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Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär

Titel: Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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eine jahrzehntelang vergessene Waffe verweist, die jemand für eine solche Gelegenheit in seiner Schublade aufbewahrt hat.
      »Können Sie mir eindeutig sagen, um welche Pistole es sich handelt? Um die deutsche oder die amerikanische?«
      »Vorläufig noch nicht, aber mit Sicherheit nach Abschluß der Tests.«
      »Wann wird das sein?«
      »Spätestens morgen.«
      Er begleitet mich zum Ausgang des Labors, und sein Gesichtsausdruck spiegelt die Befriedigung wider, die er über meine Irritation empfindet. Auf dem Flur rufe ich umgehend Vlassopoulos an.
      »Frag telefonisch im Kriegsmuseum an, ob in der letzten Zeit eine Pistole der Marke Luger oder ein Colt M 1911 abhanden gekommen sind.«
      »Warum ausgerechnet im Kriegsmuseum?« fragt er verdattert.
      »Weil es sich um ein Museumsstück aus dem Zweiten Weltkrieg handelt.«
      »Damit ist er umgebracht worden?«
      »Ja. Die Einzelheiten erzähle ich dir später. Nach der Sache mit dem Kriegsmuseum möchte ich, daß du zur Kunsthochschule fährst und ein paar von Ifantidis' Kommilitonen ausfindig machst. Die bestellst du mir morgen früh alle zusammen in mein Büro.«
      Nach Beendigung des Gesprächs steige ich wieder in den Mirafiori, um mich auf den Weg zu den Büros von Star Models in der Paleologou-Straße in Maroussi zu machen. Ich fahre den Kifissias-Boulevard mit ähnlichen Gefühlen entlang wie ein Pilger, der den Kalvarienberg erklimmt. Doch meine Befürchtungen erweisen sich als gotteslästerlich, denn der Verkehr rollt flüssig und - bis auf eine kleine Verstopfung an der Brücke von Jerokomio - ohne größere Wartezeiten dahin.
      Während ich mechanisch den Wagen lenke, sind meine Gedanken bei Ifantidis. Das Loblied seiner Schwester bestätigt sich auch durch die anderen Zeugen. Sowohl die Kourteli als auch die Teloni fanden nur gute Worte für das Opfer. Über die Aussagen hinaus bezeugt auch seine Wohnung, daß er ein kultivierter junger Mann mit Geschmack war. Aus welchem Grund sollte ihn jemand töten? Genauer gesagt: regelrecht exekutieren? Das nächstliegende Motiv wäre Eifersucht, was aber zu Stelios nicht passen will. Was für eine Leidenschaft wäre das, die keine Spuren des Zusammenseins, nicht einmal Spuren eines Besuchs hinterläßt? Denn die Teloni ist vollkommen überzeugt davon, daß Stelios keine Besuche in seiner Wohnung erhielt, und ich habe keinen Grund, ihre Aussage anzuzweifeln. Ich bin mir sicher, daß ihr nichts entgangen ist, nicht nur aus Neugier sondern auch aus dem Beschützerinstinkt einer Großmutter gegenüber ihrem Enkel heraus. Bleibt nur noch der unbekannte »Ringer« übrig. Zu ihm würde die Erschießung auf jeden Fall passen. Doch hier verkompliziert die Pistole aus dem Zweiten Weltkrieg die Angelegenheit. Eine Tunte kann durchaus eine andere Tunte im Überschwang der Gefühle umbringen, wie auch ein Mann eine Frau oder umgekehrt. Doch wie kommt diese Pistole ins Spiel? Woher stammt sie? Ein Erbstück aus Großvaters Zeiten? Vielleicht, aber woher stammen die 9-mm-Parabellum-Patronen? Selbst wenn nachgewiesen werden kann, daß die Pistole aus dem Kriegsmuseum entwendet wurde, paßt ein Einbruch im Museum wiederum wenig zu einer Schwulenbeziehung. Die andere Variante wäre: Es handelt sich um einen Serienkiller. Zu ihm würde die Luger besser passen. Serienmörder möchten stets ihre persönliche Note hinterlassen, um Aufsehen zu erregen. Und die Pistole aus dem Zweiten Weltkrieg ist mehr als das, nämlich ein ganz persönlicher Stempel. Nun, wenn der Täter sie nicht aus dem Museum geklaut hat, dann könnte er sie tatsächlich von seinem Großvater geerbt oder von einem Sammler erworben haben.
      Ich biege nach links in die Vassilissis-Sofias-Straße in Maroussi ein und von dort in die Paleologou. Die Büros von ad-Models liegen in der dritten Etage eines Firmengebäudes. Ich trete in einen Vorraum mit einem kleinen Schreibtisch in der Mitte, auf dem ein pc steht. Die Wände sind mit Porträts von Hollywoodstars behängt, die das Alter meiner verstorbenen Mutter haben: Ava Gardner, Clark Gable, Rita Hayworth, Steve McQueen, David Niven. Die wurden nun ganz gewiß nicht von der Agentur Star Models vertreten, sage ich mir. Die Galerie zielt auf eine andere Aussage ab: Kommt zu uns, und ihr werdet so berühmt wie sie. Eine junge Frau mit lackierten Zehen- und Fingernägeln und ein junger Mann mit Ohrring sitzen in schäbigen Sesseln und warten augenscheinlich darauf, den Beweis dafür

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