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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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beigebracht«, erzählt die Kourtidou, als wir den Laden schließlich mit Fanis' Lederjacke in einer Plastiktüte verlassen. »Jedes Mal, wenn wir auf dem Basar einkaufen gingen, sagte sie immer den halben Preis dessen, was der Händler vorschlug. Der fing an mit seinem >Aber was reden Sie da! Ausgeschlossen, da verdiene ich keinen Groschen dran!<, worauf meine Mutter meinte: >Wie Sie wollen, es muss ja nicht sein<, und wegging. Am Schluss haben sie sich irgendwo in der Mitte getroffen. Anfänglich habe ich mich dafür geschämt. >Aber Mama, wir machen uns lächerlich<, habe ich zu ihr gesagt. >Lächerlich machst du dich, wenn du es zu dem Preis nimmst, den er dir nennt. Dann hält er dich für eine Tasrali.< Das bedeutet Landpomeranze. Am Ende habe ich es auch gelernt. Aber man muss aufpassen, dass man ihnen nicht das Gefühl gibt, sie für dumm zu verkaufen, denn dann fühlen sie sich in ihrer Händlerehre gekränkt. Und jetzt zeige ich Ihnen noch den Bedesten, den Alten Basar.«
      Doch bei mir hat sich der Gedanke an die Lazaridou festgesetzt, und der Alte Basar ist mir herzlich egal. »Liegt Fener weit von hier entfernt?«, frage ich die Kourtidou.
      »Wieso?«
      »Weil ich einer Cousine der Chambou noch ein paar Fragen stellen muss.«
      »Das tust du morgen«, mischt sich Adriani ein, ohne Widerspruch zu dulden. »Jetzt gehen wir uns den Alten Basar anschauen, und danach laden wir Frau Kourtidou zum Essen ein.«
      »Das ist doch nicht nötig. Wenn der Herr Kommissar etwas zu erledigen hat, verschieben wir das auf einen anderen Tag«, versucht die Kourtidou zu vermitteln.
      »Aber nicht doch! Das war so ausgemacht. Darüber hinaus legen wir großen Wert auf Ihre Gesellschaft«, ergänzt Adriani.
      Da ich nicht behaupten kann, dass mir die Gesellschaft der Kourtidou unangenehm ist, halte ich lieber den Mund.
     
     

* 22
     
    Als wir uns gestern nach langem Hin und Her endlich vom Einkaufsbummel im Großen Basar losgerissen hatten, rief ich Murat an und legte ihm meinen Plan bezüglich der Lazaridou dar. Er war sofort einverstanden und bot mir sogar an, tags darauf einen Streifenwagen vorbeizuschicken.
      »Don't worry. Ich nehme ein Taxi«, meinte ich, denn ich stand noch immer unter dem Eindruck unserer versöhnlichen Annäherung und wollte ihm nicht zur Last fallen.
      »Yok don't know Fener«, entgegnete er mir leicht amüsiert. »Es besteht aus lauter verwinkelten Gässchen, und eines sieht aus wie das andere. Sie werden nicht hinfinden.«
      Ehrlich gesagt kommt mir nun die Lösung mit dem Streifenwagen entgegen. Das gestrige Abendessen mit der Kourtidou, die uns in Mega Revma in eine edle Fischtaverne führte, liegt mir noch etwas im Magen. Sowohl in Sachen Essen als auch in Sachen Raki habe ich etwas über die Stränge geschlagen, unter Adrianis tadelndem Blick, die zwar auch keinen Gang auslässt, aber stets nur im Essen pickt wie ein Vögelchen.
      »Ihre Essgewohnheiten sind die einer Istanbuler Griechin, Frau Charitou«, meinte die Kourtidou irgendwann bewundernd.
      »Wieso?«, fragte Adriani geschmeichelt.
      »Weil Sie nur kosten, ohne richtig zu essen. So machen wir Istanbuler Griechen es auch. Wenn wir Gäste eingeladen haben, reihen wir fünfzehn Gerichte auf und naschen stundenlang davon. Und am Schluss sind die meisten Teller immer noch halbvoll.«
      »Ja genau, so genießt man doch das Essen am meisten« erwiderte Adriani und bemühte sich, ihre Befriedigung über das Lob zu unterdrücken. »Das habe ich von meinem Vater, Gott hab ihn selig. Er hat sich immer mit meiner Mutter angelegt, wenn sie ihm den Teller randvoll füllen wollte.«
      Sie scheint vergessen zu haben, dass sich ihr Vater den lieben langen Tag und bei jeder Gelegenheit mit ihrer Mutter anlegte.
      »Wissen Sie, was in Istanbul als kultiviertes Trinken gilt, Herr Kommissar? Es wird daran gemessen, wie lange man es vor einer Flasche Raki sozusagen >aushält<, mit einer Scheibe Zuckermelone, einer geviertelten Gurke oder einer Scheibe Schafskäse als Mezze. Je langsamer sich die Flasche leert, desto kultivierter ist der Trinker.«
      Solche Schlückchen und solche Häppchen aus fünfzehn Tellern, die auch noch halbvoll bleiben, sind nichts für mich. Ich brauche einen vollen Teller, der mich satt und zufrieden macht, wie früher bei meiner Mutter: Sie stellte jeweils einen tiefen Teller Bohnensuppe, Kartoffeleintopf oder Spinatrisotto vor mich hin und bekreuzigte sich dankbar, wenn ihr

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