Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
Vergleich zu Griechenland natürlich mehr Spitzensportler hervor.«
»Wer ist der bekannteste griechische Leichtathlet, der beim Doping erwischt wurde?«, frage ich Nassioulis, obwohl ich die Antwort kenne.
»Charis Tsolakis«, erwidert er, ohne zu zögern. »Tsolakis war ein phänomenaler 8oo-Meter-Läufer. Jahrelang hat er sich den Dopingkontrollen immer wieder erfolgreich entzogen. Irgendwann jedoch hat man ihn erwischt. Den Namen des Labors, das ihn mit den Mitteln versorgte, hat er nie preisgegeben. Zwar ist er zu Geld gekommen, aber körperlich ist er ein Wrack.«
»Rücken Sie schon mit der Sprache heraus: Was haben diese Sportler mit den Mordfällen zu tun?« Sotiropoulos sitzt auf glühenden Kohlen.
»Nach Abschluss der Ermittlungen werde ich Sie umfassend informieren. Sie kriegen sogar die Details, die nicht an die Öffentlichkeit gelangen werden. Aber jetzt noch nicht. Und zwar nicht, weil ich befürchte, dass Sie damit an die Öffentlichkeit gehen, sondern weil ich noch nicht sicher bin, ob ich die richtige Fährte verfolge. Aber es kann nicht mehr lange dauern, in ein paar Tagen ist die Sache geklärt.«
»Ihre Ausweichmanöver sind sagenhaft, Kommissar«, meint er.
»Kann sein, das ändert aber nichts an der Situation.«
»Sie wissen ja, dass ich von Anfang an nicht an einen Terroranschlag geglaubt habe. Aber dass die Sportszene in die Sache verwickelt ist, hätte ich mir nicht träumen lassen.«
Nachdem ich mich bei Nassioulis und Sotiropoulos bedankt habe, lasse ich sie mit ihren Kaffee-Frappes im Lokal weiterplaudern und kehre auf meinen Posten im Büro zurück.
Im Präsidium ist es erstaunlich ruhig, und auch der Flur vor meinem Büro ist leer - ein untrügliches Zeichen für ungewöhnliche Vorkommnisse. Auf meinem Schreibtisch finde ich eine Notiz vor: »Staatsanwalt Mavromatis ersucht dringend um Rückruf.« Dieser Aufforderung leiste ich sofort Folge.
»Woher haben Sie das gewusst?«, fragt er gleich nach der Begrüßung. »Was denn?«
»Dass auch Varoulkos eine Überweisung erhalten hat. Gibt es vielleicht eine gemeinnützige Stiftung, die fünfzigtausend Euro an verschiedene ehemalige Leistungssportler verteilt?«
»Bestimmt nicht, denn das Geld geht an ehemalige Dopingsünder.« Als ich ihm von meinen Nachforschungen berichte, verschlägt es ihm kurz die Sprache.
»Jedenfalls hat Stefanos Varoulkos - noch vor Okamba - als Erster die fünfzigtausend einkassiert. Und zwar auf genau dieselbe Weise: durch fünf Überweisungen zu je zehntausend Euro an seine Hausbank«, meint er dann.
»Das heißt, der Absender hat die Transaktionen modifiziert und das Geld nicht mehr an eine, sondern an mehrere Banken überwiesen, nachdem bei Okamba die fünfzigtausend gefunden wurden, was zu dessen Festnahme führte.«
»Genau.«
»Auf jeden Fall müssen wir den Kontoinhaber auf den Kaimaninseln ausfindig machen, Herr Staatsanwalt. Wir müssen den Auftraggeber der Überweisungen finden.«
»Das ist mir durchaus klar, aber es ist absolut nicht einfach. Aller Wahrscheinlichkeit nach stoßen wir auf ein Konto, das von einem anderen Konto gespeist wird. Keine Ahnung, wie lange es dauert, um den Inhaber des ursprünglichen Kontos zu finden.«
»Dafür habe ich zwar Verständnis, aber ich hab’s wirklich eilig.«
»Meinen Sie, ich nicht?«, erwidert er, bevor er auflegt.
Ich versuche, die Flut an Informationen zu kanalisieren, die in den letzten beiden Tagen über mich hereingebrochen ist: Es gibt also zwei Leistungssportler, einen Mann und eine Frau, die aufgrund einer Dopingsperre ihre Laufbahn beendet haben. Beide haben von einem Unbekannten jeweils fünfzigtausend Euro erhalten. Eftychia Sgouridou, die eine Athletin, hat dem Mörder erwiesenermaßen relevante Informationen für die Morde an Robinson und Fanariotis zugetragen. Varoulkos’ Befragung ist noch ausständig, aber ich habe keinen Zweifel, dass er den Mörder über de Moors Gewohnheiten in Kenntnis gesetzt hat.
Damit stellt sich eine Frage betreffend Bill Okamba: Da auch er fünfzigtausend Euro erhalten hat, ist er womöglich ebenfalls Leistungssportler gewesen. Vielleicht hat er dem Mörder als Gegenleistung von Sissimopoulos’ Gartenrundgängen berichtet.
Dann rufe ich Vlassopoulos in mein Büro. »Warum ist es heute so ruhig hier?«
»Wegen der Hiobsbotschaft.«
»Wie bitte?«
»Der Gesetzentwurf für die Anhebung des Renteneintrittsalters der Polizeibeamten wurde bekanntgegeben. Auch für uns heißt es jetzt Ruhestand mit
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