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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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einen gewundenen Trampelpfad, der auf halber Höhe am Hang rauf- und runterführte, etwas tiefer floss ein Bach. Obwohl oben zwischen den Wiesen noch die Sonne schien, war es da unten schon dämmrig. Katzenloch nannte Max das Tal, weil dort früher Wildkatzen gelebt hatten, die von den Jägern ausgerottet worden waren, und Sarah erinnerte sich, dass ihre Mutter ihr aus der Zeitung vorgelesen hatte, es gebe wieder Wildkatzen im Kottenforst. Tommy, der Oberklugscheißer, sagte, dieser Bach sei der längste in Bonn, und wenn man da reinpinkelte, flösse das durch Lengsdorf und Endenich bis nach Dransdorf. Da hatten sie noch gelacht, sie waren ja noch auf dem Hinweg. In ihren Rucksäcken klirrten die Bierdosen und Weinflaschen, und an manchen Stellen rutschten sie beinahe aus im schwarzen Matsch. Als sie an einem Grenzstein mit einem verwitterten Wappen vorbeikamen, auf dem Sarah die Zahl 1734 las, meinte Tommy, sie wären zu weit. Er führte sie auf einem breiteren Weg zum Kurfürstenweiher hinunter, der so schön, so still und dunkel dalag, dass Sarah auf halber Höhe stehen blieb, während die anderen darüber diskutierten, ob sie sofort anfangen oder erst was trinken sollten. Wenn sie in dem Moment geahnt hätte … Sie hatte nicht den Hauch einer Ahnung gespürt, und aufgefallen war ihr auch nichts.
    Sarah griff nach der Wodkaflasche, die irgendwer auf den Boden gestellt hatte, und nahm drei große Schlucke. Wenn Wegrauchen nicht ging – Wegtrinken klappte immer.
    Doch durch den Dunst von Rauch, Alkohol und Mief drängte sich ein Gedanke vor und biss sich in ihr fest: Der Deal war nicht okay. Das war kein verdammter Zufall . Sie hatte einen ganz anderen Verdacht. Einer kannte den Mörder, einer aus der Gruppe, einer von ihnen. Und der Mörder kannte sie alle.
    Noch was Wodka … gegen die Gänsehaut. Shit, morgen Mathe …

AM FÜNFTEN TAG DANACH
    Liebe Nadja,
    heute Abend war er nicht zu Hause. Ich bin lange umhergefahren, bis ich seinen Wagen vor der Kirche entdeckt habe. Er ist im Pfarrhaus, dachte ich, um mit dem Pfarrer die Beerdigung zu besprechen. Da ich auf ihn warten wollte, ohne gesehen zu werden, habe ich abseits an einer unbeleuchteten Stelle geparkt und bin im Auto sitzen geblieben, die Kapuze über den Kopf gezogen.
    Kurz darauf hielt neben dem Mercedes ein gelblicher Wagen. Die Frau, die ausstieg, habe ich sofort erkannt. Von der Laterne wurde sie angestrahlt wie auf einer Bühne. Sie ging auf das Gemeindehaus zu, das dunkel neben der Kirche lag, sah sich nach allen Seiten um und verschwand darin, ohne Licht zu machen. Ich wunderte mich darüber, bis mir auffiel, dass im Pfarrhaus nur im Obergeschoss Licht brannte, wo sich die Schlafzimmer befinden. Endlich begriff ich: Er hielt sich nicht im Pfarrbüro auf, er war im Gemeindehaus und hatte im Dunkeln auf sie gewartet. Es war ein Rendezvous! Das kann nur ihre Idee gewesen sein, so etwas sieht ihr ähnlich.
    Nadja, ich fühlte mich, als würde ich fallen, immer tiefer hinab in bodenlose Schwärze, ohne jeden Halt. Ich musste sofort etwas tun, irgendwas! In meiner Ledertasche lag das Messer, das ich für alle Fälle immer dabeihabe, und so ließ ich mich zu etwas Albernem hinreißen.
    Der Gedanke, diese Person könnte die Früchte meiner Arbeit ernten, macht mich fertig. Ich brauche einen Plan. Aber zuerst einen Schnaps. Mach mir Mut, Nadja, es kann noch alles gut werden.
    Liebe Grüße,
    Chris
    (so hat nur er mich genannt, du weißt es)

ACHT
    Als Richard am Freitagmorgen in sein Büro im Landwirtschaftsministerium aufgebrochen war und sie ihre Runde mit Nogger erledigt hatte, beschloss Pilar, im Polizeipräsidium anzurufen. Sie hatte noch keinen Bissen gefrühstückt, aber ihr war nicht danach, bevor sie nicht mit der Hauptkommissarin gesprochen und ihre Aussage berichtigt hatte.
    Wo war das Kärtchen mit der Durchwahl, das ihr die Kommissarin in die Hand gedrückt hatte? Sie durchsuchte ihre Handtasche, wühlte im Ablagestapel in der Küche und schaute auf der Kommode in der Diele nach, wo sich Briefe und Zeitungen türmten – irgendwo musste sie es hingelegt haben! Schiller strich währenddessen um ihre Beine herum und miaute, zunächst leise, dann fordernd. Pilar öffnete die Haustür. Er berührte sie noch einmal zart mit dem Kopf, schlüpfte hinaus und verschwand im Garten.
    Pilar fand das Kärtchen nicht, sie musste die Zentrale anrufen. Als sie die 110 tippte, spürte sie ihren Puls schneller gehen. Sie hatte noch nie im Polizeipräsidium

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