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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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aufgehängt.«
      »Und dann habt ihr einen riesigen Boulevard nach ihm benannt.«
      »Damit wir auf ihm herumtrampeln können«, lacht er.
      Das Gespräch wird unterbrochen, da wir in der Zentrale angekommen sind. Murat lässt den Wagen auf dem Parkplatz stehen, und mit dem Fahrstuhl fahren wir in die vierte Etage hoch. Als wir auf den Flur hinaustreten, habe ich den Eindruck, auf dem Flur vor meinem Büro zu stehen: die gleichen Gesichter, die gleiche Betriebsamkeit in den Abteilungen. Als ein Ausländer in Handschellen an mir vorübergeführt wird, liegt mir schon ein Grußwort auf Albanisch oder im pontischen Dialekt auf der Zunge. Plötzlich muss ich an Sissis denken, der alle naselang in verächtlichem Tonfall zu mir sagt: »Die Unterdrücker sehen alle gleich aus, und ihre Dienstgebäude haben alle denselben Grundriss.« Ich blicke mich um und muss mir auf die Lippen beißen, um ihm nicht laut recht zu geben.
      Murat betritt einen Vorraum und flüstert einem Polizeibeamten in Zivil etwas zu. Während der aufsteht und mir die Hand entgegenstreckt, sagt er den türkischen Willkommensgruß' den jeder zweite Grieche auf Anhieb versteht: Ho geldiniz.«
      Und ich antworte mit dem Gegengruß, den ebenfalls jeder zweite Grieche kennt: »Hos bulduk.«
      Da höre ich Murat zum ersten Mal aus vollem Herzen lachen, während er die nächste Tür öffnet und mich vorangehen lässt. In dem Büro, das eine Spur geräumiger ist als der Vorraum und damit ebenfalls griechischen Verhältnissen entspricht, sitzt ein fünfzigjähriger Mann, der von seinem Stuhl aufspringt und mir herzlich die Hand schüttelt, während er »Welcome, welcome!« ruft.
      Murat stellt ihn mir als Brigadekommandeur Kerim Ozbek, stellvertretenden Amtsleiter bei der Sicherheitspolizei, vor. Sein Englisch macht nicht viel her, aber es ist auf jeden Fall besser als meins.
      »Mr. Saglam has explained the Situation to you.«
      Auf diese Weise erfahre ich schließlich auch Murats Nachnamen. Zwar hat nicht er mir die Situation dargelegt, sondern ich ihm, aber immerhin weiß ich jetzt, wie er heißt.
      »Yes«, entgegne ich dem stellvertretenden Amtsleiter kurz angebunden, um nicht schon bei unserer ersten Begegnung schlechte Stimmung zu verbreiten.
      »Wie Sie wissen, befinden Sie sich als Verbindungsbeamter zwischen der griechischen und der türkischen Polizei hier, da es um einen in Griechenland verübten Mord geht und sich der Mörder inzwischen in der Türkei aufhält.«
      »I understand«, erwidere ich laut, während ich lautlos auf Griechisch hinzufüge: »Ich bin ja nicht blöd.«
      »Good. Somit können Sie an den Ermittlungen teilnehmen, dürfen jedoch keinesfalls eingreifen, außer Herr Saglam erklärt sich einverstanden oder bittet Sie darum. Agreed?«
      »Okay«, entgegne ich.
      »Okay«, wiederholt der Brigadekommandeur. Mein Gefühl sagt allerdings, dass es nicht leicht sein wird, an Händen und Füßen gefesselt eine Stecknadel im Heuhaufen zu suchen.
     
     

* 8
     
    Wir fahren die Küstenstraße entlang, und zwar dieselbe wie bei unserer Ankunft in der Stadt, doch diesmal in die entgegengesetzte Richtung, nämlich zum Flughafen. Zu meiner Linken taucht das Marmara-Meer immer wieder kurz zwischen byzantinischen Stadtmauern, riesigen Einkaufszentren und Parks auf, an dessen Ufer sich Männer jeder Altersgruppe tummeln, einige ihre Angeln ausgeworfen haben sowie alte Weiblein zwischen spielenden Kindern auf Parkbänken sitzen. Immer wenn das Meer hervorblitzt, sind die leuchtend weißen Linienschiffe zu sehen, die am äußersten Ende des Hafens zwischen Lastkähnen, kleinen Fähren und Ausflugsbooten am Ufer vorüberziehen.
      Zu meiner Rechten reihen sich Tavernen, die wie griechische Ausflugslokale aussehen: Konstruktionen aus Fensterglas, Resopalplatten und bunt gestrichenem Sperrholz. Die Tische sind, drinnen wie draußen, in wüster Unordnung aufgestellt. Der einzige Unterschied ist, dass die Türken nach wie vor Stofftischtücher verwenden, während wir zuerst zum strapazierfähigen Butterbrotpapier und nun schon lange zum dünnen Papier mit Waffelaufdruck übergegangen sind.
      »Wie ich sehe, gibt es hier auch überall Tavernen, ganz wie in Griechenland«, sage ich zu Murat.
      »Das hier ist Kumkapi. In der Nähe liegt der Fischmarkt, daher kann man hier leckere Meeresfrüchte essen.« Unvermutet wendet er sich mit einer Frage an mich: »Do you speak German?«
      »Nein, ich kann nur

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