Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
alle Konstantinopler Griechen an sich zu haben scheinen.
      Die Lazaridou sitzt mir gegenüber, stützt ihren Ellbogen auf den Tisch und wartet ab. Zuerst einmal trinke ich einen Schluck Mokka, und dann beginne ich mit meinen Fragen.
      »Können Sie sich vielleicht erinnern, ob Maria jemals über einen gewissen Lefteris gesprochen hat?«
      »Lefteris? Nein, den Namen höre ich zum ersten Mal.« Sie schürft in ihrer Erinnerung auf der Suche nach einer Goldader. »Zu unserer Zeit gab es in Trabzon einen Eleftherios Santaltzidis, aber den haben die türkischen Freischärler umgebracht, weil er für die Griechen aktiv war.
      Einen anderen Lefteris kenne ich nicht.« Jetzt erst kommt ihr die nächstliegende Frage auf die Lippen: »Was hat dieser Lefteris mit Maria zu tun?«
      »Maria hat vorgestern einen Türken getötet.«
      »Einen Türken?« Sie bekreuzigt sich.
      »Ja, wieder mit einer Käsepitta, genauso wie ihren Bruder und die Adamoglou. Bevor sie ihm den Kuchen gegeben hat, erwähnte sie den Namen Lefteris. Wir versuchen nun herauszufinden, wer dieser Lefteris war und in welchem Verhältnis er zu Maria stand.«
      Sie blickt fassungslos vor sich hin, als verstehe sie die Welt nicht mehr. »Ein Türke... Lefteris...«, stammelt sie. Plötzlich meint sie, als sei ihr gerade der rettende Einfall gekommen: »Ja, ist sie vielleicht verrückt geworden, Herr Kommissar?«
      »Das kann ich Ihnen nicht mit Sicherheit beantworten. Jedenfalls hat keiner von denen, die Maria Chambou getroffen haben, Anzeichen von Wahnsinn bei ihr festgestellt. Sie ja auch nicht.«
      Sie geht nicht darauf ein, da ihr noch etwas anderes eingefallen ist. »Und Safo?«, fragt sie besorgt. »Haben Sie erfahren, ob sie Safo besucht hat?«
      »Sie war dort, aber Safo ist vor einem Jahr gestorben. Im Altersheim von Baloukli.« Ich sehe, wie sie erleichtert das Kreuzzeichen schlägt. »Jedenfalls hatte sie nicht vor, sie zu töten. Die Käsepitta, die sie ihr mitgebracht hatte, war vollkommen in Ordnung. Zwei alte Leute haben mit Genuss davon gegessen. Und sie hat Blumen auf ihr Grab gelegt.«
      Sie wiegt ergeben den Kopf. »Dann hat sie also doch noch begriffen, dass Safo nur ihr Bestes wollte«, wispert sie und kommt zu dem einfachen Schluss: »Also ist sie nicht verrückt.«
      Schweigen macht sich zwischen uns breit, und ich denke daran aufzubrechen, da die Lazaridou nichts Erhellendes zu berichten weiß. Hier enden die Spuren, bis der nächste Mord geschieht, sage ich mir. Außer, wir haben Glück, und es gibt keinen weiteren. Ich esse noch die Sirupfrüchte, damit sie nicht denkt, ich würde ihre Gastfreundschaft verschmähen, und bin schon drauf und dran aufzustehen, als die Lazaridou mich mit einer Frage zurückhält.
      »Wie hieß denn dieser Türke, den sie umgebracht hat?«
      Ich ziehe den Zettel aus meiner Jackentasche, auf dem ich den Namen notiert habe, um ihn nicht zu vergessen. »Kemal Erdemoglu.«
      »Wo hat er gewohnt?«
      »In einem Viertel in der Nähe von Kurtulus, aber weiter unten, der Name beginnt mit Ni...«
      »Nisantasi.«
      »Genau.«
      Sie denkt noch einmal nach. »Ich kann mich nicht erinnern, dass Maria jemals in einem türkischen Haushalt gearbeitet hätte. Sosehr ich mir auch den Kopf zerbreche, es will mir nicht einfallen. Was war dieser Erdemoglu von Beruf?«
      »Er hatte ein Fachgeschäft für Herren- und Damenmoden in Pera.«
      »Wo in Pera?«, fragt sie, und wie es scheint, ist ihre Neugier geweckt.
      »Gegenüber der katholischen Kirche.«
      »Sant'Antonio?«
      »Ja.«
      Sie schlägt ein Kreuzzeichen nach dem anderen, heftiger als vor einer Heiligenikone. »Das heißt, dieser Lefteris...«, monologisiert sie.
      »Kennen Sie ihn? Wissen Sie, wo ich ihn finden kann?«
      »Er ist nicht mehr am Leben, Herr Kommissar. Gott hab ihn selig, er ist schon lange tot.«
      Sie holt aus, um mir die ganze Geschichte zu erzählen. »Als im September '55 die Tumulte einsetzten, arbeitete Maria bei der Familie Meletopoulos. Lefteris Meletopoulos hatte eine Stoffhandlung, gleich vis-ä-vis von Sant'Antonio. In der Krawallnacht hat man ihn ruiniert. Sie haben seinen Laden zu Kleinholz gemacht und sein ganzes Warenlager geplündert. Am Morgen hat Meletopoulos nur mehr ein Bild der Zerstörung vorgefunden. Dieser Erdemoglu, von dem Sie eben sprachen, hatte nebenan ein Damenmodengeschäft. Meletopoulos kam gut mit ihm aus. Sie grüßten sich immer mit

Weitere Kostenlose Bücher