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Korsar und Kavalier

Titel: Korsar und Kavalier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Hawkins
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konnte. Ein Schaf, das nun wild durch die Gegend lief, ihren roten Schal trug und von einer Bootsladung Matrosen verfolgt wurde.
    Ihre Lippen zuckten. Eigentlich könnte das ganz amüsant anzusehen sein. Sie stellte das Messingding - was es auch war - ab und sah sich weiter im Zimmer um. Auf einem Regal neben dem Kamin, etwas über Kopfhöhe, entdeckte sie einen kleinen Pokal, in den etwas eingraviert war. Von ihrem Platz sah es wie „Victory“ aus. Sie kniff die Augen zusammen und stellte sich auf die Zehenspitzen, um den Schriftzug besser entziffern zu können, doch es war zu dunkel.
    War es möglich ... die Victory war das Schiff gewesen, von dem aus Admiral Nelson die Schlacht von Trafalgar befehligt hatte. Captain Llevanth war doch gewiss nicht der Kapitän dieses Schiffs gewesen!
    Gut möglich, dass sie auf diesem Pokal eine ganze Reihe von Antworten finden würde. Sie trat näher an das Regalbrett heran und reckte sich nach oben, doch sie erreichte das Gefäß gerade einmal mit den Fingerspitzen, es stand viel zu hoch. Sie sah sich um und entdeckte einen Stuhl. Wenn sie sich daraufstellte, könnte sie das Regalbrett nicht nur erreichen, sie könnte sich auch den Pokal näher ansehen und die Gravur lesen.
    Zögernd sah sie zur Tür. Im Flur war alles still. Auf dem Holzboden hatte keinerlei Teppich gelegen, und der Captain würde sich kaum anschleichen, vor allem nicht bei seinem Hinken. Sie war sich sicher, dass sie es hören würde, wenn sich jemand näherte.
    Prudence rückte den Stuhl unter das Regalbrett, verzog das Gesicht, als die Stuhlbeine über den Boden scharrten. Als der Stuhl an Ort und Stelle stand, schlich sie noch einmal zur Tür und sah hinaus. Nichts. Ihr Atem beruhigte sich ein wenig. Leichtfüßig stieg sie auf den Stuhl und holte den Pokal vom Regal herunter.
    Zum Andenken an die Tapferkeit der Victory und Admiral Nelsons letzte Schlacht, für Captain Tristan Llevanth. Obschon im Gefecht verwundet, kämpfte er treu, tapfer und ehrenhaft.
    In Bewunderung von Seiner Majestät, König George III.
    Das war doch etwas! Mit den Fingerspitzen fuhr sie die Gravur nach, die sich ein wenig rau anfühlte. Hatte König George die Auszeichnung persönlich überreicht? Wie merkwürdig die Vorstellung war, dass der König dieses Gefäß an genau derselben Stelle berührt hatte wie sie jetzt.
    Sie stellte den Pokal zurück ins Regal. Dann reckte sie sich noch ein wenig und berührte die nächste Auszeichnung. Hierbei handelte es sich um ein großes goldenes Kreuz, eingefasst in blaue Emaille und mit einem einzelnen Edelstein besetzt. Am oberen Ende befand sich eine Öse, durch die ein blaues Band gezogen war. Anscheinend musste man das Kreuz zu irgendeiner Uniform tragen.
    Sie runzelte die Stirn. Sie hatte schon vom Christopheruskreuz gehört, das Seeleuten und Soldaten verliehen wurde, welche sich in der Schlacht ausgezeichnet hatten. Konnte es das sein? Was es auch war, es war ein wunderbar gearbeitetes Stück und ziemlich eindrucksvoll. Sie fuhr über das kühle Metall und bewunderte die Farben. Danach wandte sie sich den übrigen Auszeichnungen und Medaillen zu.
    Was die kriegerischen Aktivitäten anging, war der Captain kein Feigling. Diese Information könnte sich noch als sehr nützlich erweisen. Sie würde darauf achten müssen, dass sie ihn nicht zu sehr angriff. Er würde das nur als Herausforderung verstehen, etwas, was er anscheinend genoss.
    Sie spitzte die Lippen. Das konnte sie ihm vermutlich nicht vorwerfen, sie stritt sich schließlich selbst ab und zu ganz gem. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um das Kreuz zurückzulegen ...
    „Was machen Sie da?“
    Die Worte durchbrachen die Stille wie ein Peitschenhieb. Sie klangen so tief und nah, dass Prudence erschrocken einen Schritt rückwärts machte - immer ein gefährliches Unterfangen, wenn man auf der Sitzfläche eines wackligen Stuhls balancierte. Unwillkürlich umklammerte sie das Kreuz mit beiden Händen, keuchte tief auf und taumelte auf dem Stuhl herum.
    Und dann verlor sie das Gleichgewicht, fiel und fiel und fiel ... direkt in die Arme des Mannes, den zu besiegen sie ausgezogen war.

7. KAPITEL
    Immer recht zu behalten ist eine sehr delikate Angelegenheit, vor allem wenn man es mit einem erstklassigen und, so möchte man hoffen, stolzen Gentleman zu tun hat. Ein guter Butler wird wissen, wie er den Anschein erwecken kann, alle Entscheidungen seien von seinem Dienstherrn getroffen worden - oder zumindest von ganzem Herzen

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