Kosakensklavin
familiäre Bande, und jetzt wollte man verhandeln. Er hätte fast gelacht, wenn die Eifersucht nicht so in ihm gewühlt hätte. Doch er war Höfling genug, um sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen.
„Ich bin überwältigt und entzückt, meine Damen“, sagte er galant. „Seien Sie aufs Herzlichste willkommen auf Gut Pereschkowo. Sie sehen mich froh und glücklich und zu jeglicher Verhandlung bereit. Meine liebste Sonja - Ihr werdet Euch gewiss von der Reise ein wenig erholen und frisch machen wollen. Oben in den Zimmern befindet sich alles, was Ihr benötigt. Ich werde inzwischen einen Imbiss zusammenstellen lassen.“
Sonja runzelte die Stirn und hatte eine abweisende Antwort auf den Lippen, denn sie begriff, dass er die Angelegenheit verzögern wollte. Doch Tanja kam ihr zuvor.
„Wir danken für die Gastfreundschaft, Fürst“, sagte sie ruhig. „Wir machen gern davon Gebrauch.“
Als die beiden Frauen sich zurückgezogen hatten, scheuchte Baranow die Dienerschaft umher und verstärkte die Wachen am Toreingang. Erst dann setzte er sich wieder an den Tisch, goss sich ein Glas Wein ein und trank es in einem Zug aus. Sie war also verliebt, das kleine Luder. Umso besser. Er würde viel Spaß mit ihr haben.
Kapitel 32
Andrej hatte tief und fest geschlafen und war später als gewöhnlich erwacht - ein Tribut an die schlaflosen Nächte der letzten Zeit. Sonja lag nicht neben ihm - er war enttäuscht, denn er hatte diesen letzten Augenblick mit ihr noch einmal auskosten wollen. Aber vielleicht war es besser so - er hatte seinen Entschluss gefasst und wollte nicht in Versuchung kommen, ihn zu bedauern.
Er kleidete sich an und ging hinunter in die Küche. Dort stand die Babuschka am Herd und bereitete Kascha zu - sonst war niemand zu sehen.
„Es geht dir besser“, stellte er zufrieden fest.
„Meine Kräfte sind zurückgekehrt.“
Er sah sich suchend um und wurde unruhig. Die Stille im Haus schien ihm plötzlich auf seltsame Art unheilvoll.
„Wo ist Tanja?“
Er vermied es, nach Sonja zu fragen, denn er wusste, dass die Babuschka nicht gut auf sie zu sprechen war.
„Fort.“
Der Ton der kurzen Mitteilung war abweisend, und er begriff, dass etwas geschehen war. Er fasste die alte Frau am Arm.
„Fort? Was bedeutet das? Wo ist Sonja?“
„Sie ist bei ihr.“
Ein eisiger Schrecken durchfuhr ihn. Sie hatte ihn verlassen. War fortgegangen, ohne ihm etwas davon zu sagen. Sonja, die vorgab, ihn zu lieben. Für die er sogar sein Leben geben wollte.
„Wohin sind sie?“
Die Babuschka sah ihn mit kleinen, klugen Augen an und wandte den Blick rasch wieder ab.
„Fortgeritten. Noch in der Nacht. Weiß nicht, wohin.“
Er ließ sie los und spürte, wie der Zorn in ihm hochschoss. Tanja steckte dahinter. Hatte Sonja zum Ungehorsam überredet und war mit ihr davongeritten. Wohin? Es war nicht schwer zu erraten. Zur Zarin, um sich ihr zu Füßen zu werfen. Er knirschte mit den Zähnen vor Wut. Aber die beiden würden nicht weit kommen. Dafür würde er sorgen. Und dann wehe ihnen.
Draußen vor dem Haus hatten sich einige Reiter versammelt. Er hatte noch gestern die Männer ausgewählt, die ihn zur Hauptstadt begleiten sollten. Jetzt wartete man ungeduldig auf Andrej, denn es war Zeit aufzubrechen.
Blind vor Zorn stürzte er aus dem Haus, schwang sich auf die Stute, die man für ihn gesattelt hatte, und befahl mit lauter Stimme: „Die Gefangene ist entflohen. Holt die anderen zusammen - wir müssen sie wieder einfangen.“
Verblüffung auf den Gesichtern der Männer. Man hatte sich auf den Ritt nach St. Petersburg vorbereitet, eine ehrenvolle Aufgabe, eine Entscheidung, für die man den Sohn des Ataman bewundert und gefeiert hatte. Jetzt auf einmal sollte man ein Mädchen einfangen. Unzufriedenheit machte sich breit. Wollte Andrej sich vor dem Austausch drücken?
„Lass die anderen sie jagen - wir reiten nach Petersburg“, sagte Kolja. „Was kümmert uns jetzt die Gefangene? Sie kommt sowieso nicht weit, denn sie kennt die Gegend nicht.“
Andrej sah ihn aus zornblitzenden Augen an.
„Tanja ist bei ihr. Wer mir nicht folgen will, der lässt es bleiben. Ich reite, um sie zu suchen!“
Er trieb die Stute an, und das Tier sprengte davon, Staub wirbelte auf und hüllte Pferd und Reiter ein. Unschlüssig sahen die Männer sich an - dann entschlossen sich einige, ihm nachzureiten, andere stiegen kopfschüttelnd ab und berieten sich.
„Verfluchtes Weib“, knurrte einer. „Hat ihm den Verstand
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