Kosakensklavin
Lippen.
„Ist meine Sache nicht. Soll er doch selber reden.“
Damit ließ sie Sonja auf der Veranda stehen und lief ins Haus, in dem die Babuschka schon den Fisch gebraten hatte.
Kapitel 25
Lärm weckte Sonja am frühen Morgen. Vor dem Haus scharrten Pferdehufe, Männerstimmen riefen sich Sätze zu, die sie nicht verstand. Die Babuschka mischte sich zornig ein, machte den Männern laut scheltend Vorwürfe, dann war Andrejs Stimme zu hören, energisch, keinen Widerspruch duldend. Die Alte begann zu weinen, und Sonja hörte Tanja, die sanfte, tröstende Worte sprach.
Sie hatte auf der schmalen Seitenbank geschlafen - jetzt sprang sie auf und eilte zum Fensterchen. Unten vor der Veranda standen vier Reiter, hatten trotz der sommerlichen Wärme die schwarzen Kosakenmützen aufgesetzt, die Mäntel hingen über ihre Schultern, in ihren Gürteln steckten Dolch und Kantschu. Einer von ihnen hielt eine Schriftrolle in der Hand, die mit einem ledernen Band umschlungen war. Sie hoben die Arme zum Abschiedsgruß und winkten, trieben ihre Pferde an und galoppierten zum Dorfausgang.
Immer noch schallte das langgezogene Weinen der alten Frau durch das Haus, auch Andrej, der nun sanft auf sie einredete, konnte sie nicht beruhigen. Sonja verspürte Unruhe und Mitleid, nur allzu gern wäre sie hinuntergelaufen um zu fragen, was denn geschehen sei, und um die alte Frau in ihre Arme zu nehmen und sie zu trösten. Doch zugleich ahnte sie, dass sie nicht willkommen war. Was auch immer geschehen war, welches Unglück auch über die Familie hereingebrochen war - man ließ sie nicht daran teilhaben. „Geh hinauf“, hatte die alte Frau gestern noch barsch zu ihr gesagt. Unschlüssig setzte sie sich wieder auf die Bank und wusste nicht, was sie beginnen sollte.
Kurz darauf riss Andrej die Tür ihres Schlafraums auf.
„Komm mit!“, befahl er.
Sie hatte keine Lust mehr auf einen weiteren Ausflug, nicht noch einmal diese peinigende Nähe, diese hilflose Sehnsucht nach ihm, dieses erniedrigende Gefühl, verschmäht zu werden.
„Ich will nicht.“
Er schien überrascht, einen Moment lang irrten seine Augen durch den Raum, dann hatte er sich wieder gefasst.
„Warum nicht? Habe ich gestern mein Wort nicht gehalten?“
Sie schwieg und spürte, wie sie tief errötete. Oh ja, er hatte sein Wort gehalten. Gerade dies aber hatte ihr solche Pein verursacht.
Er hatte sie lächelnd beobachtet, jetzt trat er einen Schritt auf sie zu, und seine Stimme war dunkel und sanft.
„Welches Versprechen soll ich dir heute geben, damit du mit mir kommst?“
Sie schlug die Augen nieder und wandte sich ab, denn ihre brennenden Wangen verrieten ihre Gedanken. Eine Hure bin ich, dachte sie beschämt. Ich bin drauf und dran diesem Mann zu sagen, dass ich vor Sehnsucht nach seinen Händen
sterbe. Dass ich für nur eine einzige Berührung alles tun würde und mich ganz und gar vergessen könnte.
Er stand so dicht hinter ihr, dass sie seinen warmen Atem auf ihrer Schulter spürte. Sie erbebte, ihre Brustspitzen zogen sich zusammen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.
„Ich werde nur tun, was du mir befiehlst“, sagte seine tiefe Stimme. „Bist du damit zufrieden?“
Es war falsch - aber sie konnte sich nicht mehr gegen den Sog seines Körpers wehren. Groß und dunkel stand er hinter ihr, sie roch seine Ausdünstungen, spürte seine Hitze und kam fast um vor Verlangen nach ihm.
„Ja“, flüsterte sie.
„Folge mir.“
Unten stand die Babuschka in der Küche. Als Andrej mit Sonja vorbeiging, drehte sie sich weg. Tanja war nirgendwo zu sehen. Doch Sonja war in diesem Augenblick viel zu aufgeregt, um sich Gedanken zu machen. Voller Schrecken stellte sie fest, dass sie vergessen hatte, ihre Kappe aufzusetzen. Doch es schien niemanden zu stören, dass ihr langes Haar über ihre Schultern hing. Andrej führte sie zur Pferdekoppel und sattelte seine Stute.
„Welches Pferd willst du reiten?“
„Das gleiche wie du.“
Sie biss sich auf die Lippen, aber der Satz war heraus. Sollte er von ihr denken, was er wollte. Sollte er sie verachten, für eine Hure halten - ihr Verlangen war stärker als alles andere.
Er blieb scheinbar gelassen und half ihr aufs Pferd.
„Setz dich vor mich“, befahl sie, nun mutiger werdend.
Er tat, was sie wollte, schwang sich leicht und geschickt in den Sattel ohne sie zu berühren, nahm die Zügel und trieb die Stute an. Schweigend ritten sie den schmalen Weg am Flussarm entlang. Sonja hatte ihre Arme um
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