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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Küche geschleppt, um Wasser zu trinken, und sei vor dem Spülbecken zusammengebrochen. Der einzige weitere Fund von Interesse ist, dass in der Küche zwei Backbleche vorgefunden wurden. Das eine enthielt Überreste einer Lauchpitta, das andere eine Käsepitta, von der nur zwei Stücke fehlten. Auf einem Teller in der Spüle wurden ebenfalls Reste der Käsepitta gefunden. Die Lauchpitta stellte sich als unbedenklich heraus, während die Käsepitta eine derartige Menge von E 605 enthielt, dass sie selbst einen Elefanten umgehauen hätte.
      Das Bild, das aus den Aussagen der Nachbarn hervorgeht, deckt sich mit dem, was Vassiliadis dargelegt hat. Alle stimmen darin überein, dass Jannis Adamoglou ein aggressiver und eigensinniger Typ war, der sich mit jedermann anlegte und gegen halb Drama prozessierte.
      »Wenn man versehentlich bei ihm geklingelt hatte, brachte er einen wegen Sachbeschädigung vor Gericht«, sagt einer der Nachbarn aus. Und eine Nachbarin beantwortet die Frage, ob Adamoglou Feinde gehabt habe, mit der Feststellung: »Der hatte nichts als Feinde.« Die mildeste, aber auch klarste Stellungnahme kommt vom Gemeindevorsteher: »Wir sind hier alle Pontusgriechen, und ein jeder hat mehr oder weniger sein Kreuz zu tragen. Daher unterstützen wir uns gegenseitig. Aber Adamoglou war ein engstirniger Querkopf.«
      Je negativer die Nachbarn über Jannis Adamoglou sprechen, umso positiver äußern sie sich über seine Schwester Maria. Der allgemeine Eindruck aus den Befragungen ist: Sie war eine freundliche Frau, die sich mit allen Nachbarn gut verstand und sofort zur Stelle war, wenn ihre Hilfe gebraucht wurde. Ebenso stimmen alle darin überein, dass ihr Bruder sich ihr gegenüber abscheulich benommen habe, manche behaupten sogar, er habe sie geschlagen, doch Maria habe alles stumm und geduldig über sich ergehen lassen. »Nie hat sie den Mund aufgemacht und sich beschwert, immer war sie loyal«, sagt eine Nachbarin aus. »Alles hat sie ganz allein durchgestanden.«
      »Irgendwann habe ich sie gefragt, warum sie sich dazu entschlossen habe, zu ihrem Bruder zu ziehen. Sie hätte doch bleiben können, wo sie war«, meint eine Nachbarin. Und Maria habe ihr ergeben geantwortet: »In meinem Leben, Frau Dimitra, bin ich immer vom Regen in die Traufe gekommen.«
      Maria genoss den Ruf, hervorragende Blätterteigkuchen zuzubereiten. »Wenn sie ihrem Bruder den Laufpass gegeben und in einem Pitta-Laden angeheuert hätte, wäre sie ihre ganzen Sorgen los gewesen und hätte auch noch gut Geld verdient«, bemerkt eine Zeugin.
      Abgesehen von den Aussagen, die nur bestätigen, was mir Vassiliadis berichtet hat, erfahre ich noch zwei interessante Dinge. Zum einen hatte die Chambou niemandem von ihrer bevorstehenden Fahrt nach Istanbul erzählt. Sie gab an, sie wolle Bekannte aus Istanbul besuchen, die nach Thessaloniki gekommen seien. Scheinbar war Vassiliadis der Einzige, dem sie die Wahrheit anvertraut hatte. Zum anderen hatte sie auffälligerweise nur die Hinfahrt gebucht.
      So rufe ich Markos Vassiliadis an und bitte ihn, zu mir ins Hotel zu kommen. Nicht nur, um ihn auf dem Laufenden zu halten, sondern auch, um seine Meinung zu hören. Als er die Aussagen zu Ende gelesen hat, steht sein Kaffee immer noch unberührt da, während ich schon bei der dritten Tasse bin.
      Er hebt den Kopf und blickt mich an. Zunächst findet er keine Worte, und wie die meisten Menschen nimmt er zum harmlosesten Punkt Zuflucht. »Stimmt, sie hat ungewöhnlich leckere Blätterteigkuchen gebacken«, meint er. »Und sie hat den Nachbarn gern etwas zugesteckt. Manchmal hat meine Mutter lachend gesagt: >Maria, jetzt reicht's aber. Wir wollen auch noch was davon abbekommen.<« Dann verstummt er, da er Zeit braucht, um die bittere Wahrheit zu verdauen. In einem letzten, verzweifelten Versuch meint er: »Steht denn eindeutig fest, dass Maria ihn umgebracht hat? Kann man wirklich ausschließen, dass es ein anderer war? Er hatte doch überall nur Feinde.«
      »Ja schon, nur deutet alles darauf hin, dass es seine Schwester war.«
      »Zwei Sachen machen mich allerdings stutzig. Zunächst einmal: Warum hat sie zwei Pittas zubereitet?«
      »Da bin ich mir nicht sicher, ich kann nur spekulieren. Wenn sie wusste, dass ihr Bruder eine Schwäche für Lauch-pitta hatte, konnte sie sicher sein, er würde die zuerst aufessen und erst danach die Käsepitta, die das Gift enthielt. Das gab ihr genug Zeit, um beim Tod des Bruders schon

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