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Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman

Titel: Kostbar wie ein Tag mit dir - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Fraser
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Hüften, Knöchel und die bloßen Füße wogte. Mit ihrem üppigen roten Haarschopf sah sie wie eine Märchenprinzessin aus. Wie Stevie auf dem Plattencover.
    »Legere Kleidung«, hatte sie mir gesagt. Ich trug Jeans.
    Ich winkte ihr zu, grinste, und sie lächelte breit. Offensichtlich freute sie sich, als sie sich jetzt zu uns durchdrängte. Während ich sie umarmte, musste ich laut schreien, um die Musik zu übertönen: »Du siehst toll aus!« ich wandte mich wieder Marc zu. »Sie hat sich gar nicht verändert, oder?«
    Es war eigentlich nichts, kaum wahrnehmbar, nur ein Flackern in seinem Blick. Überhaupt nichts. Aber ich hatte es gesehen.
    Dann sprach er es aus: »Tu es magnifique, Beattie.«
    »Du siehst gut aus«, hatte er im Auto zu mir gesagt.
    Sie küssten sich nicht.
    Plötzlich stand Pierre, Beatties Mann, bei uns, und ihre beiden Jungs hüpften um unsere Beine herum, so sehr freuten sie sich, Charlie zu sehen.
    Der Moment war vergessen - vorerst jedenfalls.
 
    Einmal, als wir noch in Australien lebten und Charlie ungefähr sieben war, fragte er mich auf dem Heimweg von der Schule nach dem Unterschied zwischen einer Lüge und einem Geheimnis.
    »Also ...« Ich überlegte, was er mir wohl gerade verschwieg. Wir standen auf dem Mittelstreifen der Oxford Street, und während die Autos ungemütlich dicht an uns vorbeischossen, dachte ich nicht zum ersten Mal, dass wir die Straße an dieser Stelle wirklich nicht mehr überqueren durften.
    »Ein Geheimnis ist etwas Wahres, was du für dich behalten darfst - etwas Besonderes, was du niemandem zu erzählen brauchst.« Halt, dachte ich dann, nein : Berichtigung - ein Nachtrag: »Außer natürlich deiner Mutter.«
    Daraufhin schnitt Charlie eine Grimasse. Er machte dieses »Ist schon klar«-Gesicht, das er erst kürzlich von Schulkameraden aufgeschnappt hatte - das erste einer ganzen Reihe von solchen Gesichtern.
    »So, und eine Lüge ...« Ich dachte scharf nach, suchte nach einer knappen, eindeutigen Antwort, denn ich wusste, dass dieses Kind schwerer zu überzeugen war als manche der Richter, vor denen ich gestanden hatte. »Eine Lüge ist etwas ganz anderes.«
    Ja, dachte ich, als mein Sohn zu mir aufschaute - immer noch voller Vertrauen, trotz seiner Grimasse -, ich glaube, hier bin ich auf der richtigen Schiene. Aber inzwischen warteten wir schon viel zu lange auf eine Lücke im Strom der Autos, daher entschied ich, dass wir losspurten mussten, jetzt oder nie.
    »Eine Lüge -« Ich war vom Mittelstreifen getreten, stürzte mich in den Verkehr und riss Charlie mit. »Eine Lüge ist so etwas wie ein schlimmes Geheimnis.« Aber noch bevor er den Mund öffnen konnte, um mir zu widersprechen, und während ein heranbrausender Wagen noch beschleunigte, als wollte er mir eine Lektion erteilen und uns umbringen, wurde mir klar, dass ich mit meiner Aussage bloß Verwirrung stiftete.
    »Aber eben hast du doch gesagt, eine Lüge ist was anderes!«
    Charlie zerrte an meiner Hand, während der Autofahrer im letzten Moment auswich. »Runter von der Straße, aber dalli!«, brüllte er durchs Wagenfenster.
    »Ach ja, lass mal überlegen ...« Inzwischen waren wir sicher, aber ein bisschen außer Atem auf der anderen Straßenseite angelangt. Ich dachte nach.
    »Der Unterschied ist ... eine Lüge ist, wenn man jemandem etwas erzählt, was nicht wahr ist.« Ich beobachtete, ob Charlie das aufnahm. »Und das darf man nicht.«
    Mit dieser Erklärung schien er einigermaßen zufrieden zu sein. Das beunruhigte mich, denn nach seinem breiten Grinsen zu urteilen, nahm er sich das Verbot nicht sonderlich zu Herzen. Bestimmt verheimlichte er mir etwas.
    »Und ...«, ich drückte seine Hand, um sicherzugehen, dass er mir weiter zuhörte, »das musst du deiner Mutter unbedingt sagen.«
    Ja, offensichtlich hörte er mir sehr aufmerksam zu, denn seine Mundwinkel sackten plötzlich nach unten.
    »Aber was ist denn dann der Unterschied?«, jammerte er enttäuscht. »Wenn ich dir beides sagen muss?«
    aber so war das eben mit Charlie: Ich wusste ohnehin immer, wenn er log, ob er es mir nun gestand oder nicht. Er war ein offenes Buch für mich.
    Nur bei anderen Menschen hatte ich keine Ahnung, obwohl ich sie sehr gut zu kennen glaubte.

27
 
    W ir unternahmen noch einen weiteren Ausflug auf die Belle Ile, gar nicht lange nach unserem ersten, wie ich mich erinnere, gleich nachdem Beattie Pierre kennengelernt hatte. Dieses Mal fuhren wir alle vier gemeinsam, Beattie und ich mit unseren neuen

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