KR075 - Ich zahlte mit Falschgeld
Falschgeld. Dadurch, dass er ihnen die Koffer nachtragen musste, entging auch Sol Crasher der Aushebung. Die Brüder Means besitzen eine Motorjacht. Jacht ist wahrscheinlich eine schmeichelhafte Bezeichnung für ein mittelgroßes Motorboot, auf dem drei oder vier Mann eine notdürftige Unterkunft finden dürften. Leider hat keiner von den Verhafteten den Kahn jemals gesehen.«
Bisher war er auf und ab gegangen. Jetzt setzte er sich in seinen Sessel. »Auf den ersten Blick scheint der Hauptteil unserer Aufgabe beendet. Wir haben die Fälscherbande fast restlos ausgehoben, haben die Maschinen und haben falsche Noten im Werte von über zwei Millionen Dollar beschlagnahmt.« Er lächelte. »Zwei Millionen wert, wenn sie echt wären, so nur ein Haufen Altpapier zu einem halben Cent beim Lumpenhändler.« Sofort darauf wurde er wieder ernst. »Aber wir konnten Means und Dexter nicht fassen, und vor allen Dingen haben wir die Platten nicht. Abgesehen davon, dass die Fälscher noch Noten für einige hunderttausend Dollar bei sich haben, besteht die Gefahr, dass sie oder irgendein anderer, in dessen Hände die Platten fallen, über kurz oder lang einen neue Möglichkeit zum Drucken finden. – Wir müssen also die Sache so ansehen, dass wir nichts erreicht haben, bis sich die Brüder Means und die Platten in unseren Händen befinden. Ich denke, ihr beide übernehmt die Aufgabe, da ihr den Fall bisher verfolgt habt.«
Wir trieben uns im Hafen herum, bis wir selbst nicht mehr wussten, ob wir G-men oder Vollmatrosen waren. Wir pumpten uns ein Boot von der Hafenpolizei und hielten jeden Kahn an, der weniger als fünfzig Tonnen hatte und uns vor den Bug lief. Wir durchkreuzten das riesige Hafenbecken von New York bei Tag und bei Nacht wie der Fliegende Holländer. Wir brummten den Hudson herauf und herunter. Wir fassten einige Kähne, die Schmugglergut vom Außenhafen in das Innenbecken transportierten.
Aber Means, Dexter und Crasher fanden wir nicht.
Für alles, was mit dem Hafen und der Seefahrt zusammenhing, war der »Haifisch« der richtige Ort, und sein Besitzer, Lucky Poth, der richtige Mann. In seiner Jugend war Lucky selbst ein ziemlicher Haifisch gewesen, und während der Prohibition hatte er dick verdient und mehrfach gesessen, aber als ihm ein Konkurrent eine Kugel verpasste, verlor er den Spaß am Geschäft, kaufte sich die Kneipe am Hafen und zog sich auf das Altenteil zurück, bevor er ernsthafte Differenzen mit der Polizei bekam.
Lucky hatte nie in seinem Leben eine Pistole angefasst, und als er auch den Kugeln seiner Gegner nicht mehr aus dem Wege zu gehen brauchte, wurde er dick und fett. Er erfreute sich großer Beliebtheit bei den kleinen Ganoven, denn er weigerte sich strikt, Auskünfte über einen bescheidenen Dieb oder einen kleinen Schmuggler an die Polizei zu geben. Hingegen war es verhältnismäßig einfach, etwas über die Großen der Unterwelt von ihm zu erfahren, denn er vergaß es den schweren Bossen nie, dass sie einen gemütvollen Mann wie ihn, kurz, sachlich und brutal aus dem Geschäft gedrängt hatten. Wer sich nun einmal von dem sicheren und unerklärlichen Funktionieren des unterweltlichen Nachrichtendienstes überzeugt hat, wird sich nicht wundern, dass von Lucky, obwohl seine Kneipe nur von bescheidenen Gesetzesbrechern besucht wurde, auch prima Informationen über die Großen zu holen waren.
Wir hatten das Pech, Lucky Poth bei schlechter Laune anzutreffen. Mit wütend gefaltetem Doppelkinn schob er sich hinter der Theke hin und her. Sein Bauch wackelte unter der Schürze, und er schimpfte mit den beiden Ex-Boxern, die bei ihm als Kellner fungierten.
Der Laden war trotz der frühen Abendstunde voll wie die Arche Noah, und ich musste zwei Leuten freundlich auf die Schulter klopfen, damit wir einen Platz an der Theke fanden. Sie sahen sich höchst unfreundlich um, aber dann trollten sie sich widerspruchslos, denn in solchen Kneipen wird jeder, der einen Hut und eine Krawatte trägt, sofort als G-man erkannt, und sie müssen schon sehr betrunken sein, wenn sie sich mit uns anlegen.
Wir schwangen uns auf die Hocker und winkten Lucky zu uns. Ich glaube, sein Doppelkinn bekam noch eine Falte mehr, als er uns sah.
»Zwei«, sagte ich und hielt zwei Finger hoch.
»Verzollt oder unverzollt?«, fragte er mit seiner hohen, fetten Stimme. Unverzollter Schnaps kostete bei Lucky nur die Hälfte des verzollten, obwohl die Steuer nur vierzehn Prozent betrug. Das war Luckys private Rache am
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