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Kosmologie für Fußgänger

Kosmologie für Fußgänger

Titel: Kosmologie für Fußgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Lesch
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Geschwindigkeit zu beschleunigen. Konnte es die Gravitationskraft eines Sterns sein, der irgendwann einmal aus dem Kern unserer Milchstraße herausgeschleudert worden war und diesem quasistellaren Objekt sehr nahe kam? Dies erschien nun sehr unwahrscheinlich, und eine nähere Untersuchung des Spektrums ergab auch keinerlei Hinweise zur Erhärtung dieser Hypothese. Die einzig vernünftige Alternative bestand in der – korrekten – Annahme, dass sich Schmidts Objekt, das als Radioquelle 3C273 1960 schon einmal Aufmerksamkeit erregt hatte, am Rande des beobachteten Universums befindet und sich auf Grund der Expansion des Weltalls mit der beobachteten Geschwindigkeit von 45 000 Kilometern pro Sekunde von der Erde wegbewegt. Mit der bekannten Hubble-Beziehung zwischen Expansionsgeschwindigkeit und Entfernung, die besagt, dass ein Objekt sich umso schneller von der Erde entfernt, je größer die Distanz zu dieser ist, konnte Schmidt die Entfernung von 3C273 bestimmen. Sie beträgt zwei Milliarden Lichtjahre! Damit zählt der Quasar 3C273 zu den entferntesten Objekten, die bis dahin beobachtet wurden.
    Um ein Objekt in einer so großen Entfernung noch sehen zu können, muss es gewaltige Energiemengen abstrahlen und hundertmal heller sein als die hellsten Galaxien. 3C273 war so hell, dass, wie sich später herausstellte, dieses Objekt mit gewöhnlichen Teleskopen schon seit 1895 zusammen mit anderen bereits mehr als zweitausendmal fotografiert worden war. Als Kollegen von Schmidts Entdeckung erfuhren, untersuchten sie sehr sorgfältig diese alten Aufnahmen. Dabei stellte sich heraus, dass die Helligkeit von 3C273 während der vergangenen sieben Jahrzehnte starken Schwankungen unterworfen war. Einige Male hatte sich die Helligkeit sogar innerhalb eines Monats stark verändert. Diese Helligkeitsschwankungen haben eine bemerkenswerte Konsequenz. Da sich im Universum nichts schneller als mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten kann, musste die Helligkeitsschwankung von der Dauer eines Monats aus einem Gebiet herrühren, dessen Ausdehnung etwa einem Lichtmonat entspricht. Und jetzt kommt das Unglaubliche: Die Leuchtkraft dieses Quasars ist hundertmal größer als die Leuchtkraft einer ganzen Galaxie mit einer Ausdehnung von etwa 100 000 Lichtjahren, aber sie kommt aus einem Gebiet, das millionenfach kleiner ist als eine Galaxie und sogar ein um den Faktor 10 18 -mal kleineres Volumen aufweist. Folglich musste das Licht von einem sehr massereichen, dichten Objekt stammen, dessen Energie von einem beispiellos leistungsfähigen Kraftwerk erzeugt wird. Dafür gab es nur eine Erklärung: die Akkretion von einer bis zu zehn Sonnenmassen pro Jahr durch ein Schwarzes Loch von mehreren hundert Millionen Sonnenmassen, das mit maximaler Geschwindigkeit rotiert.
    Obwohl wir mit dieser Erklärung des Rätsels Lösung schon vorweggenommen haben, wollen wir die historische Entwicklung noch einmal nachvollziehen. Begonnen hatte es mit der Suche nach Prozessen zur effizienten Erzeugung von Strahlungsenergie. Wie können Billionen Sonnenleuchtkräfte in einem vergleichsweise so winzigen Raumbereich verwirklicht werden? Mehrere Möglichkeiten wurden damals durchgespielt, nämlich Kernfusion, Materie-Antimaterie-Vernichtung und die Gravitation sehr massereicher Schwarzer Löcher. Wollte man diese enorme Leuchtkraft durch Kernverschmelzung bereitstellen, so würde man dazu zehn Milliarden Sonnen benötigen, die sich alle innerhalb eines Raumgebiets von nur einem Lichtmonat befinden müssten. Bedenkt man, dass selbst in dichten Sternhaufen mit 100 000 Sternen der mittlere Abstand zwischen zwei Sternen etwa drei bis fünf Lichtmonate beträgt, so wird klar, dass dazu in Quasaren eine nicht zu realisierende Sterndichte nötig wäre. Die zehn Milliarden Sterne würden sich berühren, wenn sie im Zentrum des Quasars die beobachtete Leuchtkraft erzeugen sollten. So etwas, also sich berührende Sterne, ist natürlich gänzlich unmöglich. Die Sterne würden ineinander fallen und schließlich alle zu einem Schwarzen Loch kollabieren. Kernfusionsprozesse konnten also nicht die Energiequelle von Quasaren sein.
    Wenn Materie und Antimaterie aufeinander treffen, dann wird gemäß der Einstein’schen Beziehung E = mc 2 ihre Masse vollständig in Strahlungsenergie umgesetzt. Antimaterie wurde 1928 von Paul Dirac theoretisch vorhergesagt und einige Jahre später auch experimentell nachgewiesen. Bei ihr handelt es sich um die Form der Materie, die der gewöhnlichen

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