Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
und zu auf die Nerven gegangen, aber immerhin haben wir zehn Tage zusammen verbracht.«
      »Mit Ausnahme der Mouratoglou, die zu deiner Busenfreundin geworden ist, werden wir die Übrigen wohl in unserem ganzen Leben nie wiedersehen. Wieso also bei Tagesanbruch aufstehen?«
      »Bei Tagesanbruch? Der Flug geht doch erst um zehn Uhr vormittags.«
      »Dann zieh die drei Stunden ab, die sie früher aufbrechen werden, um im Duty-free-Shop noch ordentlich zuzuschlagen.«
      Sie durchbohrt mich mit einem jener hochmütigen Blicke, die sie in Ausnahmefällen zum Einsatz bringt, wenn sie meine Berufsehre antasten möchte. »Natürlich, du stehst ja nur für einen Mord in aller Herrgottsfrühe auf.«
      Das einzig Angenehme, wenn man beim ersten Hahnenschrei aufstehen muss, ist der morgendliche Sesamkringel. Er ist noch warm und knusprig. Ich weiß nicht, ob es immer schon so war oder sich eventuell mit den Jahren so entwickelt hat, jedenfalls stelle ich in der letzten Zeit vermehrt fest, dass ich die Dinge besser genießen kann, wenn ich für mich bin. So löst sich meine gute Laune in nichts auf, als sich der ausgediente Feldherr ungeladen zu mir an den Tisch setzt.
      »Die Stunde des Abschieds naht, mein Lieber«, verkündet er mit der ihm eigenen altmodischen Steifheit. »Und ich möchte Ihnen versichern, dass ich mich ganz besonders über unsere Bekanntschaft gefreut habe.«
      »Ganz meinerseits, Herr General.«
      »Ihre Gesellschaft hat dem von Frauen dominierten Umfeld eine angenehme Note verliehen. Jetzt werden Sie sagen, wo dominieren denn heutzutage die Frauen nicht, wenn man gewisse Berufe wie beispielsweise unsere ausnimmt, die noch ein männliches Bollwerk darstellen. Doch auch da ist es nur noch eine Frage der Zeit«, fügt er melancholisch hinzu.
      »Stören Sie sich daran?«
      »Mann und Frau sind gegensätzliche Pole, Kommissar. Die Frau sorgt im Haus mit beispielloser Disziplin für Ordnung, doch sobald sie ihr Reich verlässt, verwandelt sie sich in ein Musterbeispiel an Willkür und Schlamperei. Die Erfahrung dieser zehntägigen Reise bestätigt das vollauf. Der Mann hingegen ist außer Haus gut organisiert, zu Hause jedoch unfähig, sich einen Kaffee zu kochen, und oftmals weiß er nicht einmal, in welcher Schublade seine Unterhosen liegen.« Er seufzt und schüttelt den Kopf. »Und diese Gegensätze ziehen sich zunächst einmal erotisch an, um sich in der Folge ein Leben lang auf die Nerven zu fallen, mein Lieber.«
      Ich spüre den heftigen Drang, ihm zu widersprechen, nicht nur aus Prinzip, sondern vor allem weil ich - trotz all meiner Auseinandersetzungen mit Adriani - nicht glaube, dass wir einander nur noch auf den Wecker gehen. Klar, von Zeit zu Zeit unternehmen wir beide unsere kleinen Rachefeldzüge, doch die Rache enthält auch ein Quentchen Lust, während der eheliche Überdruss, milde ausgedrückt, bloß einen schalen Nachgeschmack hinterlässt.
      »Meine Erfahrung ist jedenfalls eine andere, Herr General«, sage ich so milde wie möglich.
      »Das kann ich mir vorstellen. Berufsbedingt.«
      »Wieso berufsbedingt?«
      »Wie lange sind Sie täglich auf Ihrer Dienststelle, mein Lieber?«
      »Kommt darauf an. Wenn ich mit einem dringenden Fall befasst bin, dann komme ich manchmal erst um Mitternacht nach Hause, oder ich habe Nachtdienst. Jedenfalls, selbst an ganz normalen Tagen komme ich kaum vor sechs oder sieben Uhr abends nach Hause.«
      »Sehen Sie? Bei mir war's in meiner aktiven Zeit ganz genauso. Ich kam spätabends heim, oft war ich mit Delegationen oder im Zuge von Manövern verreist. Zur Spielart des gegenseitigen Überdrusses dringe ich erst jetzt vor.« Ein Seufzer entringt sich seiner Brust, und wieder schüttelt er den Kopf. »Das Rentnerdasein ist eine privilegierte Arbeitslosigkeit, mein Lieber. Ich werde wesentlich höher entschädigt als ein Arbeitsloser, speziell bei meiner Rente. Andererseits jedoch steht man derselben Frustration und Unduldsamkeit, zum Teil auch denselben Demütigungen gegenüber wie ein Arbeitsloser.«
      Ich sehe, wie die Übrigen sich erheben und auf die Rezeption zugehen. So stehe auch ich auf, um möglichst elegant das Gespräch zu beenden.
      Despotopoulos reicht mir die Hand. »Ich habe mich aufrichtig gefreut, Sie kennenzulernen, mein Lieber. Ihre Gesellschaft wird mir fehlen«, wiederholt er. Er zieht eine Karte aus seinem Portemonnaie und überreicht sie mir. »Hier meine Karte mit meiner Festnetz-

Weitere Kostenlose Bücher