Kosakensklavin
Frau, ein schöner Traum, eine Hand, die reibt ...“, flüsterte Tanja und ließ ihren Zeigefinger steigen. Sonja starrte ihn mit weit offenen Augen an.
„Er wird gerade und hart. Er hebt sich hoch. Er wird dick, bekommt oben einen wulstigen Buckel .“
„Einen B. Buckel?“
In Tanjas Augen blitzte jetzt der Schalk. Sie bewegte den Finger hin und her,
ließ ihn kreisen, dann stieß sie ihn mit einer raschen Bewegung in den weichen
Brotteig.
„Hast du nie gesehen, was die Pferde auf der Weide tun?“, fragte sie Sonja, die fassungslos in den Trog schaute. Das also war die Lösung dieses Geheimnisses. Das war es, was sich in Andrejs Hose geregt hatte .
„Schon . Aber das sind doch Pferde .“
Tanja seufzte und begann wieder ihren Teig zu walken. So heftig knetete sie dass Schweißperlen auf ihrer Stirn zu sehen waren.
„Als ich ein Kind war, da habe ich einmal die Njanja gefragt.
"Wegen der Pferdchen auf der Weide“, berichtete Sonja kleinlaut.
„Und? Was hat sie gesagt?“
Sonja dachte nach, denn es war lange her.
„Sie hat gesagt: ,Das ist die Natur‘. Und dann kam meine Mutter herein und hat... “
„Schon gut“, unterbrach sie Tanja grinsend. „Heute Abend, wenn es dunkel ist, wirst du mit mir gehen.“
„Wohin?“
„Zur Scheune. Und jetzt hilf mir mit den Broten.“
Gehorsam scheuchte Sonja den Kater von ihrem Schoß und krempelte die Ärmel hoch, um runde Brote aus dem Teig zu formen. Die Arbeit gefiel ihr, es war angenehm, den weichen Teig zu kneten und in Form zu drücken. Ein wenig half es ihr dabei, ihren Schrecken und ihre Verwirrung zu bewältigen. Oh Gott -was mochte Andrej von ihr gedacht haben, als sie die Finger in seinen Hosenbund steckte . Hatte er gespürt, dass sie seinen „Buckel“ berührt hatte? Ein wohliger Schauer überlief sie, und sie erschrak vor sich selbst.
„Eine schöne Arbeit“, sagte sie, um den peinlichen Gefühlen zu entfliehen. „Findest du? Ich hasse sie!“, platzte Tanja heraus. „Tagaus, tagein kochen und backen, die Tiere versorgen, Wasser tragen, Kleider nähen .“
Erstaunt stellte Sonja fest, dass Tanjas Mund vor Widerwillen fest zusammengekniffen war. Sie rümpfte die Nase und klatschte ein rundes Brot auf den bemehlten Holztisch. Dann wischte sie sich mit dem Handrücken über die schweißfeuchte Stirn und richtete sich auf.
„Am Hof der Zarin hast du gelebt, nicht wahr? Schöne Kleider getragen, mit all den hohen Herren getanzt und mit ihnen Gespräche geführt, nicht wahr? Hast du auch die Zarin selbst gesehen? Mit ihr gar gesprochen?“
Sonja hörte den Vorwurf heraus. Sie war eine Adelige und hatte ein Leben geführt, von dem Tanja nur träumen konnte. Zum ersten Mal ließ Tanja sie spüren, dass es zwischen ihnen einen großen Abstand gab.
„Es ist nicht so großartig wie du denkst“, versuchte sie zu erklären. „Ich habe kostbare Kleider getragen - aber die haben meine Eltern teuer bezahlen müssen. Unser Gut haben wir dafür verkauft. Alle Hoffnung meiner Eltern lag darin, dass ich einen reichen Ehem ann finden würde.“
„Aber du hast mit all den Ministern und mächtigen Männer sprechen können . du warst dort, wo regiert wird. Mitten im Palast der Zarin .“
Sonja schüttelte lächelnd den Kopf. Gar zu naiv waren Tanjas Vorstellungen vom Leben einer Hofdame.
„Die hohen Herren haben schon mit mir gesprochen - allerdings niemals über Dinge, die die Regierung betrafen. Es wurde geklatscht und getratscht, man hat dumme Witze gemacht oder sich über die schönen Gemälde unterhalten, die die Zarin Katharina erworben hatte .“
Ungläubig sah Tanja zu ihr hinüber. „Und die Zarin? Hast du auch mit ihr gesprochen?“
„Manchmal. Sie kann sehr heiter sein, und sie lacht gern. Aber sie kann auch sehr zornig werden, dann ist sie streng und grausam. Wer ihr nicht gefällt, dessen Schicksal ist entschieden, sie lässt Menschen ins Gefängnis werfen und niemand weiß, was aus ihnen wird.“
Unausgesprochen stand das Schicksal des Zaren Peter im Raum, den Katharina II in einem Putsch hatte absetzen und in Haft bringen lassen. Niemand wusste genau, wie er dort ums Leben gekommen war, doch es gab Gerüchte ...
Tanja schwieg und langte wieder in den Trog, um die letzten Teigreste zusammenzukratzen. Beide dachten das gleiche.
„Andrej ist bereits drei Tage fort“, sagte Sonja schließlich leise. „Glaubst du, er hat euren Vater gefunden?“
Tanja knetete das letzte
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