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Korsar meiner Träume

Korsar meiner Träume

Titel: Korsar meiner Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Beattie
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noch niemand aufgewacht war, wandte sich Nate zum Heck und sah hinaus aufs Meer. Er sah nichts weiter als endloses Wasser und seufzte tief. Feuchte Morgenluft füllte seine Lungen. Obwohl er wusste, was in Kürze kommen würde, sobald Claire wach wurde, konnte Nate den Moment nichtsdestotrotz genießen. Für einen Augenblick war alles in Ordnung.
    Er schaute durchs Fernglas und nahm sich die Zeit, langsam den Horizont abzusuchen. Falls man ihn verfolgte, würde er es nicht übersehen, nur weil er zu schluderig war.
    Dort. Sein Herz schlug mit einem Mal schneller. Dort, kaum mehr als ein weißer Fleck, auf seiner Backbordseite. Da er James’ Schiff vorige Nacht nicht gesehen hatte, konnte er nicht sicher sein, ob es seines war. Zur Hölle, es war so weit entfernt, er konnte sich über gar nichts sicher sein. Nate schob das Fernrohr zusammen. Vorerst würde er nichts unternehmen. Sie segelten Richtung Port Royal. Da sie nicht auf der Suche nach dem Schatz waren, und weil er auch keine Zeit verlieren wollte, langsamer zu werden, bloß auf die Möglichkeit hin, dass James ihm folgte, behielt Nate seinen Kurs bei.
    Aber er würde aufpassen. Niemand hatte Sam Steele jemals unwissend und unvorbereitet aufgespürt, und Nate hatte nicht die Absicht, das zu ändern.
    Sobald seine Mannschaft aufgestanden und das Frühstück beendet war, ging Nate zum Bug. Claire war dort gewesen, kurz nachdem er das andere Schiff entdeckt hatte. Mit der kurzen Ausnahme, als sie unter Deck ging, um zu essen, war sie die ganze Zeit dort geblieben. Sie trug ihren Hut, der ihr Haar und den größten Teil ihres Gesichtes verdeckte, aber Nate wusste, sie blieb nicht am Bug, um den Kontakt mit seinen Männern zu vermeiden und damit auch die Gefahr, dass diese herausfanden, dass sie eine Frau war. Nein, das war nicht der Grund für ihren Stehplatz an der Vorderseite des Schiffes. Dort war sie ganz einfach so weit wie möglich von ihm entfernt, ohne über Bord zu springen.
    Obwohl seine Männer fortfuhren, ihre Aufgaben zu erledigen, schauten sie zu Claire hin und warfen Nate fragende Blicke zu, als er sich neben sie stellte. Nate stützte seine Unterarme auf die Reling. Er hatte beinahe erwartet, dass sie weggehen würde, wenn er sich näherte, und spürte den für ihn eher unüblichen Wunsch, den Zeitpunkt seiner Annäherung hinauszuzögern. Normalerweise bevorzugte es Nate, sofort zur Sache zu kommen. Aber mit dem Wind, der ihm übers Gesicht strich, mit dem Meer, das wie eine Handvoll Edelsteine funkelte, wollte Nate den Augenblick nicht mit etwas Geschäftlichem trüben. Dafür würde es noch Zeit genug geben.
    »War denn alles so, wie du es dir vorgestellt hattest?«, fragte er.
    Sie warf ihm einen Seitenblick zu, mit verwirrt gerunzelter Stirn.
    »War was so?«
    »Auf See zu sein, auf einem Schiff zu sein. Wir haben doch damals so oft darüber geredet, wie es wohl sein würde. Ob es uns ein Gefühl von Freiheit geben würde oder ob wir uns irgendwie gefangen fühlen würden.« Er holte tief Luft – die frische Morgenluft fühlte sich wundervoll in seinen Lungen an.
    »Vom ersten Mal an, als ich ein Schiff betrat, spürte ich ein Gefühl der Freiheit, dass ich überall hingehen und alles tun konnte.«
    Claire kniff wegen des Sonnenlichts auf dem Wasser die Augen zusammen.
    »Gewiss bist du nicht hergekommen, um die Vergangenheit wiederauferstehen zu lassen.«
    »Gewiss hast du keine Angst davor, über sie zu sprechen«, konterte er herausfordernd.
    Claire seufzte tief.
    »Ich habe nichts gegen die See. Sie hat ihre guten Seiten. Der endlose Horizont, die Sonnenaufgänge und Sonnenuntergänge sind an den meisten Tagen schon ein besonderer Anblick.«
    »Kein Gefühl von Freiheit?«
    Sie kniff den Mund zusammen.
    »Ich bin der Freiheit jahrelang hinterhergelaufen. Ich muss sie erst noch finden.«
    »Warum n -«
    Sie drehte sich um, begegnete seinem Blick. Trotz ihrer Worte lag da keine Spur von Verletzlichkeit in ihren Augen.
    »Gewiss ist dir mittlerweile klar geworden, dass die Karte nicht vollständig ist. Lass uns also nicht so tun, als ob du aus irgendeinem anderen Grund hier wärst.«
    Er betrachtete sie eingehend, aber ihre Miene verriet ihm nichts. Das war nicht die Claire, die er gekannt hatte. Ihr Gesicht war das Beste an ihr, und es war immer voller Ausdruck gewesen. Freude und manchmal Ungeduld mit den jüngeren Kindern, Wärme und Schüchternheit, wenn sie bei ihm war. Wohin war das alles verschwunden? Wohin war diese Claire

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