Kostas Charitos 05 - Der Großaktionär
schwulen Sohn hätten und wüßten, daß man ihn hinter Ihrem Rücken Schwuchtel und Tunte nennt und Ihnen das bei der kleinsten Auseinandersetzung unter die Nase reibt, würde Ihnen das gefallen?«
»Nein, das würde mir nicht gefallen«, entgegne ich vollkommen aufrichtig. »Das wäre aber noch lange kein Grund, meine Frau zu verprügeln oder mein Kind bis zum Verfolgungswahn zu terrorisieren.«
»Okay, irgendwo mußte auch ich nach dem Schockerlebnis meinen Frust loswerden. Und es ist nun einmal so, daß sie ihn verhätschelt hat. Jeden Tag rief sie ihn auf dem Handy an, um ihn zu fragen, was sie für ihn kochen sollte. Zu Hause kam nichts Vernünftiges mehr auf den Tisch, nur mehr Stelios' Menü. Und wenn er eingeschlafen war, lief sie zu ihm hin, um ihn zuzudecken. Ich habe mir den Mund fusselig geredet, sie solle ihn nicht so verwöhnen. >Ich bin doch kein Bauunternehmer mit öffentlichen Aufträgen, sondern lkw-Fahrer<, sagte ich jeweils. Aber sie hat nicht auf mich gehört. Und jetzt soll mich die Schuld treffen? Das kann doch nicht sein!« Er läßt seinem Unmut freien Lauf, dann fügt er gemäßigter hinzu: »Seit ich aus dem Haus bin, habe ich weder zu meiner Familie noch zu meinem Sohn Kontakt aufgenommen.«
»Aber Sie sind zur Agentur gegangen, die für ihn tv-Auftritte vermittelt hat, und haben dort Drohungen ausgestoßen, weil Sie seine Adresse in Athen herausbekommen wollten.«
»Ich hatte vor, ihm Geld anzubieten, damit er nicht mehr auf der Mattscheibe erscheint. Ich habe es nicht mehr ausgehalten, wenn man mir sagte: >Gestern haben wir deinen Sohn im Fernsehen gesehen<, mit diesem hinterfotzigen Grinsen, das schlimmer ist als die wüsteste Beschimpfung.« Er holt Luft, beugt sich dann vor und blickt mir in die Augen. »Das Geld hätte ich mir vom Mund abgespart, nur damit er aufhört. Sie lesen das Schild >Transportfirma<, Herr Kommissar, und könnten meinen, hier handelte es sich um ein Unternehmen. Alles Humbug, einen lkw habe ich, und den fahre ich selbst. Ich bin Unternehmer und Angestellter in einer Person. Eine dicke Trine habe ich mir angelacht, damit jemand das Büro betreut, wenn ich auf Tour bin, denn mein Budget sieht keine Sekretärin vor.«
»Wo waren Sie an dem Abend, als Ihr Sohn ermordet wurde?« Ich werfe die Frage unvermittelt in den Raum, um seine Reaktion zu sehen. Aus der Schnelligkeit seiner Antwort schließe ich, daß er auf sie vorbereitet ist.
»Mit dem lkw in Larissa. Dort habe ich auch im lkw geschlafen und bin am nächsten Tag weitergefahren.«
»Um wieviel Uhr sind Sie aus Athen weggefahren?«
»Was soll diese Frage? Soll ich meinen Sohn umgebracht haben? Okay, der Gedanke, daß mein Sohn schwul war, hat mich verrückt gemacht, aber ich hätte ihn nie umgebracht.«
»Waren Sie auf der Fahrt in Begleitung? Haben Sie irgendwo Rast gemacht?«
Er blickt mich ärgerlich an, weil er mich nicht überzeugen konnte. »Sie werden den Gedanken nicht los, daß ich ihn getötet haben könnte, was? Es genügt, daß gewisse Leute hinter meinem Rücken schlecht über mich reden, und schon bin ich der Mörder meines Sohnes.«
»Niemand hat Sie beschuldigt, Ihren Sohn getötet zu haben. Wir prüfen bloß die Alibis aller Personen nach, die mit Stelios zu tun hatten.«
»Ich hatte keinen Begleiter, aber ich habe unterwegs angehalten, um Wasser und Zigaretten zu holen. Der Ladenbesitzer kennt mich und wird sich erinnern.«
Gerade will ich Namen und Adresse des Ladens erfragen, als mein Handy klingelt. Ich erkenne Adrianis Nummer auf dem Display und nehme das Gespräch sofort entgegen, ohne mich um Ifantidis zu scheren.
»Hallo, sind sie frei? Gib mir Katerina«, sage ich fröhlich. An mein Ohr dringen verschiedene Außengeräusche, aber keine Stimme. »Adriani, hörst du mich?« rufe ich lauter, da am anderen Ende der Teufel los ist.
Zunächst höre ich Schluchzen und dann Adrianis gebrochene Stimme: »Man hat sie nicht freigelassen, Kostas Man hat sie nicht freigelassen...«
»Wen hat man nicht freigelassen? Katerina? Was redest du da?« Ich kann es nicht fassen, aber selbst unter Schock wird mir bewußt, daß Ifantidis mithört, und ich gehe kurz vor die Tür des Büros. »Erzähl doch, was ist passiert?« schreie ich ins Telefon, sobald ich auf der Straße stehe.
»Sie haben alle Ausländer und von den Griechen nur Katerina zurückbehalten. Warum, weiß ich nicht. Ich gebe dir Fanis, der kann dir alles
Weitere Kostenlose Bücher