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Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Kostas Charistos 5 - Faule Kredite

Titel: Kostas Charistos 5 - Faule Kredite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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den Armen zur Verfügung stellen, doch das wäre ungerecht. Zum anderen ist man nicht in der Lage, bei den Reichen Steuern einzutreiben, was wiederum gerecht wäre. Eine der Ursachen für den finanziellen Zusammenbruch Ihres Landes ist seine Unfähigkeit, die Beziehungen zwischen den einzelnen Gruppierungen auf eine solide Basis zu stellen.«
    »Uns geht’s an den Kragen, keine Frage«, meint Adriani.
    »Wieso?«
    »Wenn der eine den ganzen Tag lang grübelt und nach Gründen sucht und der andere auf alles eine Antwort hat, steht der Verlierer schon fest. Deshalb geht’s uns an den Kragen.«
    »Gehen wir zu einem anderen Thema über«, sagt die Moderatorin. »Was halten Sie vom griechischen Sparprogramm?«
    »Ehrlich gesagt habe ich Ihrer Regierung so einschneidende Maßnahmen nicht zugetraut. Doch sie setzt sie um, daher befindet sich Ihr Land auf einem guten Weg.«
    »Glauben Sie, dass wir es schaffen werden?«, fragt der Kommentator.
    De Moor lächelt. »Die Antwort darauf ist nicht einfach. Sehen Sie, der drohende Kollaps Griechenlands zieht weite Kreise. Zuallererst sind die südeuropäischen Länder davon betroffen. Wenn sie es schaffen, dieser Sogwirkung zu widerstehen, bessern sich auch Griechenlands Aussichten auf Rettung. Aber auch ganz Europa könnte in Mitleidenschaft gezogen werden, da es zwar eine gemeinsame Währung, aber keine gemeinsame Wirtschaftspolitik gibt. Die Positionen der verschiedenen Staaten sind einfach zu widersprüchlich. Deshalb, Herr Galanopoulos, habe ich vorhin gesagt, dass wir keine >Gesellschaft< haben. Wenn es sie gäbe, dann wäre die eu die größte aller Gesellschaften. In Europa gibt es nur Gruppierungen mit widerstreitenden Interessen, die zufällig dieselbe Währung verwenden. Daher besteht die Gefahr, dass - als Folge der Währungsunion - auch der wirtschaftliche Ruin einheitlich und gemeinsam eintritt.«
    »Andern hat er geholfen und kann sich selbst nicht helfen«, wirft Adriani einen ihrer unschlagbaren Merksprüche ein. Nun bin ich endgültig überzeugt, dass sie wieder auf dem Damm ist.
    Das Interview endet mit artigen Danksagungen seitens der Moderatorin und des Kommentators. Gerade als ich zu Bett gehen will, läutet mein Handy, und ich erkenne Sissis’ Nummer.
    »Na so was, was gibt’s um diese Uhrzeit?«, frage ich besorgt, da er mich normalerweise nur morgens im Büro oder am frühen Abend zu Hause anruft.
    »Ich möchte den Mörder der beiden Bankmanager kennenlernen.«
    Da ich an seiner Stimme nicht erkennen kann, ob er scherzt oder ob er verrückt geworden ist, entschließe ich mich für gutes Zureden.
    »Wozu das denn?«
    »Ich will ihm gratulieren, dass er sie beseitigt hat.«
    »Es ist aber noch nicht sicher, dass er es tatsächlich war.«
    »Na und wennschon, dann gedulde ich mich so lange, bis er auch den umbringt, der gerade eben im Fernsehen geredet hat. Dann kann ich ihm dafür auch gleich gratulieren.«
    »Warum sollte er ihn umbringen?«
    »Weil er es für den ganzen Auftritt von eben verdient hätte.«
    »Lambros, was ist in dich gefahren?« Ich beginne zu grübeln, ob ich mir jetzt, nachdem sich Adrianis Gemütszustand stabilisiert hat, nun um Sissis Sorgen machen muss.
    »Mir haben sie Zulagen und Zusatzleistungen gestrichen, also fast ein Fünftel meiner Widerstandskämpfer-Rente. Früher hatte ich vierhundertfünfzig Euro und jetzt nur noch dreihundertdreiundachtzig. Bin ich vielleicht - was die Deutschen so aufregt - mit fünfundvierzig bei vollen Bezügen in Rente gegangen? Nein, ich war vierundfünfzig, als man mir vierhundertfünfzig Euro als Widerstandskämpfer-Rente zugesprochen hat. Bis dahin habe ich entweder im Untergrund gelebt oder ich war inhaftiert auf Makronissos oder auf Ai Stratis, oder man hat mich bei der Sicherheitspolizei, wo wir zwei uns ja dann kennengelernt haben, in die Mangel genommen.« Er schweigt einen Augenblick. »Es geht mir nicht ums Geld«, rechtfertigt er sich. »Ich komme auch mit zweihundert im Monat aus. Es geht ums Prinzip, verdammt noch mal. Es ist, als würde man mir sagen: Mal langsam, so einen tollen Widerstand hast du nun auch wieder nicht geleistet, dreihundertdreiundachtzig Euro sind mehr als genug für dich.«
    Grußlos legt er auf, so dass ich ihm gar nicht mehr sagen kann, dass man auch mir Gehalt und Zulagen gekürzt hat und dass auch ich weniger Rente bekommen werde.
    Mir kommt in den Sinn, wie wir nach dem Fall der Junta zu jedem Jahrestag des Aufstandes im Polytechnikum auf die Straßen

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