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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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die Passanten haben es eilig, an ihr Ziel zu kommen. So entsteht ein Geschiebe und Gedränge, dem jedoch niemand Bedeutung beimisst, weil man in dieser Stadt anders gar nicht durchkommt.
      Ich bleibe auf dem Taksim-Platz vor einem dreistöckigen Ecklokal stehen, in dem Sesamkringel feilgeboten werden. Tatsächlich fährt auch schon ein Taxi vor. Der Fahrer spricht mich auf Türkisch an, wobei ich nicht weiß, ob er mich begrüßt oder verflucht, doch ich nehme Ersteres an, da die Türken Fremden gegenüber ausnehmend höflich sind und der Kunde hier noch König ist. Ich halte ihm die Papierserviette mit der Adresse, welche die Mouratoglou darauf notiert hatte, dicht unter die Nase.
      »Bakirköy, ha?«
      »Yes«, entgegne ich, und unsere Verständigung klappt vorzüglich. Trotzdem schließe ich nicht aus, dass er mich bei der erstbesten Kirche, auf die er trifft, auf die Straße setzen könnte.
      Die Fahrt hätte mich nach all meinen Touren vollkommen gleichgültig gelassen, wenn wir nicht kurz nach der Atatürk-Brücke in einen kilometerlangen Stau geraten wären. Der Taxifahrer verliert nach zehn Minuten die Geduld, schreit und fuchtelt erregt mit den Armen, während er sich alle paar Sekunden zu mir umdreht und mir etwas auf Türkisch erklärt. Ihm ist klar, dass ich kein Wort verstehe, doch sein Ziel ist es, sich abzureagieren, und nicht, sich verständlich zu machen. Plötzlich sehe ich, wie die Türen zweier Wagen aufgehen, ein anderer Taxifahrer und ein etwa fünfzigjähriger Mann herausspringen und aufeinander losgehen.
      »No problem, no problem«, meint mein Fahrer besänftigend und wirft mir einen Blick über den Rückspiegel zu. Die Rangelei hat ihn beruhigt, vielleicht weil er davon ausgeht, dass bald die Polizei oder die Ambulanz erscheint und ein Beamter den Stau auflöst.
      Alles ist genauso wie in Griechenland, sage ich mir, mit einer Ausnahme: Der Streifenwagen ist in null Komma nichts da. Zwei uniformierte Kollegen packen die Streithähne am Kragen, drängen sie zu ihren Wagen zurück und schaffen sich so viel Platz, dass sie an der Bordsteinkante parken und die Amtshandlung einleiten können. Ein Verkehrspolizist nimmt die Aussagen der beiden zu Protokoll, während der andere seine Trillerpfeife malträtiert. Das Ergebnis ist wieder mit griechischen Verhältnissen vergleichbar: Er benötigt eine halbe Stunde, um den Weg frei zu machen. So langsam bin ich mir sicher, dass ich die Beerdigung verpassen werde und nach Fener fahren muss.
      Ich zeige dem Fahrer meine Uhr und bedeute ihm mit einer Handbewegung, er solle aufs Gas steigen. Er wiederum deutet auf die Lage vor der Windschutzscheibe und hebt verzweifelt die Arme, doch im selben Augenblick verfällt er auf dieselbe Lösung, auf die auch ein griechischer Taxifahrer gekommen wäre. Er beginnt wie wild durch Straßen und Gässchen zu rasen, wobei er die Kurven mit quietschenden Reifen nimmt und Fußgänger und Fahrzeuge, die uns ungewollt in die Quere kommen, wie besessen anhupt.
      Ich habe meine Orientierung längst verloren und verlasse mich auf mein Gottvertrauen, als mit einem Mal eine Kirche vor uns auftaucht. Ich hole tief Luft, doch mein Fahrer winkt ab.
      "Tbis Ermeni kilise«, sagt er zu mir. »Rum...« und er greift zur internationalen Handbewegung für »ein Stück weiter«. In der Tat fährt er durch mehrere Straßen, und wie durch ein Wunder stehen wir auf einmal vor der Kirche von Makrochori.
      »Thank you«, bedanke ich mich beim Taxifahrer und bessere das Fahrgeld mit einem Trinkgeld auf.
      Die Kirche ist groß und beeindruckend, wie alle Kirchen in der >Königin der Städte<. Die Zeremonie hat schon angefangen, was jedoch nur am in der Kirche aufgebahrten Leichnam zu erkennen ist. Im Übrigen sehe ich nur einen jungen Popen, dem ein einsamer Kirchensänger sekundiert, und eine schwarz gekleidete alte Dame neben dem Sarg. Der Rest der Kirche ist leer, was dazu führt, dass das Echo des Psalmengesangs von den Wänden zurückgeworfen wird und dadurch zum Kirchenchor anschwillt.
      Herr Panajotis steht neben dem Eingang und nickt mir zu, als ich eintrete. Ich gehe ganz nah zu ihm hin und flüstere ihm ins Ohr: »Wie kann ich mit Frau Lazaridou ins Gespräch kommen?«
      »Nach der Beerdigung sage ich Ihnen Bescheid.«
      Die Lazaridou bemerkt meine Anwesenheit, als sie irgendwann ihren Blick von der Bahre löst, und sieht mich fragend an. Offenbar kramt sie in ihrer Erinnerung, ob ich ein

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