Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Krabat (German Edition)

Krabat (German Edition)

Titel: Krabat (German Edition)
Autoren: Otfried Preußler
Vom Netzwerk:
ich sein, mich zu ruinieren! Ich biete dir zweiundzwanzig und dies ist mein letztes Wort.«
    Es schien so, als habe der Handel sich festgefahren. Da schob sich, bei jedem Schritt wie ein Walross schnaufend, ein unförmig dicker Mann durch die Menge. Sein Froschgesicht mit den runden Glupschaugen glänzte von Schweiß. Er trug einen grünen, mit Silberknöpfen besetzten Frack, eine protzige Uhrkette über der roten Samtweste und am Gürtel, gut sichtbar für jedermann, eine pralle Geldbörse.
    Ochsenblaschke aus Kamenz war einer der reichsten und wohl der gerissenste aller Viehhändler weit und breit. Er schob Leuschnern und Neubauers Gustav beiseite, dann rief er mit seiner lauten, polternden Stimme: »Wie kommt denn, zum Kuckuck, der fette Ochs an den dürren Bauern? Ich nehm ihn für fünfundzwanzig.«
    Tonda kratzte sich hinterm Ohr. »Bisschen wenig, Herr  … «
    »Bisschen wenig? Na hör mal!«
    Blaschke zog eine große silberne Schnupftabaksdose hervor, ließ den Deckel aufschnappen, hielt sie Tonda hin. »Prise gefällig?« Erst schnupfte er selber, dann ließ er den alten Wenden schnupfen.
    »Haptschi – dass es wahr ist!«
    »Zum Wohlsein, Herr!«
    Ochsenblaschke schnäuzte sich in ein großes kariertes Taschentuch. »Also siebenundzwanzig, in Teufelsnamen – und her mit ihm!«
    »Bisschen wenig, Herr.«
    Blaschke lief rot an. »He – wofür hältst du mich? Siebenundzwanzig für deinen Ochsen und keinen Hosenknopp drüber, so wahr ich der Ochsenblaschke aus Kamenz bin!«
    »Dreißig, Herr«, sagte Tonda. »Für dreißig bekommt Ihr ihn.«
    »Das ist Wucher!«, rief Blaschke. »Willst du mich auf den Hund bringen?« Er verdrehte die Augen, er rang die Hände. »Hast du kein Herz im Leib? Bist du blind und taub für die Not eines armen Handelsmannes? Lass dich erweichen, Alter, und gib mir den Ochsen für achtundzwanzig!«
    Tonda blieb ungerührt. »Dreißig – und basta! Der Ochs ist ein Prachtstück, den geb ich nicht unterm Preis her. Ihr ahnt nicht, wie schwer ich mich von ihm trenne. Müsste ich meinen eigenen Sohn verkaufen, das könnte nicht schlimmer sein.«
    Ochsenblaschke sah ein, dass er hier nicht weiterkam. Aber der Ochs war ein kapitaler Bursche. Wozu also Zeit verschwenden mit diesem wendischen Dickschädel?
    »Gib ihn schon her, in Dreiteufelsnamen!«, rief er. »Ich hab meinen weichen Tag heut, da lass ich mich um den Finger wickeln, das ist mein Nachteil. Und alles nur, weil ich ein Herz für die armen Leute habe. Die Hand drauf – und topp!«
    »Topp!«, sagte Tonda.
    Dann nahm er die Mütze herunter und ließ sich von Blaschke die dreißig Gulden hineinzählen, Stück für Stück.
    »Hast du mitgezählt?«
    »Hab ich.«
    »Dann her mit dir, Wendensohn!«
    Ochsenblaschke nahm Andrusch beim Strick und wollte ihn wegzerren, Tonda jedoch hielt den Dicken am Ärmel zurück. »Was gibt’s?«, fragte Blaschke.
    »Nu ja«, sagte Tonda und tat verlegen. »Bloß eine Kleinigkeit.«
    »Nämlich?«
    »Wenn der Herr Blaschke so gut wär und möcht mir den Kopfstrick dalassen, tät ich’s ihm danken  … «
    »Den Kopfstrick?«
    »Zum Andenken. Weil der Herr Blaschke doch wissen sollte, wie schwer ich mich von dem Ochsen trenne. Ich geb ihm auch einen Ersatz dafür, dem Herrn Blaschke – damit er ihn wegführen kann, meinen armen Ochsen, der ja nun ihm gehört  … «
    Tonda löste den Strick, den er um die Hüften trug. Blaschke erlaubte ihm achselzuckend, ihn gegen den Kopfstrick des Ochsen auszutauschen. Dann rückte der Händler mit Andrusch ab; und kaum war er um die nächste Ecke, da fing er zu schmunzeln an – denn er hatte zwar dreißig Gulden für Andrusch bezahlt und das war ein gesunder Preis: doch in Dresden, da sollte es ihm nicht schwer fallen, diesen Staatsochsen für das Doppelte an den Mann zu bringen, vielleicht auch für mehr.
     
    Am Waldrand hinter den Teichhäusern ließen sich Tonda und Krabat im Gras nieder um auf Andrusch zu warten. Sie hatten in Wittichenau ein Stück Speck und ein Brot gekauft, davon aßen sie nun.
    »Du warst gut!«, sagte Krabat zu Tonda. »Du hättest dich sehen müssen, wie du dem Dicken die Goldstücke aus der Nase gezogen hast: Bisschen wenig, Herr, bisschen wenig  … Ein Glück nur, dass du zur rechten Zeit an den Kopfstrick gedacht hast; den hätte ich glatt vergessen.«
    »Alles Gewohnheit«, versicherte Tonda leichthin.
    Sie hoben ein Stück von dem Brot und vom Speck für Andrusch auf, wickelten beides in Krabats Kittel
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher