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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lesch
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überhaupt keine Planeten, gäbe es das ganze Sonnensystem nicht. In einem Umkreis von rund sechs Milliarden Kilometern ist die Sonne der Ursprung allen Seins, sie ist die Nabe des riesigen Rades Sonnensystem. Sie bestimmt durch ihre Masse den Lauf der Planeten und legt fest, wie lange ein Jahr dauert. Die Sonne ist der dominante Himmelskörper, um den sich im wahrsten Sinne des Wortes alles dreht. Ist das nicht Grund genug, mehr über sie zu erfahren?

Der Weg zur Protosonne
    Doch wo beginnen? Oder um mit Goethes Faust zu fragen: »Wo fass ich dich, unendliche Natur?« Am besten fangen wir ganz von vorne an, in einer Zeit, die mehr als viereinhalb Milliarden Jahre zurückliegt. Was geschah damals? Eine der gewaltigen Wolken aus Gas, Staub und einfachen Molekülen, die den Raum zwischen den Sternen in unserer Galaxis, der Milchstraße, ausfüllen, begann unter ihrer eigenen Schwerkraft zusammenzubrechen. Durch permanente Abstrahlung von Energie hatte sich die ursprünglich heiße Wolke so weit abgekühlt, dass der Gasdruck im Innern der eigenen Schwerkraft nicht mehr das Gleichgewicht halten konnte. Ursprünglich haben solche Wolken eine ziemlich irreguläre Gestalt und einen Drehimpuls, das heißt, sie drehen sich um eine Achse. Während die Wolke mehr und mehr kollabiert und dabei natürlich schrumpft, rotiert sie jedoch immer schneller. Hier haben wir es mit dem gleichen Phänomen zu tun, das man auch bei einem Eiskunstläufer beobachten kann, der eine Pirouette vollführt: Hat er zunächst die Arme zur Seite ausgestreckt, wird er immer schneller, wenn er sie an den Körper anlegt. Parallel zur Rotationsachse spürt das Wolkengas im Wesentlichen nur die Auswirkungen der Schwerkraft. Senkrecht dazu aber wirken Gravitations- und Zentrifugalkraft. Die Wolke wird sich also vornehmlich in Richtung der Rotationsachse zusammenziehen, weniger jedoch senkrecht dazu, sodass schließlich eine mehr oder minder ausgeprägte Gasscheibe mit einem schon relativ dichten Kern entsteht.
    Ob sich die Wolke weiterverdichten kann, hängt jetzt insbesondere davon ab, wie groß der Drehimpuls und damit die Zentrifugalkräfte sind. Ein zu großer Drehimpuls kann das Zusammenballen der Gasmassen verhindern. Die Wolke muss also zunächst den Drehimpuls loswerden. Nun verlangt aber die Natur, dass der Drehimpuls nicht verloren geht. Es muss ein Teil davon eben an andere Partner abgegeben werden. Wie macht das die Wolke? Zum einen kann sie fragmentieren,das heißt in zwei oder drei kleine Teile zerreißen, von denen jeder etwas vom ursprünglichen Gesamtdrehimpuls übernimmt und zu einem Stern wird – ein Doppelstern oder Mehrfachsystem ist geboren. Diese Variante ist der Weg des geringsten Widerstandes, dem mindestens drei Viertel aller Sterne ihre Entstehung als Doppel- oder sogar Dreifachsterne zu verdanken haben.
    Die andere Variante ist sehr viel seltener: Der Stern wird als »Single« geboren, das heißt, er hat es geschafft, den Drehimpuls vom bereits massereichen Kern in die umgebende Gasscheibe und von dort in die Randbereiche der Wolke zu transportieren. Der Drehimpuls im Zentrum der Scheibe ist jetzt ausreichend klein, sodass sich hier das Gas zu einer relativ langsam rotierenden Kugel verdichten kann, dem so genannten Protostern. Der größere Anteil des Drehimpulses steckt in der sich nach außen erstreckenden Gasscheibe und wird später von den Planeten, die sich aus dieser Scheibe bilden werden, übernommen. In unserem Sonnensystem ist das besonders ausgeprägt: Während die Sonne rund 99,8 Prozent der Gesamtmasse des Sonnensystems auf sich vereinigt, beträgt ihr Anteil am Gesamtdrehimpuls nur 0,5 Prozent. Praktisch der gesamte Drehimpuls des Sonnensystems steckt in der Eigendrehung und im Bahndrehimpuls der Planeten.
    Am Ende dieser Entwicklung, die grob gerechnet etwa eine Million Jahre dauert, haben wir einen Protostern vor uns – ein stellares Baby. Und dieses Baby wächst. Aufgrund seiner Gravitation zieht dieser Prototyp eines Sterns immer mehr Gas aus der umgebenden Scheibe zu sich heran, wodurch seine Masse stetig zunimmt. Gleichzeitig verdichtet sich auch der Kern des Sterns zunehmend infolge der wachsenden Gravitation. Der Aufprall der Gasmassen auf die Oberfläche des Protosterns wie auch die zunehmende Verdichtung heizen den Kern immer weiter auf, sodass der Protostern schließlich zu leuchten beginnt. In diesem Stadium bezieht er seine Energie ausschließlich durch Umwandlung von Gravitationsenergie in

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