Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
stürmte in mein Büro und drohte, er würde mir etwas antun, wenn ich seinem Sohn weiterhin Aufträge gäbe. Dann wollte er, daß ich Stelios' Adresse und Telefonnummer herausrücke. Er war außer sich und trat nach den Möbeln. Ich bin zu Tode erschrocken. Bis ich schließlich Thekla, meiner Sekretärin, und ein paar jungen Männern, die draußen warteten, zurief, sie sollten die Polizei holen. Da kriegte er es mit der Angst zu tun und haute ab. Ich kann noch immer nicht verstehen, warum er verhindern wollte, daß ich seinem Sohn Aufträge vermittle...«
Ich verstehe es zwar, bemühe mich jedoch nicht, es ihr zu erläutern. Zum Zeichen des Aufbruchs erhebe ich mich. »Hier ist meine Handynummer, vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas ein.«
»Sie können sie gerne hierlassen, aber mir fällt bestimmt nichts mehr ein. Ich habe Ihnen alles gesagt.«
Draußen wartet eine stattliche Anzahl von Männern und Frauen jeden Alters und mit so großer Geduld, als säßen sie in einer Zahnarztpraxis. Als ich in den Fahrstuhl trete, denke ich, daß ich so schnell wie möglich Ifantidis' Vater die Daumenschrauben ansetzen sollte. Erstens hat er sich die Mühe gemacht, die Agentin seines Sohnes ausfindig zu machen, Zweitens hatte er sie persönlich bedroht. Drittens fragte er nach Stelios' Adresse. All dies macht ihn zu erstklassigen Verdächtigen, vor allem da ich keinen Besseren vorzuweisen habe.
* 15
Verlegen stehen sie auf dem Flur vor meinem Büro herum und warten auf mich. Es sind nicht die gewohnten Polizeireporter, denn die erfreuen sich an der kretischen Meeresbrise und beobachten die vor den Thodorou-Inseln schaukelnde El Greco. Mir werden nun die Medienreporter der Sender und Zeitungen auf den Hals geschickt. Nicht, daß die ersten sich wesentlich von den zweiten unterscheiden. Die zweiten sind bloß augenscheinlich nicht in ihrem Element, da es etwas anderes ist, irgendwelche Tv-Sternchen zu interviewen, als auf einem Flur des Polizeipräsidiums auf die Ankunft des zuständigen Bullen zu warten. Ich gebe mich gleichgültig und tue so, als würde ich sie nicht bemerken, doch eine verlegene Frauenstimme hält mich zurück.
»Gibt es vielleicht etwas Neues im Ifantidis-Mord?«
»Ich rufe Sie gleich herein«, erkläre ich unbestimmt und trete in mein Büro.
Stavropoulos' Bericht erwartet mich schon. Ich überfliege ihn, indem ich alles weglasse, was mich nicht interessiert oder was ich schon weiß, und so komme ich zum Todeszeitpunkt. Stavropoulos setzt ihn zwischen elf Uhr abends und drei Uhr morgens an. Ich suche kurz nach einem Hinweis, ob das Opfer vor dem Mord Geschlechtsverkehr hatte. Doch der Bericht schließt es aus. Alles weitere ist für mich uninteressant. Ich öffne die Tür und rufe die Reporter herein.
Zögernd treten sie ein und blicken sich um. Sie sind an geräumige Büros und weitläufige Salons gewöhnt, und der Arbeitsplatz eines Bullen schlägt ihnen aufs Gemüt. Letztlich entschließen sich zwei der anwesenden Frauen, Platz zu nehmen. Die übrigen bleiben mangels weiterer Sitzgelegenheiten stehen.
»Bezüglich des Ifantidis-Mordes kann ich Ihnen nur wenig mitteilen. Vorläufig haben wir alles in allem zwei Anhaltspunkte. Erstens: Der Tod ist zwischen elf Uhr abends und drei Uhr morgens eingetreten. Und zweitens: Der Mörder hat sein Opfer aus nächster Nähe erschossen.«
Über die Pistole gebe ich keine weiteren Details bekannt, da ich Bauart und Baujahr der Waffe noch nicht enthüllen möchte. Zum Glück habe ich es mit unerfahrenen Neulingen zu tun, und es fällt ihnen nicht ein nachzuhaken. Wenn Sotiropoulos hier wäre, hätte er mir schon Löcher in den Bauch gefragt.
»Je nach Lage der Dinge wird es weitere Verlautbarungen geben«, ergänze ich, um sie loszuwerden. Sie begreifen, daß keine weitere Information für sie herausspringt, und verlassen einer nach dem anderen mein Büro.
Ich warte, bis hinter dem letzten die Tür ins Schloß fällt. Dann rufe ich Vlassopoulos herein und schildere ihm in groben Zügen den Laborbefund über die Pistole.
»Der Mörder hat sie jedenfalls nicht aus dem Kriegsmuseum entwendet. Sie haben sofort ihre Bestände überprüft und keinen Verlust festgestellt. Außerdem besitzen sie nur ganz wenige Luger, sondern vorwiegend amerikanische
M 1911. Die Deutschen haben uns normalerweise keine Pistolen geschenkt. Was die Munition betrifft, so sind 9-mm-Parabellum nicht mal als Ausstellungsstücke
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