Kosakensklavin
wartete.
Die Kutsche war schon ein gutes Stück entfernt, als endlich der heiße, belebende Zorn in ihm aufwallte. Noch war er frei, noch gehörte sie ihm. Er würde es sie fühlen lassen.
Er zwang sich zu warten, bis die Kutsche außer Sichtweite war und trieb dann die Stute an. Er musste eine Stelle auswählen, an der niemand den drei Reisenden und ihrer Dienerschaft zu Hilfe kommen konnte. Geduld war angesagt - erst musste das Gefährt die kleinen Dörfer, die um den Gutshof angesiedelt waren, durchfahren - wenn sich dann die weite Steppe vor ihnen ausbreitete, war seine Stunde gekommen.
Langsam folgte er der Kutschenspur, umritt die Dörfer, um von den Bauern nicht gesehen zu werden, beobachtete das Gespann aus der Ferne und folgte ihm wie der Jäger dem Wild. Der Himmel war aufgerissen, graue Wolkenfetzen trieben darüber hin und huschten als schwarze Schattengebilde über die abgeernteten Felder. Die Mittagssonne spiegelte sich gleißend in den Pfützen, feine Dunstwolken erhoben sich über den fernen Wäldern, stiegen wie graue Schemen von den Dächern der Bauernhäuser auf. Der Weg war aufgeweicht, die Räder der Kutsche zogen tiefe Spuren.
Als das letzte Dorf hinter ihnen lag, trieb er die Stute an. Im Galopp stürmte er hinter dem Gespann her, sah, wie die Diener oben auf ihren Sitzen unruhig wurden und mit dem Kutscher redeten. Baranows Kopf zeigte sich am Fenster und verschwand wieder. Der Kutscher hieb verzweifelt auf die Gäule ein, doch das schwere Gefährt hatte keine Chance gegen seine leichtfüßige Stute.
„Es ist Andrej!“
Undeutlich nahm er Sonjas Stimme wahr, sie beflügelte seinen Zorn und verlieh ihm doppelte Kräfte. Er ritt in rasendem Galopp mit der Kutsche gleichauf, sprang vom Rücken der Stute auf das Kutschendach und brauchte nur wenige Sekunden, um die beiden Diener zu überwältigen und hinabzustoßen. Der Kutscher zitterte vor Angst, ließ das Leitseil fahren und sprang freiwillig vom Bock, die Gäule brachen aus - einen Augenblick schlingerte das Gefährt und drohte umzustürzen. Dann hatte Andrej den Platz des Kutschers eingenommen, zügelte die Tiere und brachte sie mit Zischen und Zurufen zum Halten.
Der Kutschenschlag wurde geöffnet, Baranow stieg aus, das Gesicht noch blass von dem ausgestandenen Schrecken. Andrej sprang vom Kutschbock und trat seinem Widersacher entgegen, die Fäuste geballt. Er würde seinen Dolch nicht mit dem Blut dieses elenden Wichts besudeln.
„Liebster Freund, wir sind glücklich .“
Weiter kam Baranow nicht. Andrej packte ihn bei den Schultern und stieß ihn wuchtig gegen die Kutsche, dann schlug er ihm die Faust ins Gesicht.
„Lass ihn sofort los!“, kreischte Tanja und stürzte sich auf ihren Bruder. „Wir sind unterwegs, um deinen Kopf zu retten.“
Sie hatte die Finger in sein Haar verkrallt, und er brauchte einen Moment, um sich ihrer zu erwehren.
„Dummkopf“, schimpfte sie. „Einen Idioten habe ich zum Bruder!“
Er sah nur noch rot, fasste sie und stieß sie grob zur Seite, dass sie gegen Baranow taumelte. Dann erblickte er Sonja, die noch in der Kutsche saß und ihm verzweifelt die Arme entgegenstreckte.
„Andrej - ich flehe dich an. Beruhige dich!“
Er knallte den Kutschenschlag zu und sprang wieder auf den Bock. Mit wilden Rufen trieb er die Gäule an, versetzte sie in Galopp, und die Kutsche fuhr schlingernd über den aufgeweichten Weg davon.
Er ließ die Pferde eine Weile galoppieren, sah wie Baranow und Tanja in der Ferne entschwanden und verspürte den Rausch des Siegers. Er hatte Sonja gesucht und gefunden, sein Ziel war erreicht. Hilflos saß sie in der Kutsche gefangen und war seine Beute. Wenn er sich auf dem Kutschbock umwandte, konnte er sie durch ein kleines Fenster in der Kutschenwand sehen, und er weidete sich an der Verzweiflung und Angst, die sich auf ihrem Gesicht abzeichnete.
Nahe einem kleinen Birkenhain zügelte er die Pferde, band das Leitseil fest und stieg vom Kutschbock. Sonja saß in der Kutsche, sah ihm mit erschrockener Miene entgegen, und er glaubte, das schlechte Gewissen auf ihren Zügen erkennen zu können. Es steigerte seine Wut, er riss den Schlag auf und stieg zu ihr hinein.
Sonja erwartete ihn mit wild klopfendem Herzen. Groß und dunkel beugte er sich über sie, seine Kleidung dampfte vor Feuchtigkeit, sein Gesicht glühte in unbändigem Hass.
„Hure!“, fuhr er sie an. „Schmutzige Fürstenschlampe!“
Sie schwieg voller Entsetzen. Sein Atem war heiß, an seiner Stirn
Weitere Kostenlose Bücher