Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau
Entgegnung beinhaltet zwar eine Warnung, aber eine sanfte.
»Tja, es ist eben nicht alles Gold, was glänzt«, bemerkt Despotopoulos zwei Tische weiter. »Frau Mouratoglou hat recht. Ich weiß ja nicht, wie es früher schmeckte, aber so einen Joghurt bereiten sie in jedem Dorf auf dem Parnass oder dem Penteli besser zu.«
»Na, dann haben wir ja endlich einmal die Nase vorn«, kommentiert Stefanakos. »Bislang war ja in Istanbul alles nur toll und bei uns alles nur mies.«
Die Mouratoglou merkt zwar, dass die spitzen Bemerkungen auf sie abzielen, doch sie stellt sich taub.
* 13
Murat geruhte mich erst um zehn Uhr abends anzurufen, als wir gerade im Kuyu, einem griechischen Restaurant in Therapia, saßen und Pitta aus Kayseri, Käsekroketten und gefüllte Muscheln aßen.
»Kalliopi Adamoglous Leiche wurde heute Morgen von der Anatomie abgeholt.«
»And you are telling me this now?«
Mein Ausruf muss spontan und recht laut ausgefallen sein, denn das halbe Lokal dreht sich nach mir um und starrt mich wie vom Donner gerührt an, während Adriani die Augen verdreht und sich bekreuzigt. Aber wenn mich Murat dermaßen spät anruft, führt er sicherlich etwas im Schilde, und das macht mich nun mal nervös.
»Es tut mir leid, aber ich wurde auch gerade erst benachrichtigt. Der Gerichtsmediziner hatte seinem Assistenten aufgetragen, mich anzurufen, doch der hatte es vergessen. Er hat sich erst am Abend wieder daran erinnert, als er gerade ein Spiel der Champions League im Fernsehen guckte.«
Augenblicklich lösen sich meine Verdächtigungen in Luft auf, weil ich mir vorstellen kann, dass sich Stavropoulos' Assistent ganz genau so verhalten hat. Demzufolge beschließe ich, den Streit beizulegen. »Wissen Sie, wer die Adamoglou von der Anatomie abholen ließ?«
»Nein. Ich habe den Assistenten danach gefragt, doch der hatte den Namen nicht behalten. Aber morgen ganz früh kriegen Sie ihn.«
Ich weiß nicht, was »ganz früh« bedeutet, aber es ist jetzt bereits neun Uhr, und ich esse mein Frühstück mit dem Käsesesamkringel, trinke in kleinen Schlucken meinen Kaffee und blicke alle naselang auf meine Uhr.
Zwei Tische weiter haben Adriani und die Mouratoglou eine Minikonferenz einberufen, um über die Sehenswürdigkeiten zu beraten, die wir in den Tagen, die wir außerplanmäßig in Istanbul verbringen werden, unbedingt besuchen sollten. Ich hatte vorgeschlagen, der Reisegruppe die Verlängerung unseres Urlaubs anzukündigen, doch Adriani hat mir das schnell ausgetrieben.
»Bist du noch bei Trost? Willst du, dass sie uns Listen aufhalsen mit all den Dingen, die sie nicht mehr einkaufen konnten und die wir ihnen hinterherschleppen sollen? Davon will ich nichts hören. Vor allem jetzt, da unsere Tochter sich auf ihre Hochzeit vorbereitet und wir zuerst an unsere eigenen Bedürfnisse denken müssen.«
An das erste Argument habe ich nicht gedacht, und ich gratuliere Adriani im Stillen für ihre weise Voraussicht. Das zweite jedoch höre ich nun schon zum zweiten Mal, und ich beginne mir ernsthaft Sorgen zu machen, dass ich in ihrem Schlepptau durch die >Königin der Städte< von einem Laden zum nächsten tingeln muss. Ich bin schon drauf und dran, auf die beiden zuzugehen und einen Warnschuss abzugeben, als mein Handy läutet.
»The name of the relative, who took the body is Efterpi Lazaridou«, erklärt mir Murat. Damit ist klar, wer Kalliopi Adamoglou aus der Anatomie abholen ließ. Efterpi Lazaridou muss eine Verwandte mütterlicherseits sein, denn Fofos Mädchenname war Lazaridou.
Ich frage ihn, ob die Lazaridou eine Adresse hinterlassen habe, und er buchstabiert mir eine Anschrift in Fener, die ich folgendermaßen notiere: Climen Sokak 5. Ob ich sie nun richtig aufgeschrieben habe, kann ich nicht beschwören.
»Sagen Sie mir, wann und wo das Begräbnis stattfindet«, sagt Murat zu mir.
»Haben wir uns diesbezüglich nicht geeinigt?«, frage ich genervt.
»Sie missverstehen mich. Ich werde nicht hinkommen. Aber ich möchte es wissen, für den Fall, dass der chief mich danach fragt.«
Und dann tauchst du bei der Beerdigung auf mit der Ausrede, dass es der chief angeordnet hat, sage ich mir. »Sobald ich es erfahre, teile ich es Ihnen mit. Aber Sie haben mich ja so spät informiert, dass die Zeremonie möglicherweise schon stattgefunden hat.«
»So schnell geht das mit den Begräbnissen bei euch?«, wundert er
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