Kosakensklavin
richten. „Genau wie es die Damen am Hof der Zarin tragen“, forderte sie.
„Dann müsste ich dir eine Perücke verpassen. Halt still, ich will es versuchen.“
Es war eine zeitraubende Arbeit, Tanjas widerspenstiges schwarzes Lockenhaar zu flechten und in eine höfische Form zu bringen. Am Ende fand Sonja, dass ihr Werk ziemlich abenteuerlich aussah. Tanja war jedoch vollko mm en von ihrem Spiegelbild hingerissen.
„Jetzt bin ich hungrig - lass uns gehen!“, entschied sie, legte den Arm um Sonja und schob sie aus dem Zimmer.
Baranow empfing die Damen im langen seidenen Hausrock und übte sich in höfischer Galanterie. Der Tisch war wieder mit köstlichen Speisen bedeckt, man hatte den Resten eine neue, ansprechende Form gegeben und sie mit kleinen Leckereien aufgefüllt, die Baranow aus der Hauptstadt mitgebracht hatte. Tanja aß mit gutem Appetit, probierte alle Speisen, besonders die, die sie nicht kannte, und schien sich vollkommen wohl zu fühlen. Sonja hingegen konnte kaum etwas hinunterbringen, ihr Herz klopfte heftig vor Angst, denn sie spürte Baranows durchdringenden Blick, der sie unablässig begleitete.
Man tauschte Höflichkeiten aus, redete über belangloses Zeug und Sonja spürte, dass die Unruhe in ihr beständig anwuchs. Schließlich hielt sie es nicht mehr aus.
„Wir sind gekommen, weil wir eine Bitte an Euch haben“, begann sie ihr Anliegen vorzutragen. „Sie betrifft Tanjas Bruder Andrej.“
Barnaow, der noch einmal an der Mahlzeit teilgenommen hatte, wischte sich die Finger an einem Tuch ab und griff zu seinem Weinglas.
„Andrej Bereschkoff, der Rebell“, stellte er fest und trank einen Schluck Wein. „Derselbe, der damals aus meinem Keller entflohen ist, nicht wahr?“
Sonja schluckte. Die Szene damals im Keller gehörte zu ihren düstersten und beschämendsten Erinnerungen. Allerdings war sie auch für Baranow wenig angenehm ausgegangen, so dass sein Zorn auf Andrej groß sein musste.
„Derselbe“, sagte sie. „Er hat sich freiwillig erboten, für seinen Vater in die Peter-und-Paul-Festung zu gehen. Er will nicht, dass sein Vater für ihn stirbt, denn Andrej war es, der den Aufstand anführte.“
Baranow tat erstaunt, obgleich ihm diese Tatsache längst bekannt war.
„Kompliment!“, rief er und hob das Glas. „Kosak oder nicht - das ist eine mutige, edle Tat.“
Sonja lächelte erleichtert, während Tanja ernst blieb und Baranow genau beobachtete.
„Der Austausch muss inzwischen vollzogen worden sein“, fuhr Sonja fort.
Baranow nickte, obgleich er es besser wusste. Die Angelegenheit hatte sich verzögert, weil die verflixten Kosaken sich eine Frist ausbedungen hatten.
„Eine schöne Sache und ein mutiger junger Mann“, plauderte Baranow mit belangloser Miene. „Und welche Bitte wolltet Ihr an mich richten, liebste Sonja?“
Sonja warf einen raschen Blick zu Tanja hinüber, die sich aus dem Gespräch heraushielt und stattdessen an den kandierten Früchten naschte.
„Ich weiß, dass Ihr Einfluss am Hof der Zarin besitzt, Ossip Arkadjewitsch. Ich bitte Euch, das Leben des jungen Mannes zu retten.“
Baranow tat verblüfft, obgleich er natürlich gewusst hatte, dass etwas Ähnliches kommen würde. Sie wollte ihren Liebhaber vor dem Henker retten. Wie rührend von ihr.
„Aber liebste Sonja!“, rief er. „Selbst wenn mein Einfluss so groß wäre, wie ihr glaubt - einen Rebellenführer vor seinem verdienten Tod zu bewahren - dieses Kunststück brächte nicht einmal Potjomkin fertig.“
Sonja hatte Ablehnung erwartet - sie würde kämpfen.
„Ich bitte Euch herzlich um diesen Gefallen, Ossip Arkadjewitsch. Es ist mir so wichtig, dass ich davon mein Jawort zu unserer Hochzeit abhängig machen muss.“
Er hätte gern vor Wut mit den Zähnen geknirscht, doch er unterließ es. Was für eine Frechheit! Sie wagte es, ihm Bedingungen zu stellen, die kleine Kosakenhure. Sie würde sich wundern.
„Ich bin erstaunt, liebste Sonja“, wandte er ein. „Weshalb kann Euch dieser Kosakenheld so wichtig sein, dass Ihr sogar seinetwegen meine Hand zurückweisen wollt?“
„Er ist Tanjas Bruder“, sagte Sonja rasch. „Und Tanja ist meine Freundin, sie hat mich beschützt, als ich in den Händen der Kosaken war. Ich bin ihr zu großem Dank verpflichtet.“
Baranow ließ seine Augen über die dunkelhaarige Schönheit schweifen, und er machte sich so seine eigenen Gedanken. Beschützt hatte sie Sonja? Schau an.
„Nun, liebste Sonja, wie ich bereits sagte - mein
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