Kosaken Liebe
Beichtende.
»Oha!« Oleg Wassiljewitsch beugte sich zu den Knienden hinunter. Sein Bart wischte über ihre Köpfe. Es kitzelte, was die Kosaken als frommen Schauder empfanden. »Jermak hat euch befohlen, heimlich einen Kameraden zu ermorden?«
»Ja.«
»Wer ist es?«
Hier blieben die beiden Kosaken stumm. Der Pope drohte ihnen mit Höllenqualen aller Art, er tobte, trat die Beichtjünger ins Kreuz und gegen die Schultern, riß ihnen schließlich Haarbüschel aus und schlug ihnen die Nasen blutig, aber sie sagten immer nur: »Väterchen, gib uns im voraus die Absolution!«
»Nie!« brüllte Oleg Wassiljewitsch. »Hinaus mit euch …«
»Wir bekommen von Jermak zweitausend Rubel …«
Der Kosakenpope ging in sich. Er ließ das Prügeln sein und zeigte auf den Boden. Die beiden Beichtenden fielen sofort wieder auf die Knie.
»Ist das wahr?« fragte er milde.
»Können wir dich belügen, Väterchen? Für die Absolution würden wir fünfhundert Rubel geben …«
»Sind wir auf dem Markt? Kauft ihr Hammelfett?« Oleg Wassiljewitsch faltete die riesigen Hände. »Sechshundert Rubel.«
»Ihr seid ein gütiges Väterchen.«
»Wann soll es geschehen?«
»Heute nacht.«
»Und Jermak zahlt wirklich?« Das war eine berechtigte Frage. Kulakow kannte Jermak lange genug und wurde wieder nachdenklich. Es war nicht Jermaks Art, sich Mitwissern in die Hand zu geben. Ein Mord – gut und schön; aber dann führt man ihn allein aus. Ein Mittäter ist auch immer ein neuer Feind für die Zukunft.
»Kommt wieder, wenn ihr die sechshundert Rubel habt«, sagte er schließlich weise. »Bis dahin will ich euch vergessen, ihr Hurenbastarde.«
Später sprach er mit Lupin darüber – es ließ ihm einfach keine Ruhe.
»Jermak will einen umbringen lassen«, sagte er, »und zahlt zweitausend Rubel dafür. Begreifst du das, Alexander Grigorjewitsch? Ich nicht! Zweitausend Rubel für einen Kosaken! Dafür könnte man einen Fürsten umbringen lassen!«
»Jermak wird seine Gründe haben«, antwortete Lupin. Das Herz schmerzte ihm plötzlich vor Angst. »Manchmal ist ein Mensch ein Staubkorn und manchmal eine ganze Welt wert! Was sind zweitausend Rubelchen?«
Dann entschuldigte er sich, er müsse zum Kirchenboot, weil morgen die große Fahrt losgehe; griff sich ein Pferd und ritt wie der Teufel zum Tobol.
Lupin fand Muschkow am Fluß. Marina war bei ihm, hatte die Stiefel ausgezogen und ließ die nackten Füße ins strömende Wasser hängen.
»Es ist soweit!« schrie Lupin und sprang vom Pferd, noch bevor es richtig stand. »Glotzt mich nicht an wie die Frösche, packt rasch das Nötigste zusammen, sucht euch die besten Pferde aus und flüchtet in den Ural!«
»Das schreit er nun jedesmal, wenn er an die Tataren denkt«, sagte Muschkow gemütlich. »Väterchen, wir werden auch Mametkul davonjagen …«
»Mametkul! Bist du wirklich so ein Idiot, Iwan Matwejewitsch? Darum geht es doch nicht!« Lupin riß Marina an sich und drückte ihren Kopf gegen seine Brust. »Er will dich töten lassen, Muschkow.«
Muschkow sagte nichts. Er stierte Lupin an, und als er es begriffen hatte, was das Väterchen aussprach, sagte Marina kurz: »Jermak …«
»Zweitausend Rubel zahlt er für deinen Tod, Iwan! Noch in dieser Nacht!«
»Mein Freund Jermak Timofejewitsch?« stammelte Muschkow. »Zwölf Jahre bin ich mit ihm geritten …«
»Deine Mörder haben es Oleg Wassiljewitsch gebeichtet …«, schrie Lupin in Verzweiflung. »Beeilt euch! Ihr müßt die besten Pferde aussuchen, schnell!«
»Ich habe an ihn geglaubt«, sagte Muschkow leise. »Er war für mich Bruder und Vater zugleich. Er war meine ganze Welt, in der ich glücklich war …« Plötzlich weinte Muschkow; er weinte wie ein kleines Kind. »Ich hatte nur ihn … Ich kenne meinen Vater nicht, meine Mutter habe ich nie gesehen. Man sagt, ich hätte in einer Ackerfurche gelegen, und ein Bauer habe mich großgezogen. Und dann kam Jermak und nahm mich mit zu den Kosaken … Er kann mich doch jetzt nicht …« Das Schluchzen schüttelte ihn.
»Ihr müßt die ganze Nacht durchreiten!« sagte Lupin ungerührt. Er küßte Marina auf die geschlossenen Augen. »Ich folge euch, um euch den Rücken zu decken! Kümmert euch nicht um mich! Ich finde euch! Ein Vater findet immer sein Töchterchen … Los, beeilt euch! Geht nicht mehr ins Lager zurück. O Gott, mein Gott … beschütze sie, meine Tochter und meinen Sohn …«
»Danke, Vater«, sagte Muschkow. Es war, als spräche er ein Gebet.
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