gewartet hatte.
Sie hatten damals fast ihre ganze Freizeit zusammen verbracht, und obwohl er erst sechzehn war, hatte er gewusst, dass sie die Frau seines Lebens war. Obwohl sie einander viele Küsse gestohlen hatten und viele Male in den Armen des anderen gelegen hatten, hatte Nate Claire doch nie kompromittiert. Aber es hatte Zeiten gegeben, wo es ihm schwergefallen war, diesen guten Vorsatz einzuhalten. Ihre Küsse waren ebenso hungrig gewesen wie seine, ihre Hände auf seinem Nacken und seinem Rücken schufen ein Verlangen, sie überall auf seinem Körper zu spüren. Nate erinnerte sich daran, dass er sich zurückgehalten hatte, bis sein Körper vor Anstrengung zitterte.
Er war losgezogen, um Arbeit zu finden und genügend Geld zu verdienen, um ihnen einen vernünftigen Start zu ermöglichen. Es war die Erinnerung an ihre Küsse, die ihn immer wieder angetrieben hatte. Wenn sein Rücken vom Pflügen der Felder schmerzte, dann hatte ihr Geschmack ihn weitermachen lassen, wenn sein Körper eigentlich schon nicht mehr konnte. Und als er zurückgekommen war, sein Geld sicher in seiner Tasche verwahrt, da war es ihr Kuss gewesen, der ihn das letzte Stück hatte rennen lassen.
Aber sie hatte nicht gewartet. Er war zurückgekommen, konnte Claire nicht finden und musste von einem der jüngeren Mädchen von ihrer bevorstehenden Hochzeit erfahren. Er hatte nie erfahren, wen sie geheiratet hatte, nur dass er reich war. Dann war er, so schnell er konnte, dorthin zurückgerannt, wo er hergekommen war. Er war gerannt, bis ihm die Lungen brannten und seine Beine ihn anzuschreien schienen, endlich anzuhalten. Aber er hatte vor dem heftigen Schmerz in seinem Herzen nicht davonrennen können.
Er hatte nicht gedacht, dass sie eines solchen Verrates fähig war. Aber vielleicht hatte er sie nicht so gut gekannt, wie er es gedacht hatte. Genau wie er diese Claire hier ebenfalls nicht richtig kannte. Die Claire, die er zurückgelassen hatte, besaß lange rote Haare, zarte Hände, und eine Stimme, die sowohl beruhigen als auch verführerisch klingen konnte. Sie war auf jene Art sanft gewesen, wie es eine Frau sein sollte.
Nun ja, sie war ganz offensichtlich nicht mehr sanft und auch nicht zart. In ihrem Blick lag jetzt Stahl, und ihre Stimme besaß eine Schärfe, wie er es nicht für möglich gehalten hätte, wäre er nicht das Ziel ihrer Worte gewesen. Ihre Hände waren auch nicht mehr zart. Er hatte den Dreck unter ihren Fingernägeln gesehen und die dünnen weißen Narben, die von harter Arbeit zeugten, härter als sie es vom Waisenhaus gewohnt war. Er hatte die Stärke darin gespürt, als sie sich gegen ihn gewehrt hatte.
»Die Mannschaft muss ja nicht mitkommen.«
Vincents Worte durchdrangen Nates Gedanken.
Claire wandte sich vom Fenster ab.
»Wir wissen ja noch gar nicht, wo der Schatz ist, Vincent«, erinnerte ihn Nate, »und wir brauchen eine Crew, um das Schiff zu bemannen.«
»Nun, dann schlage ich Folgendes vor. Wir finden heraus, wo er ist. Falls es nahe genug ist, setzen wir euch dort ab, während wir Aidan holen fahren. Euch beide«, fügte er hinzu, bevor Claire protestieren konnte, »und falls es weiter weg ist, dann holen wir zuerst Aidan ab, bevor wir den Schatz suchen gehen.«
Vincent drehte sich zu Claire um.
»Nach
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