Kostas Charistos 5 - Faule Kredite
mit Sparkonten herumgetrickst. Alleine kann ich mir hier kaum einen Durchblick verschaffen. Und auch Koula darf ich diese Suche nicht zusätzlich aufbürden, sonst ziehe ich mir Gikas’ Zorn zu.
Ich bestelle Vlassopoulos zu mir und weise ihn an, die Liste durchzugehen. Meinem Gefühl nach werden wir mit den entlassenen Mitarbeitern eher zu greifbaren Ergebnissen kommen.
»Mit wem soll ich anfangen?«, fragt er mich.
»Tja, da wirfst du am besten eine Münze.« Er blickt mich unschlüssig an. »Was guckst du so? Alle haben ihre Stellung missbraucht. Da ist keiner verdächtiger als der andere. Am besten gehst du der Reihe nach vor und schaust, was dabei rauskommt.«
Ich warte seine Antwort nicht ab, da mein Telefon klingelt. »Hier ist die Notrufzentrale, Herr Kommissar. Ich habe eine völlig aufgelöste Frau am Apparat. Sie sagt, sie sei Reinigungskraft und bei ihrer Arbeit auf eine Leiche gestoßen. Wo sie sich befindet und was für eine Leiche es ist, habe ich nicht aus ihr herausgekriegt.«
»Gut, sie soll dranbleiben, sprechen Sie ein wenig mit ihr, ich möchte nicht, dass sie auflegt, wenn sie merkt, dass sie verbunden wird.«
Da es sich in dringenden Fällen nicht empfiehlt, auf den Fahrstuhl zu warten, nehme ich drei Stufen auf einmal und haste die Treppe hinunter. Als ich in die Notrufzentrale stürme, winkt mir der Beamte zu, der die Zeugin am Apparat hat. Während ich nach dem Hörer greife, nehme ich mir vor, möglichst besonnen zu klingen, damit ich sie beruhigen kann.
»Hören Sie mir ganz genau zu«, sage ich beschwichtigend. »Mein Name ist Charitos, und ich bin Kriminalhauptkommissar. Erzählen Sie mir jetzt ganz ruhig, was Sie gesehen haben, damit ich Ihnen helfen kann.«
»Eine Leiche! Ich wollte saubermachen, und da war auf einmal diese Leiche da!«
»Was für eine Leiche? Mann oder Frau?«
»Ein Mann wohl.«
»Sie sind nicht sicher? Ist der Tote nicht gut zu erkennen?«
»Doch, aber der Kopf fehlt.« Hier heult sie wieder los. »Beruhigen Sie sich, und sagen Sie mir, wo Sie gerade sind.«
»In einer Bar in der Athanassias-Straße, in Pangrati.«
»Wie heißt die Bar?«
»Meetings.«
»Und wo liegt der Tote?«
»Im Hinterhof. Dort, wo die leeren Flaschen abgestellt werden.«
»Warten Sie auf uns, wir sind in zehn Minuten da.« «5
Ich gebe Gikas Bescheid. »Informieren Sie vorläufig die Antiterrorabteilung nicht«, meint er. »Machen Sie sich zuerst selbst ein Bild von der Lage. Alles Weitere entscheiden wir dann.«
Ojemine, sage ich mir. Jetzt haben wir noch eine Leiche. Und eine Festnahme, die sich kaum mehr rechtfertigen lässt. Der Minister, der Polizeipräsident und Stathakos werden sich die Haare raufen. Und allen voran Stathakos, da er die Sache wohl ausbaden muss.
Ich stürme ins Büro meiner Assistenten. »Wir haben noch einen Geköpften.«
»Wo?«, fragt Dermitsakis.
»In einer Bar in Pangrati. Holt schnell einen Streifenwagen und benachrichtigt die örtliche Polizeiwache.«
Erst starren sie mich sprachlos an, und dann rennen sie los.
26
Die Bar Meetings liegt in der Athanassias-Straße. Die Farbe der Fassade ist Schwarz, und der Schriftzug über dem Eingang leuchtet rot.
Ein Streifenwagen der Polizeiwache Pangrati hat den Zugangsbereich abgesperrt. Die Tür zur Bar ist zwar geschlossen, springt jedoch sofort nach dem ersten Klingeln auf. An der Schwelle steht ein vollbärtiger Mittdreißiger.
»Hallo, ich bin Nassos«, sagt er, als wären wir Gäste seines Lokals. Nur sein Blick verrät seine Bestürzung.
»Nachname?«
»Melanakis.«
»Gehört das Lokal Ihnen?«
»Ja.«
»Wo ist der Tote?«
»Im Hinterhof, wo wir das Leergut lagern.«
Vorne dominieren Nischenplätze und runde Tischchen mit Stühlen die Bar, im hinteren Bereich befindet sich der klassische Tresen mit den Barhockern. An einem der Tischchen sitzt eine Fünfzigjährige vor einem Glas und einer Flasche Wasser.
»Sind Sie Frau Georgia?«
»Mhm.«
»Bitte gedulden Sie sich noch kurz, Frau Georgia. Ich bin gleich bei Ihnen.«
Hinter dem Tresen und zwischen den Regalen mit den hochprozentigen Getränken liegt ein Durchgang mit einem kirschroten Vorhang. Melanakis geht voran, und ich folge mit meinen beiden Assistenten. Im Flur stehen zwei Spülmaschinen, ein paar Schritte weiter liegen links und rechts die Toiletten. Geradeaus führt ein Hintereingang auf einen kleinen Hof hinaus. Melanakis lässt uns hinaustreten, bleibt selbst aber in der Tür stehen.
Der Hinterhof ist mit
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