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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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Fünfzehn Zentimeter oder mehr, das sah Hammer aus. Man bekam automatisch Beine wie ein Filmstar. Die Verkäuferin hatte es wohl aufgegeben, sie zu fragen, welche Schuhe sie denn nehmen wolle.
    Ein Glück, Bea hob ab.
    »Bea, da war doch mal was an eurer Schule. Einer mit Maske hat ein paar Kindern mit dem Messer gedroht, um sich Kohle zu organisieren.«
    Schweigen. Im Hintergrund gluckste ein Kleinkind.
    »Bea? Bist du beim Babysitten?«
    »Wenn du glaubst, ich nenne einen Namen, sitzt du im falschen Zug.«
    »In Röttgen ist eine Frau mit einem Messer umge–«
    »Weiß ich längst.«
    »Wo hat der Typ gewohnt?«
    »Sarah, das ist hundert Jahre her!«
    »Bei euch auf dem Brüser? Gibt es da noch mehr solche –«
    »Hallo?«, brüllte Bea. »Wegen der Wohnblocks? Ausländer? Hartz- IV -Empfänger? Hier leben die Assis, meinst du das?« Das Baby im Hintergrund fing an zu heulen. »Aber wenn du schon fragst, kriegst du auch eine Antwort: Der mit der Maske hat in Ückesdorf gewohnt.«
    »Verarschen kann ich mich selbst«, zischte Sarah.
    Bea gab ein hässliches Hexenlachen von sich und legte auf.
    Sarah starrte auf die roten Schuhe im Spiegel, die ihr plötzlich albern vorkamen. Das hatte sie also versemmelt. Warum wollte sie es überhaupt wissen? Konnte ihr doch egal sein, wer das war. Vergessen, sie musste das Ganze vergessen. Vor allem die Weiher-Sache. Aber wie denn? Die Bilder gingen ihr einfach nicht aus dem Kopf.
    Sie sah sich immer noch mit den anderen auf der Mauer sitzen, die ihr mit der altertümlichen Form und den verwitterten Steinen vorgekommen war wie ein Überbleibsel aus der Kurfürstenzeit. Ein paar Meter vor ihnen lag der Beutel mit den Flaschen und Dosen zum Kühlen im Wasser. Kevin und Vivi kamen auf einem Motorrad den Hang heruntergedüst, Vivi machte ja bei den Proben noch mit, obwohl sie schon im Sommer keinen Bock mehr hatte. Kevin hatte einen Schlafsack dabei, weil er seiner Mutter erzählt hatte, dass er bei einem Freund übernachten würde.
    Aus dem Proben wurde nichts, weil es schnell dunkel wurde und sie den Text nicht mehr lesen konnten. Sie saßen auf Kevins Schlafsack, tranken und glotzten auf die toten Äste, die aus dem schwarzen Wasser hervorschauten, bis einer auf die Idee kam, man könnte mit dem Motorrad um den Weiher heizen. Katie und Vivi waren erst dagegen, weil das Motorrad Marvin gehörte, aber dann meinten sie, das ginge in Ordnung, hier könnte ja nichts passieren. Aber der Pfad um den Weiher war viel zu schmal und von Wildschweinen zerwühlt. Deshalb nahmen sie den Weg, auf dem sie gekommen waren. Abwechselnd gurkten sie mit Schmackes den Hang runter, in die Kurve und weiter durch den Bach, der aus dem Weiher herauslief. Als Sarah an der Reihe war, gab sie Gas, als wollte sie ein Rennen gewinnen. »Spektakulär!«, hörte sie Max noch rufen. Sie lenkte mit einer Hand, in der anderen hielt sie die Flasche Ramazzotti, die sie Tommy abgejagt hatte, damit er sie nicht völlig leer soff.
    »Haben Sie sich entschieden?«
    Sarah zuckte zusammen. Die Verkäuferin stand vor ihr.
    »Ja«, sagte sie und streifte die roten Schuhe von ihren Füßen. »Die würde ich gern nehmen.«
    Die Verkäuferin lächelte. »Mit oder ohne Karton?«
    »Nur den Karton. Mir fehlt die Kohle.«
    Das Lächeln erstarb.
    Viel dringender als High Heels brauchte Sarah ein Paar Treter, mit denen sie kilometerweit durch alte Städte latschen konnte, denn am Montag sollte die Fahrt mit dem Leistungskurs Geschichte starten. Solche Schuhe gab es auch nicht umsonst. Sarah hoffte, sich welche von Anna leihen zu können. Die besaß einen Haufen Schuhe, die sie kaum trug, und durch ihren Job in der Mensa kam sie an genügend Kohle, um sich öfters neue zu kaufen.
    * * *
    Pilar wurde allmählich flau. Nun waren es genug Umwege. Sie musste nach Hause fahren, sie musste etwas essen und trinken. Am Morgen hatte sie außer einem Glas Wasser nichts zu sich genommen, und nun war schon Mittag vorbei. Sie bog in eine schmale Straße mit Reihenhäusern ein. Es war der kürzeste Weg. Vor einem der Häuser stand eine offene Mülltonne, deren Rand mit schwärzlichen Bananenschalen garniert war. Die Gardine hinter dem Küchenfenster hing so schief, dass sie mit dem Rahmen ein gräulich weißes Dreieck bildete – daran erkannte Pilar das Haus. Hier wohnte Katie.
    Katie. Die Theatergruppe. Während Pilar an dem Haus vorbeifuhr, kam ihr die Idee, ihre Darsteller nach dem Handwerkskasten zu fragen. Alle sechs hatten sich mehr als

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