KR088 - Ich fing den Fänger
Dort blieben wir stehen und ließen alle anderen G-men an uns vorübergehen.
Er sah sich um. Ich merkte, wie er Angst bekam. Schließlich trieb ihm die Furcht die Zähne auseinander.
»Warum gehen wir nicht weiter?«, fragte er. »Ich will in ein Untersuchungsgefängnis, und ich will einen Anwalt haben.«
»Mir scheint, du ahnst, was dir blüht«, antwortete ich ruhig.
»Das könnt ihr nicht machen«, schrie er. »Ihr seid Beamte. Ihr habt euch an eure Vorschriften zu halten.«
»Ein Irrtum«, sagte Phil aus dem Hintergrund, während er sich eine Zigarette ansteckte. »Wir sind keine Beamten. Wir sind aus dem FBI hinausgeworfen worden, und was immer wir mit dir tun, wir riskieren höchstens, nie wieder eingestellt zu werden.«
Er sah uns verständnislos an. Der letzte G-man ging an uns vorbei der Straße zu.
Ich packte Brents Arm und drückte ihn gegen die Haustüröffnung des Neubaues. Es roch nach frischem Mörtel und Kalk.
Wir bugsierten ihn in den ersten Raum. Die Decke war noch nicht eingezogen. Ein Stern schimmerte von oben. Durch die Fensteröffnung drang das Motorengeräusch der abfahrenden Polizeiwagen.
»Offenbar hast du die Andeutungen meines Freundes vorhin nicht verstanden«, sagte ich. »Es stimmt, wir haben uns aus dem FBI entlassen lassen, um nicht durch die Vorschriften gehandikapt zu sein. Als Beamte sind wir gezwungen, selbst einen Kidnapper mit Glacehandschuhen anzufassen. Als, sagen wir, Privatleute, die die Jagd auf euch zum Sport betreiben, können wir euch so behandeln, wie ihr es allein verdient.« Ich trat ganz nahe an ihn heran: »Und ich werde dich so behandeln«, sagte ich ganz leise.
»Du weißt ja schon, wie man sich in einer Baugrube voller Wasser fühlt. Mir soll es nicht darauf ankommen, dich ein zweites Mal hineinzuwerfen, aber dann lassen wir dich darin, bis du ersäufst.«
»Das wäre Mord…«, stammelte er.
Ich lachte kurz und hart. »Wer hat den Pinkerton-Mann erschossen? Wer den Angestellten der › Argus‹ ?«
»Das war Crush«, beteuerte er. »Crush schoss ihn in den Hinterkopf und ließ uns dann ein. Das Feuergefecht veranstalteten wir nur zum Schein.«
»Ich weiß«, antwortete ich, »aber wer erschlug Crush?«
Er antwortete nicht. Ich dachte an all die Kinder, die dieser gemeine Verbrecher in den Klauen gehabt, geängstigt, vielleicht gequält hatte.
Phil hielt sein Gesicht unbarmherzig im Schein der Taschenlampe fest. »Nun?«, fragte ich.
»Wir – wir taten es alle zusammen«, stieß er hervor. »Und wir taten es nicht freiwillig, denn der Chef zwang uns.«
Ich zuckte die Achseln.
»Der Richter mag feststellen, wer Andrew Crush den Schädel zertrümmerte. Beteiligt wart ihr jedenfalls alle daran. – Aber auf eine andere Frage wirst du mir eine klare und eindeutige Antwort geben. Wer ist dein Chef? Wie heißt er? Wo kann ich ihn finden?«
Ein Gangster verrät den Boss seiner Bande nicht leicht. Solange sich das Haupt noch in Freiheit befindet, kann er immer hoffen, dass der Chef ihm einen guten Rechtsanwalt besorgt und auf jede Weise versucht, ihn herauszupauken, denn er kann ihn ja jederzeit der Polizei verraten. Brent mochten die gleichen Gedanken durch den Kopf gehen. Ich sah, wie er die Lippen zusammenpresste. Er war entschlossen zu schweigen.
»Du glaubst vielleicht noch nicht, dass wir es ernst meinen«, sagte ich langsam. »Denkst du, dein Chef rührt einen Finger für dich? Warum musstet ihr Crush umlegen?«
»Die Polizei war hinter ihm her. Er hätte uns alle verpfiffen.«
»Hat der Fänger das gesagt? Es stimmt nicht. Die Polizei suchte nicht nach Andrew Crush. Sie hatte ihn überhaupt nicht im Verdacht.«
Ich sah, dass diese Behauptung wirkte, obwohl sie nicht der Wahrheit entsprach.
»Habt ihr nicht auch Anweisung, Jimmy Zoupe zu töten, sobald ihr ihn nur vor den Revolverlauf bekommt?«, schlug ich weiter in die Kerbe. »Ich werde dir genau sagen, was der Fänger tut, wenn er merkt, dass ihr alle aufgeflogen seid. Er wird schleunigst versuchen, außer Landes zu kommen, und zwar mit all den schönen Dollars, für die ihr die schmutzige Arbeit geleistet habt.«
Ich warf die Zigarette fort und nahm ihn mit beiden Händen an den Jackettaufschlägen.
»Hör zu, Brent«, sagte ich. »Ich habe verdammt kein Mitleid mit Leuten, die das dreckigste Geschäft betreiben, das es auf dieser Erde gibt. Ich gebe dir noch zehn Sekunden.«
Ich trat zurück und blickte auf die Armbanduhr. Der Sekundenzeiger tickte in rasender Eile. Sieben, acht,
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