Korsar und Kavalier
trat zurück und hob zur Antwort sein Rapier. Klirrend stießen die beiden Waffen zusammen.
„Degen gegen Rapier.“ Tristan lächelte, obwohl ihm weiß Gott nicht danach zumute war. „Ich glaube, ich bin im Vorteil.“
„Das hängt von Ihrem Geschick ab, mein Freund. Und von meinem.“ Der Räuber machte einen Ausfallschritt. Seine Augen hinter der schwarzen Maske glitzerten, und seine Klinge leuchtete bösartig im hellen Mondlicht.
Tristan parierte den Angriff des Mannes. Der Degen war die stärkere Waffe, denn bei einem kräftigen Schlag oberhalb des Griffes konnte das Rapier ohne Weiteres entzweibrechen. Dafür war das Rapier schneller, tödlicher. Ein Fehler, und sein Gegner hätte ihn aufgespießt.
Der Trick lag darin, den Mann auf Trab zu halten, was nicht einfach war, vor allem da Tristan nach dem Fall mit dem Riesen das Bein schmerzte. Jede Bewegung tat weh, und es wurde immer schlimmer.
Der Räuber täuschte eine Finte an, Tristan parierte, obwohl er dadurch ein paar Schritte zurückweichen musste. Um Boden zu gewinnen, griff Tristan an, wobei er sorgfältig darauf achtete, sich auf dem gesunden Bein abzustützen. Jeder Schritt war die reinste Qual.
Ein Treffer, das war alles, was er brauchte. Doch beim Fechten wurde ihm klar, dass sein Gegner ein wahrer Meister mit dem Rapier war.
Grimmig machte Tristan sich daran, sich zu verteidigen, parierte Ausfälle und Finten in einer derartigen Geschwindigkeit, dass er selbst kaum noch mitkam. Sein Bein schmerzte, und auf der Stirn stand ihm der kalte Schweiß. Er konnte nicht herumwirbeln und springen wie sein Gegner. Aber er konnte standhaft die Stellung behaupten und kämpfen wie ein Dämon.
Während eines besonders brutalen Angriffs schlitzte das Rapier Tristans Rock auf und verletzte ihn am Arm. Aus den Augenwinkeln sah er eine Bewegung. Prudence trat vor, als wollte sie dem Kampf Einhalt gebieten. „Nein! “, stieß Tristan hervor, den Blick auf seinen Angreifer gerichtet.
Prudence trat zurück, und er hörte leises Gemurmel, als der Kutscher ihren Arm ergriff. „Lenken Sie ihn nur nicht ab, Madam.“
Tristan kämpfte weiter. Sein Körper war inzwischen schweißgebadet vor Anstrengung. Auch der Räuber atmete schwer in der kalten Nachtluft. Das Mondlicht beleuchtete seine Silhouette, die Linie seiner Schultern, die Falten seines Überrocks, das dunkle Haar, das ihm auf die Schultern fiel.
„Du da“, knurrte Tristan, während er den Degen hob, um die Klinge des Rapiers wieder einmal abzufangen, „ergib dich, dann lass ich dich noch ein bisschen weiterleben.“
Der Mann lachte leise, und das Geräusch ließ in Tristan die Alarmglocken schrillen. Dieses Lachen ... Zwischen Tristans Brauen bildete sich eine steile Falte. Er kannte dieses Lachen. Vor langer, langer Zeit hatte er es schon einmal gehört.
Er runzelte die Stirn und schlug das Rapier zur Seite, als sein Gegner wieder auf ihn zuhielt. Die Spitze ritzte ihn am Kinn. „Au! “ Er fasste sich ans Kinn, woraufhin ihm das Blut über die Hand glitschte und auf seinen Hals tropfte. „Du kleiner Teufel! “
Sein Gegner lachte entzückt. „Allerdings. Dann wollen wir das hier ein für alle Mal beenden.“
Ein Stück weit die Straße hinunter schnaubte ein Pferd. „Ah!“, rief Tristan und ließ seinen Degen durch die Luft sausen, „hier sind meine Leute. Du bist ein toter Mann.“ Pfeilschnell und mit wirbelnder Klinge stürzte sich der Fremde auf ihn. „Wenn ich sterbe, sterbe ich nicht allein.“ Tristan sprang ihm aus dem Weg und hob abwehrend den Degen. Sie kämpften weiter, lautlos bis auf ihr angestrengtes Atmen und das Klirren der Waffen.
Sie waren sich ebenbürtig. Entscheidend wurde nun eher die Frage, wer zuerst ermüdete. Tristan dachte allmählich, dass er gegenüber seinem schlankeren Gegner im Vorteil sei, doch gerade als er zur Seite trat, um einem besonders bösartigen Ausfall auszuweichen, rutschte er mit dem guten Bein auf einem losen Stein aus. Er fing sich mit dem anderen Bein ab. Weißglühend explodierte der Schmerz in ihm. Nein. Er durfte nicht fallen. Prudence brauchte ihn. Sie ...
Ein Schuss fiel, so nah, dass Tristan zusammenzucke. Der Straßenräuber hielt inne. Seine Augen hinter der Maske waren ganz groß geworden. Einen langen Augenblick schwankte er auf den Füßen und sah auf sein Hemd.
Prudence trat vor. Sie hielt eine rauchende Pistole in der Hand, und das Vorderteil ihres Kleides war schlammverschmiert. Anscheinend war sie unter die Kutsche
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