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Kottenforst

Kottenforst

Titel: Kottenforst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexa Thiesmeyer
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Armlänge vom Ohr entfernt, ihre Mutter redete laut genug.
    »Das ist ja schrecklich! Wie ist das bloß passiert? Andere Pferde stürzen doch auch nicht!«
    »Es könnte Arthrose haben, es ist alt.«
    »Arthrose? Dann liegt es am Wetter.«
    »Mama …«
    »Meine Gelenke sind heute ganz miserabel. Ich hinke vor Schmerzen, du ahnst nicht, was ich durchmache! Ich stürze bald auch, da bin ich sicher.«
    Hinken? Schmerzen?
    »Danke, Mama.«
    »Wieso danke?«
    Pilar verabschiedete sich schnell. Wie konnte das Pony Arthrose haben, ohne vorher auch nur ein einziges Mal gehinkt zu haben? Ohne jemals Schmerzen gezeigt zu haben? Wahrscheinlich hatte es keine Arthrose! War irgendwas auf dem Weg gewesen? Ein größeres Loch, ein dicker Stein schieden aus, doch liefen manchmal Mäuse über den Weg. Hinterließen sie Spuren, die einer Linie ähnelten? Ach, was – ein erfahrenes Pferd wie Asti stürzte nicht wegen einer Maus! Hatte die Spur am Boden nicht eher ausgesehen wie … Hitze stieg in ihren Kopf.
    »Richy!«
    »Was hast du? Du bist ganz rot im Gesicht.«
    Oder war der Gedanke absurd? Die Gegend war menschenleer und still gewesen!
    »Richy, hältst du es für möglich, dass jemand das Pony mit Absicht zu Fall gebracht hat? Jemand im Gebüsch?«
    Wie Richy sie anschaute!
    »Wer sollte so was tun? Du hast zu viel Phantasie.«
    »Auf der anderen Seite steckte ein Stab im Boden«, sagte Pilar. »Daran könnte jemand etwas befestigt haben, worüber Asti gestolpert ist.«
    »Das hättest du gesehen.«
    »Ich glaube nicht. Wenn es sich kaum vom Boden abhob … bei der Geschwindigkeit …«
    »Was reimst du dir da zusammen?« Richys Blick wirkte besorgt, als hätte er Anzeichen von Geisteskrankheit an ihr entdeckt. »Weil jemand die Katze gemeuchelt hat, denkst du jetzt … Das ist doch abwegig.«
    Es klingelte an der Haustür. Goethe, der unter dem Küchentisch gesessen hatte, krachte mit dem Plastikkragen gegen ein Tischbein und floh auf seinen drei Beinen in die Diele und weiter ins Schlafzimmer.
    Richard stand auf. Pilar hörte, dass er die Tür öffnete, und drehte vorsichtig ihren Kopf, als fürchtete sie, auch das könne Schmerzen bereiten. Im Türrahmen stand ein riesiger Strauß samtroter Blumen mit Stängeln dick wie Lauchstangen. Darunter sah Pilar verbeulte Jeansbeine und matschig-feuchte Schuhe mit Profilsohlen. Freddy. Pilar mochte Schnittblumen nicht, war aber so gerührt, dass ihr Tränen in die Augen stiegen.
    Freddy ließ die Schuhe an der Tür zurück und kam auf Socken zu ihr in die Küche. Er drückte ihr den Strauß in den rechten Arm. »Damian hat es mir erzählt. Du warst im Krankenhaus, als ich bei euch anrief.«
    Richard nahm Pilar den Strauß ab und verschwand damit im Wohnzimmer. Sie hörte, wie er an der Bodenvase hantierte, die neben dem Klavier stand.
    Freddy setzte sich auf die andere Seite des Tisches. Er deutete auf ihre Schulter. »Wie ist das passiert?«
    Pilar erzählte es ihm, fügte hinzu, welcher Gedanke ihr gekommen war, und wartete darauf, dass er wieder sagte: Pilar, welchen Roman liest du gerade?
    Doch Freddy schwieg erst mal. Bei ihm dauerte das Nachdenken oft etwas länger. »Ein Anschlag auf dich?«, fragte er schließlich. »In meiner Referendarzeit hatten wir mal einen Fall, wo ein Radfahrer gestürzt war, weil jemand einen Draht über die Straße gespannt hatte.«
    Pilar spürte ein Kribbeln im Nacken. Sie blickte Richard an, der mit der Gießkanne in die Küche kam und zum Spülbecken ging. Er schien nicht dasselbe zu denken wie sie.
    »Der Radfahrer ist gestürzt und mit dem Kopf auf den Bordstein geknallt. Er ist noch am selben Tag gestorben. Da war die Mordkommission dran.«
    »Hat man den Täter geschnappt?«, wollte Richard wissen.
    »Nein.«
    »Hat man den Draht gefunden?«, fragte Pilar.
    »Der Täter hat ihn in sein Versteck gezogen und ist damit abgehauen«, erwiderte Freddy.
    Pilar dachte an das Pony, das auf den Boden geblickt hatte, und schnellte hoch. Der Schmerz fuhr ihr in die Schulter wie ein Messer.
    »Wie hat man denn festgestellt, dass ein Draht gespannt war?«, rief sie laut, als wollte sie den Schmerz zum Schweigen bringen.
    »An zwei Bäumen haben sie Spuren gefunden. Am Rad natürlich auch.«
    »In deinem Fall, Pilar«, sagte Richard, »hätte niemand einen Draht unbemerkt entfernen können. Du warst bei vollem Bewusstsein.« Er drehte den Kran auf und ließ das Wasser in die Kanne pladdern.
    »Richy!«, rief Pilar nun noch lauter, um den Lärm des Wassers

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