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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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globalisierten Kauderwelsch heißt, offen. Mein Weg aus dem Dilemma führt über eine neutrale Formulierung, die sich für Frau und Tochter wie auch für einen Kollegen eignet, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe.
      »Was für eine nette Überraschung!«
      Ich merke, wie Adriani mich verdutzt anblickt, und daher gehe ich zum Heck des Schiffs, um das Gespräch in aller Ruhe - ohne ihre bohrenden Blicke - zu führen.
      »Wie steht's, Papa? Wie geht es euch?«
      Ihre Stimme klingt flach und monoton, ohne ihre sonstige Lebhaftigkeit. Doch ihre Frage bietet mir die Möglichkeit, den Touristen in mir hervorzukehren, und ich packe die Gelegenheit beim Schopf. Ich fange an, über unsere Tage in Istanbul, über die Exkursionen, die Sehenswürdigkeiten, die Hagia Sophia, das Chora-Kloster, die Blaue Moschee und den Ausflug nach Prinkipos zu berichten. Irgendwann jedoch gehen mir die erzählerischen Postkartenmotive aus. Am anderen Ende der Leitung tritt eine kurze Stille ein, bis ich wiederum Katerinas Stimme vernehme.
      »Ich hab großen Mist gebaut, was?«
      Diese Frage ist so anders als alles, was ich erwartet habe, dass ich die Fassung verliere und mit der klassischen Gegenfrage kontere: »Was soll das heißen?«
      »Komm schon, Papa, du weißt sehr gut, was ich damit sagen will. Ich hab großen Mist gebaut!«, wiederholt sie, als wollte sie den Sachverhalt noch einmal laut zu Gehör bringen. »Wäre mir ein Zacken aus der Krone gefallen, wenn ich in Brautkleid und Schleier geheiratet hätte? Absolut nicht! Nur Unfrieden habe ich gestiftet - zwischen mir und dir, zwischen mir und Mama und zwischen mir und meinen Schwiegereltern. Nun gut, ihr drückt beide Augen zu, weil ihr meine Eltern seid, doch meine Schwiegereltern bringen gerade noch einen säuerlichen Gruß über die Lippen. Und das Schlimmste ist, sie machen auch Fanis mitverantwortlich, weil sie meinen, er hätte seine männliche Autorität einsetzen und mich in die Kirche schleifen müssen. Und all das nur, weil ich geglaubt habe, ich könnte eine halbe Stunde Herumstehen und das Aufsetzen der Hochzeitskränze nicht aushalten. Ich weiß nicht, was mich manchmal überkommt, dass ich so unnachgiebig reagiere!«
      Während ich ihrer bekümmerten Stimme lausche, überkommt mich anstelle meiner ursprünglichen Wut eine große Traurigkeit. »Was meint denn Fanis zu dem Ganzen?«, frage ich. Wenn's ernst wird, halte auch ich mich an die männliche Autorität.
      »Fanis ist Arzt, Papa. Sowohl in seinem Berufs- als auch in seinem Privatleben. Er sucht immer nach dem geeigneten Heilmittel, ob es sich nun um ein Herzleiden oder um eine Familienangelegenheit handelt.«
      »Und, hat er es gefunden?«
      »Sein Vorschlag ist, wir sollten zusätzlich kirchlich heiraten.«
      Das ist die Lösung, auf die keiner von uns gekommen war. Zwei Hochzeitsfeiern: mit der einen ist Katerina zufrieden, mit der anderen alle Übrigen. Trotzdem versuche ich mich nicht zu früh zu freuen.
      »Und was meinst du dazu?«, frage ich vorsichtig.
      »Ich möchte, dass das Genörgel ein Ende hat. Ich habe schlaflose Nächte, meine Arbeit macht mir auch keine Freude mehr. Im Büro fragen sich alle, was mit mir los ist. Es geht schon das Gerücht einer ersten Ehekrise um. Daher sage ich: Bringen wir die zweite Trauung hinter uns, damit meine Schwiegereltern ihre Verwandten einladen können, meine Mutter ihre Familie und du deine Kollegen.«
      »Und wann?«
      »Deshalb rufe ich dich ja an. Wir sagen es dir zuallererst, für alle anderen soll es eine Überraschung sein. Verrate daher Mama nichts! Wenn ihr nach Athen zurückkommt, werdet ihr die Einladung vorfinden.«
      Wir beenden das Gespräch mit telefonischen Küsschen, und danach betrachte ich das von den Motoren aufgewühlte Meer und die Insel Proti, die wir bereits hinter uns gelassen haben. Ich muss an den Fall denken, den mir Gikas aufgehalst hat. Wenn er sich in die Länge zieht, besteht die Gefahr, dass ich die Hochzeit meiner Tochter verpasse. Vielleicht sollte ich Katerina bitten abzuwarten, bis sich die Lage hier geklärt hat, doch ich weise den Gedanken sofort von mir. Schließlich kann ich Gikas anrufen und einen Kollegen anfordern, der mich ersetzt, wenn meine Tochter heiratet. Die andere Frage ist, ob ich, wenn auch gegen den Willen Katerinas, mit Adriani sprechen sollte. Ich weiß, dass ich Schuldgefühle bekomme, wenn ich sie leiden lasse, wo ich sie doch erlösen könnte.
      In

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