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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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dauernd zur Theaterprobe musste.« Sie zog ihre Strickjacke enger um sich und blickte so grimmig drein, dass Pilar ihr insgeheim eine dicke Erkältung wünschte.
    Dieselbe Frau hatte ihr vor ein paar Wochen gesagt, wie gut ihrem Kevin das Theaterspielen bekomme, dass er viel selbstsicherer geworden sei, sogar fröhlicher. Auch die Arbeit mit Kevin war für Pilar mühselig gewesen. Anfangs hatte er Hemmungen gehabt und jeden Auftritt peinlich gefunden – ganz anders als Sarah und Tommy, die vom ersten Tag an begeistert in die unterschiedlichsten Rollen geschlüpft waren und Stimme, Mimik und Körpersprache geschickt zum Einsatz gebracht hatten. Dass Kevin jetzt mehr für die Schule tat, konnte sich Pilar nicht vorstellen, aber sicherlich hatte er mehr Zeit für seinen Computer.
    Pilar stellte ihre Frage knapp und kurz. Sie schlotterte vor Kälte.
    »Och, der Kasten …« Kevin schob ein Bonbon im Mund hin und her und zog die Stirn in Falten, als ob er ernsthaft über Pilars Frage nachdächte. »Nee, keine Ahnung. An dem Tag hab ich den nicht gesehen.«
    Das gibt es nicht, dachte Pilar.
    »Wo war das Messer denn, als du es für die Pappe geholt hast?«
    »Im Hinterzimmer. Irgendwo da auf dem Tisch.«
    »Das kann nicht sein.«
    »Frag die andern.« Kevin schob die Unterlippe vor und verschränkte die Arme vor der Brust.
    Seine Mutter stand hinter ihm und nickte. Nun kam auch noch die große Schwester hinzu. Vivian war ganz in Schwarz gekleidet, die Augen waren geschminkt und wirkten groß und dunkel. War sie eine Waldcliquen-Braut? Pilar wusste nicht, wer alles dazugehörte, erinnerte sich aber, Vivian und Marvin kürzlich Arm in Arm an der Bushaltestelle gesehen zu haben.
    »Hey, unser Kleiner kann gar nicht lügen!« Vivian schnalzte mit dem Kaugummi in ihrem Mund. »Wenn er lügt, wird er immer heiser. Und? Wird er heiser?«
    »Nein«, sagte Frau Nessel.
    Die Haustür schob sich langsam zu.
    »Moment!«, rief Pilar. Sie erinnerte sich plötzlich an eine mehr geahnte als tatsächlich wahrgenommene Bewegung im Dunkeln, eine Art Huschen, irgendwo links von ihr im Seitengang. Vivian hatte am Rand gesessen, sie musste mehr davon mitbekommen haben. »Vivi, ist jemand im Dunkeln an dir vorbeigegangen?«
    Die Tür stoppte. Vivian blähte das Kaugummi zu einer rosa Blase auf. Sie schüttelte den Kopf. Die Blase schrumpfte. »Mir sind sofort die Augen zugefallen. Ich war so was von müde. Bin erst von dem Schrei wieder aufgewacht.«
    »Sie war am Abend vorher auf der Stufenparty«, erläuterte Frau Nessel.
    Lukas auch, dachte Pilar. An jenem Samstag war er erst gegen Morgen nach Hause gekommen und abends ungewohnt früh zu Bett gegangen, viel zu k.   o., um die nächste Party durchzustehen.
    Die Haustür schob sich wieder auf Pilar zu, diesmal schneller.
    »Wiedersehen«, sagte sie. Im selben Moment fiel die Tür ins Schloss.
    Auf Pilars Haaren und Schultern lag Schneeflocke neben Schneeflocke. Eine rutschte ihr kalt und unfreundlich unter den Kragen und den Nacken hinab. Sie fühlte sich verwundet. Rund sieben Jahre hatten Katie, Kevin und Vivi zu ihrer Gruppe gehört, nun waren sie ihr entglitten. Weshalb hielten sie es für nötig, sie zu belügen? Pilar traute ihnen alles Mögliche zu, aber einen Mörder zu decken? Nein.
    Am Auto angekommen wischte sie den Schnee von ihren Schultern und von den Fenstern des Fiestas. Sie musste Tommy fragen. Er war der Älteste in der Gruppe und machte den Eindruck, als sei er reifer als die anderen. Dass er Betriebswirtschaftslehre studierte, passte zu ihm.
    Pilar fuhr über die Reichsstraße nach Röttgen. Tommy wohnte nicht weit entfernt vom Gemeindehaus. Anfang des Jahres hatte sie ihren Schauspielern die neuen Rollenhefte zu Hause vorbeigebracht, seitdem wusste sie, wo alle wohnten. Als sie in Tommys Straße einbog, prallte ein dicker Schneeball gegen ihre Windschutzscheibe. Und noch einer. Irgendwer versteckte sich hinter den Büschen in einem Vorgarten, sie sah die Bommel einer Wollmütze auf- und niedergehen. Verärgert fuhr sie weiter. Nur ein Kinderstreich, aber trotzdem … Zurzeit traf sie alles mitten ins Herz.
    Tommy strahlte sie an, als er die Haustür öffnete. Ihr wurde wärmer. Die Innenseite ihres Kragens, die sie eben noch unangenehm gespürt hatte, schien fast trocken zu sein. Sie war dankbar dafür, dass es hier ein Vordach gab, unter dem man im Trocknen stand.
    »Deinen Handwerkskasten? Den habe ich gesehen.«
    Pilar atmete auf.
    »Aber nicht am Samstag.« Ein

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