Kosmologie für Fußgänger
Strahlung. Ein Protostern, dessen Masse der unserer Sonne entspricht, erreicht eine Leuchtkraft, die sechs- bis sechzigmal so hoch sein kann wie die der Sonne. Dennoch ist der Protostern in diesem Stadium nicht zu sehen. Die Energie wird nämlich vorwiegend in Form hochenergetischer Photonen abgegeben, die von den Atomen der umliegenden Gaswolke sofort wieder absorbiert werden. Weitere Emissions- und Absorptionsprozesse streuen die Strahlung schrittweise zu größeren Wellenlängen und damit zu kleineren Energien. Erst wenn die Strahlung schließlich auf Wellenlängen im Bereich der Infrarotstrahlung »abgekühlt« ist, wird das umliegende Gas für die Strahlung durchsichtig. Ein Protostern verrät seine Existenz also nur dadurch, dass er die umgebende Wolke zu einem intensiven Leuchten im Infrarotbereich anregt.
Bevor wir die weitere Entwicklung verfolgen, sollten wir uns jetzt erst einmal über den Aufbau eines Protosterns Klarheit verschaffen. Aus was besteht er denn? Nun, wir haben gesehen, dass er sich aus einer Gaswolke verdichtet hat. Die Gaswolke wiederum setzt sich zusammen aus den Atomen und Molekülen, die in der Anfangszeit des Kosmos bei der so genannten primordialen Nukleosynthese gebildet wurden. Im Universum gab es damals praktisch nur Wasserstoff und Helium im Verhältnis drei zu eins. Daneben entstand noch etwas Deuterium, nämlich ungefähr zwei Kerne auf 100 000 Wasserstoffkerne und noch etwa 100 000-mal weniger Lithium. Die gleiche Zusammensetzung weisen auch die Wolken des interstellaren Mediums auf, zusätzlich angereichert mit etwas Staub und mit schwereren Elementen aus Supernovaexplosionen bereits gestorbener, massiver Sterne. Der Protostern als Kind einer solchen Wolke besteht somit grob gesprochen aus 75 Prozent Wasserstoff, 25 Prozent Helium und Spuren von Deuterium und schwereren Elementen.
Anhand dieser Information können wir nun den weiteren Entwicklungsprozess verfolgen. Der Protostern wird also immer kompakter, heißer, und der Druck im Kern erhöht sich stetig. Schließlich ist er so weit verdichtet, dass die Kerntemperatur etwa eine Million Grad erreicht. Nun kommt zur Energiegewinnung aus dem Kollaps des Protosterns ein weiterer Prozess hinzu. Bei dieser hohen Temperatur stoßen die Deuteriumkerne mit den Wasserstoffkernen so heftig zusammen, dass sie sich zu Helium III verbinden können. Helium III ist ein Heliumkern, dem aber ein Baustein, nämlich ein Neutron fehlt. Man bezeichnet eine solche Variante auch als Isotop. Ab jetzt bezieht der Stern seine Energie zusätzlich aus Kernverschmelzungsprozessen, in diesem Fall dem so genannten Deuteriumbrennen, also der Fusion von Deuterium und Wasserstoff.
Die bei diesem Brennvorgang entstehenden hochenergetischen Photonen (Gamma-Quanten) können den Protostern aufgrund seiner hohen Dichte jedoch nicht ungehindert verlassen. Irgendwie muss aber die frei werdende Energie an die Oberfläche des Protosterns abgeführt werden, da dieser sonst ja explodieren würde. Ist das durch Strahlung nicht oder nur sehr schlecht möglich, so geht die Natur einen Weg, der uns aus der Küche bestens bekannt ist. Wenn man Wasser in einem Kochtopf zum Sieden bringt, dann wird die Wärme vom Boden nach oben transportiert, indem heiße Wasserblasen aufsteigen, an der Oberfläche abkühlen und wieder nach unten sinken. Es brodelt also richtig in unserem Topf. Man bezeichnet diesen Vorgang auch als Konvektion. Auf diese Weise wird der ganze Topfinhalt kräftig durchgemischt.
Das Gleiche passiert auch in unserem Protostern. Obwohl die Konzentration an Deuterium sehr gering ist, erzeugt der beschriebene Prozess doch viel Energie in Form von Wärme, die durch die Konvektion relativ gleichmäßig im Stern verteilt wird. Der Protostern reagiert darauf, indem er sich aufbläht. Ein Protostern von einer Sonnenmasse kann in diesem Stadium einen Durchmesser erreichen, der ungefähr fünfmal so groß ist wie der der Sonne. Da die Konvektion dem Kern des Protosterns, dem Ort also, an dem es am heißesten ist und wo sich die Kernverschmelzung vollzieht, fortwährend neuen »Brennstoff« zuführt, geht dieser Prozess erst zu Ende, wenn der gesamte Vorrat an Deuterium, über den der Protostern verfügt, aufgebraucht ist.
Ein Stern wird geboren
Ist das Deuteriumbrennen beendet, so lässt auch der thermische Druck im Innern des Protosterns nach. Von nun an gewinnt wieder die Gravitation die Oberhand, und der Stern beginnt erneut zu schrumpfen. Im Sterninnern steigt die
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