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Kosaken Liebe

Kosaken Liebe

Titel: Kosaken Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Er hat mich zwei Jahre lang belogen!« Jermak atmete schwer. Seine Schritte wurden langsamer, und die Füße schleiften über das Steppengras. Wenn Gift an der Pfeilspitze war, dachte er, erreiche ich das Lager nie. Und auch Lupin ist machtlos gegen das Gift. Was wird aus meinen Kosaken? Kann Muschkow sie weiterführen nach Mangaseja? Er ist ein rauher, tapferer Kerl, aber ist er auch ein Feldherr? Sibirien erobert man nicht nur mit Kraft, man muß auch ein Hirn dabei haben …
    »Er hat gelogen, um mich zu beschützen!« sagte Marina. Sie schob Jermaks Arm von ihrer Schulter und trat zwei Schritte zurück. Ohne Stütze begann Jermak zu wanken und hatte Mühe, nicht in die Knie zu brechen. »Ist das ein Verbrechen?«
    »Ein Kosak …«
    »Ein Kosak! Ein Kosak! Gibt es nur Gott und die Kosaken, und alles andere auf der Welt ist nur dazu da, daß man es vernichtet? Bist du nicht auch noch ein Mensch, Jermak Timofejewitsch?«
    »Komm her und stütze mich …«, sagte Jermak und knirschte mit den Zähnen.
    »Nein!«
    Er starrte sie an, als könne er es nicht begreifen, daß jemand zu ihm nein sagte. Marina stand vor ihm, die Beine gespreizt und die Hände in die Hüften gestemmt – ein richtiges Kosakenkerlchen, wie es Boris Stepanowitsch immer gewesen war.
    »Es geht auch ohne dich, verdammt!« schrie Jermak plötzlich. Er preßte die Lippen zusammen und schwankte vorwärts; aber er wußte genau, daß er nur ein paar Schritte gehen konnte und dann seine Kraft zu Ende war. Die Lagerfeuer schienen ihm unerreichbar, die grölenden Stimmen seiner Kosaken waren wie ein fernes Rauschen, und der leichte abendliche Frühlingswind, der den Duft der bratenden Hammel mitnahm, riß an ihm wie ein Sturm und warf ihn fast um.
    Wenn das vom Gift kommt, bin ich verloren, dachte Jermak. Und verloren sind meine tausend Kosaken, die Priester, die Jäger, die Dolmetscher, die Beamten der Stroganows. Verloren für immer ist Sibirien für den Zaren – denn wer sonst könnte es erobern?
    Er blieb stehen. »Laß mich allein, Boris Stepanowitsch«, sagte er heiser. »Geh! Laß deinen Hetman sterben …«
    »Ich habe dir schon einmal das Leben gerettet«, sagte Marina und rührte sich nicht. »Für das zweitemal verlange ich einen Preis!«
    »Geh weg!« brüllte Jermak.
    Vom Fluß her näherte sich ein kleiner Trupp Kosaken. Sie ritten auf eroberten Tatarenpferden und fühlten sich – endlich wieder auf dem geliebten Pferderücken – so wohl, daß sie laut sangen und ihre schrillen Schreie ausstießen, mit denen sie alle Feinde entnervten. An der Spitze galoppierte Muschkow. Jetzt wieder im Sattel zu sitzen, war ihm mehr wert, als auf einer Wolke im Himmel zu liegen, wie es die Popen als ewige Seligkeit versprachen …
    »Da kommt Iwan Matwejewitsch!« sagte Marina ruhig.
    Hinter seinem Pferdekadaver verkroch sich Lupin völlig in den Schatten und verwandelte sich in einen Toten, wie sie massenweise herumlagen. In der tiefen Dämmerung konnte ihn niemand erkennen.
    Jermak nahm alle Kraft zusammen, um stehenzubleiben. Er wandte sich langsam um und blickte seinen Kosaken entgegen. Muschkow war nicht zu übersehen … seine Stimme klang laut, und sein kräftiger Körper überragte alle anderen.
    »Ich bleibe Boris Stepanowitsch …«, sagte Marina Alexandrowna laut, »und Iwan Matwejewitsch bleibt dein Freund und Stellvertreter. Es ändert sich nichts, bis wir Sibirien erobert haben und vor dem Popen Mann und Frau werden.«
    »Ich nehme von einem Weib keine Befehle entgegen!« schrie Jermak verbittert.
    »Es ist eine Bitte, Jermak Timofejewitsch. Ich flehe dich an … Auf die Knie würde ich vor dir fallen, wenn ich keine Kosakenuniform trüge! Denk an Sibirien … Du hast den größten Auftrag erhalten, den je ein Mensch bekommen hat!«
    War es das, was Jermak tief ins Herz ging? Er drehte sich wieder zu Marina um und streckte den gesunden Arm aus. »Stütze mich!« bat er leise.
    »Ich bleibe Boris Stepanowitsch?«
    »Ja.«
    »Und Muschkow?«
    »Ich will versuchen zu vergessen.«
    Sie ging wieder auf ihn zu, legte ihren Arm um seinen Oberkörper und schleppte ihn über die Steppe. Sie glaubte Jermak, und es fiel ihr nicht auf, daß er gesagt hatte, er wolle versuchen zu vergessen. Versuchen … das war eine offene Tür, durch die man jederzeit entweichen konnte.
    Muschkow ritt in der sich schnell ausbreitenden Dunkelheit in einiger Entfernung vorbei, ohne sie zu sehen. Er sang aus voller Brust, ließ sein Gäulchen die Beine werfen und trug

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