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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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sind?«
      Diese Rückmeldung erleichtert mich, und ich trinke in Ruhe meinen Mokka zu Ende, bevor ich zur Rezeption gehe und auf Murat und den Streifenwagen warte.
     
     

* 19
     
    Der Streifenwagen durchquert eine Gegend, die ich bereits kenne. Es ist der Boulevard, der nach Kurtulus und zur Agios-Dimitrios-Kirche führt, wo ich mich mit der Iliadi getroffen habe. Es ist halb neun Uhr morgens, und der Stoßverkehr in Richtung Stadtzentrum - also in die entgegengesetzte Richtung - ist auf seinem Höhepunkt, doch auf unserer Fahrspur liegt die Wagendichte unter Athener Niveau.
      Ehrlich gesagt begebe ich mich nur aus Pflichtgefühl zum Tatort, und nicht, weil ich wirklich glaube, dass sich Belastendes für Maria Chambou ergeben wird. Wäre der Tote Grieche, dann hätte ich keinen Zweifel, dass sie ihn auf dem Gewissen hat. Aber bei einem türkischen Opfer deutet der Mord - wenn es denn einer war - in eine andere Richtung. Sollte es sich um einen achtzigjährigen alleinstehenden Witwer handeln, ist es gut möglich, dass ihn ein Angehöriger beiseiteschaffen wollte, um an seine Wohnung, sein Geschäft oder an seine Ersparnisse zu kommen.
      Wir erreichen zwar die Abfahrt nach Kurtulus, passieren sie jedoch und erreichen ein anderes Viertel, das auf einen höheren sozialen und finanziellen Status der Einwohner schließen lässt. Die Wohnblöcke sind neueren Datums und von besserer baulicher Qualität als in Taksim, und die Geschäfte sind hübsch dekoriert und führen teurere Waren.
      »Where are we?«, frage ich Murat.
      »This is Osmanbey«, antwortet er und fühlt sich verpflichtet, mir eine kleine Führung angedeihen zu lassen. »Das ist eine neuere Wohngegend. Früher war es hier recht teuer, aber heute ist ihr Wert etwas gesunken. Wir fahren aber noch weiter in ein anderes Viertel, das zwar zur selben Zeit entstand, aber eher großbürgerlich ist.«
      »Wie heißt es?«
      »Nisantasi.«
      »Also muss das Opfer, wenn es sich überhaupt um ein Verbrechen handelt, wohlhabend gewesen sein.«
      »Er besaß ein großes Fachgeschäft für Herren- und Damenmode hier in Pera, ein zweites in Ankara und ein drittes in Izmir. Die beiden Letzteren werden von seinen Söhnen geführt. Zum Schulabschluss hat er ihnen jeweils ein Geschäft eröffnet, aber immer in einer anderen Stadt.«
      »Wieso?«
      Er zuckt gleichgültig mit den Schultern. »Damit nicht alle in derselben Stadt leben und ständig miteinander zanken: die Söhne mit dem Vater, die Ehefrauen mit dem Schwiegervater und untereinander... Das ist der einzig logische Grund. Du verteilst deine Familie auf drei verschiedene Städte, um deine Ruhe zu haben.«
      Zweihundert Meter weiter gabelt sich der Boulevard, und der Streifenwagen biegt nach rechts ab, kurze Zeit später noch mal. Der Unterschied zum Wohnviertel, das wir kurz zuvor passiert haben, ist auf den ersten Blick zu erkennen: Wir befinden uns in einer Gegend der gehobenen Mittelschicht.
      Murat parkt vor einem Wohnhaus mit weitläufigem Eingangsbereich und einer mit Spiegeln verkleideten Empfangshalle. In einer Reihe mit unserem Fahrzeug stehen bereits ein weiterer Streifenwagen, ein Transporter der Spurensicherung und ein Krankenwagen. Ein Polizeibeamter bewacht die Eingangstür. Die Übrigen sitzen gemütlich im Wagen, da keinerlei Schaulustige fernzuhalten sind.
      Die Besatzung des Streifenwagens springt bei Murats Anblick sofort auf die Beine. Ich bleibe diskret neben der Beifahrertür stehen und warte, bis er sich mit ihnen geeinigt hat, um dann von ihm die neuesten Informationen zu erfahren. Ein Beamter deutet zur dritten Etage hoch. Murat winkt mir von weitem zu, ich möge ihm folgen. Da das Wohnhaus über keinen Fahrstuhl verfügt, steigen wir zu Fuß die Treppen hoch.
      »Ich habe gebeten, mit dem Abtransport der Leiche zu warten, damit wir zuerst noch einen Blick auf sie werfen können«, erklärt mir Murat.
      Bereits in der ersten Etage steigt uns der Geruch in die Nase. In der zweiten schnellt die Tür einer der drei Wohnungen auf und eine perfekt geschminkte und gekleidete Fünfzigjährige legt sich sogleich mit Murat an. Er versucht, ruhig und höflich zu bleiben und sie mit sanfter Stimme zu beschwichtigen. In seinen Augen jedoch blitzt Ärger auf.
      »Was hat sie gesagt?«, frage ich, während wir in die dritte Etage hochsteigen.
      »Sie hat mich gefragt, wann wir vorhätten, die Leiche endlich abzutransportieren, da unsere Leute die Fenster

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