Korsar meiner Träume
nicht länger darüber debattieren würden.«
Sie erwartete weiteren Widerspruch und hatte mehr als genügend Gegenargumente in petto, um noch ewig damit weiterzumachen. Stattdessen überraschte er sie mit einem Lächeln. Es war ein schmutziger Trick, denn es raubte ihr den Großteil ihres Frustes.
»Ich glaube, es war töricht von mir zu denken, du hättest dein Temperament auf meinem Schiff zurückgelassen.«
Sie spürte, wie ihre Lippen zuckten.
»Ich versichere dir, mein Temperament ist niemals weit weg.«
Er lachte leise.
»Ich werde es mir merken.«
Gemeinsam erledigten sie den Rest ihrer Aufgaben schnell. Bald war das Segeltuch über den Ästen gespannt, an zwei Baumstämmen hinauf und mit zwei Stangen über ihren Köpfen verankert, die sie aus langen, schlanken Trieben gemacht hatten. Das Feuer brannte nahe genug bei ihrem Unterschlupf, um seine Wärme abzustrahlen, aber weit genug weg, um das Segeltuch nicht zu erreichen. Zusätzliches Holz war in ihrem Unterschlupf abgelegt worden, um es vor kommenden Regenfällen trocken zu halten.
Nate trat einen Schritt zurück, nickte offensichtlich zufrieden und warf ihr dann ein Stück Seil zu.
»Um deine Kleider zu trocknen.«
»Mal wieder«, murmelte sie. Sie waren immer noch ein wenig feucht gewesen, als sie sie heute Morgen zurück in ihre Tasche gestopft hatte, und sobald der Regen losgehen würde, würden sie wieder ganz nass werden.
»Ganz wie du willst. Ich werde noch unsere letzten Sachen holen. Es wird nicht lange dauern.«
Claire bemerkte sehr wohl, dass er sie immer noch herumkommandierte. Aber sie hatten gut zusammengearbeitet, und wenn sie dies weiterhin taten, dann würde sie sich ihre Gegenargumente für die Dinge aufheben, die wirklich wichtig waren.
»Alles klar.«
Scheinbar zufrieden drehte er sich um und wollte gehen, doch bevor er das Lager verließ, hielt er inne.
»Und benutz die Decke, Claire. Oder ich werde dich selbst darin einwickeln.«
Nate beeilte sich nicht, ins Lager zurückzukommen. Stattdessen saß er auf der letzten Kiste, die er eigentlich holen wollte, und starrte hinaus auf die tosende Brandung. Es war ihm egal, dass der Wind an seinem Hemd zerrte und in seinen Ohren heulte. Er bemerkte die ersten warnenden Tropfen gar nicht, die ihm auf den Rücken platschten. Alles, woran er denken konnte, waren er und Claire zusammen in diesem kleinen Unterstand.
Er schloss die Augen, was sich umgehend als Fehler herausstellte, denn das erste Bild, das ihm durch den Kopf schoss, war, wie er auf ihr kleines Lager zuging und sie nur noch die Decke trug, die er ihr gereicht hatte. Als er näher kam und die Flammen über ihr Gesicht tanzten, da ließ sie die Decke sinken und enthüllte ihre geschmeidig glänzende Haut. Er musste beide Male heftig schlucken, in der Realität und auch in seiner Vorstellung.
Wellen schlugen an den Strand und lenkten Nate von seinem Trugbild ab. Er öffnete die Augen, und während das Bild von Claire verblasste, blieb die körperliche Folge, sie nackt gesehen zu haben, klar und deutlich spürbar. Trotz des kalten Windes brach ihm im Nacken der Schweiß aus. Sein Körper war vor Begehren ganz angespannt. Er strich sich mit der Hand übers Gesicht und atmete tief ein. Er war schließlich nicht mehr sechzehn. Er war älter, weiser. Er sollte in der Lage sein, sein Verlangen zu beherrschen.
Jedoch war ihm dies bislang nicht gelungen. Wenn sie zusammen waren, dann fühlte er sich ebenso sehr zu ihr hingezogen wie früher. Ihre Augen, ihr Mund, alles erschien ihm genauso verlockend wie damals im Waisenhaus.
Selbst als Jugendlicher hatte er Claire schon begehrt. Erst nach einer Weile hatte er damals im Waisenhaus den Mut aufgebracht, mit ihr zu reden, und sie begannen, Zeit miteinander zu verbringen. Hatten miteinander geredet, während sie ihren Pflichten nachgingen, und waren in ihrer Freizeit spazieren gegangen. Es war zwar langsam passiert, Nate hatte sie nicht drängen wollen, aber sie waren sich nähergekommen und hatten ein starkes Band der Freundschaft geschlossen, bevor er diese Freundschaft zu etwas mehr werden ließ.
Es hatte ihn überrascht, wie natürlich sich diese Veränderung angefühlt hatte. Sie war seine Freundin und er hatte sie geliebt. Sie in den Armen zu halten, sie mit seinen Lippen zu berühren, war ihm wie ein Teil jener Liebe erschienen. Wenn er sich vorgestellt hatte, wie sie schließlich zueinander kamen, dann wäre das ebenfalls ein Teil dieser Liebe geworden.
Als ihre
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