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Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman

Titel: Krach der Kulturen um einen Fahrstuhl an der Piazza Vittorio - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verlag Klaus Wagenbach
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McDonald’s!«. Ich kenne die Geschichte dieser neuen Barbaren – schließlich bin ich ja Historiker, nicht wahr? Diese Leute repräsentieren die Kontinuität der gründlich schiefgegangenen Studentenrevolution von 1968. Arme Irre. Sie dachten, sie könnten die Welt mit Maos Roter Bibel und den technologiefeindlichen Schriften von Herbert Marcuse ändern. Viele dieser Verlierer reiten jetzt auf der Welle des Umweltschutzes, um an die Macht zu kommen. Der Beweis ist der ehemalige französische Studentenführer Daniel Cohn-Bendit, der mittlerweile einen Sitz im Europäischen Parlament hat. Und nicht zu vergessen, dass die Grünen in Deutschland der Regierung angehören! Ich habe Amedeo eine einzige, sehr knappe Frage gestellt und ihn gebeten, mir mit Ja oder Nein zu antworten:
    »Bist du ein Grünen-Aktivist?«
    Er antwortete, ohne zu zögern: »Nein.«
    Erleichtert atmete ich tief durch, öffnete die Aufzugtür und verfluchte die antiken, die modernen und die postmodernen Barbaren.
    Fragen Sie mich nicht, wer der Mörder ist. Ich bin ein Universitätsprofessor und nicht Inspektor Columbo. Apropos: Wissen Sie, wie sich der junge Mann nannte, der tot im Aufzug gefunden wurde? Il Gladiatore. Das reicht doch, um zu belegen, wie unterentwickelt die Römer sind und wie krankhaft sie an der Vergangenheit kleben. Ausgeschlossen, in Mailand jemanden zu finden, der sich so rufen lässt. So etwas gibt es nur im Süden.

Sechster Wolfsgesang
    Dienstag, 4 . Dezember, 23 . 08 Uhr
    Ich bin mit Stefania ins Tibur-Kino in San Lorenzo gegangen. Wir sahen uns
So haben wir gelacht
von Gianni Amelio an. Der Streifen hatte bei den Filmfestspielen in Venedig den Goldenen Löwen gewonnen und erzählt die Geschichte italienischer Emigranten, die bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ihre Städte und Dörfer in Süditalien verließen und nach Norden zogen, um in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft dort zu arbeiten und ihr Brot zu verdienen. Den Arbeitern aus dem Süden ist der industrielle Aufschwung des Nordens und das Florieren der Fiat-Werke zu verdanken. Ich verstehe nicht, warum Antonio Marini die Leute aus dem Süden der Faulheit und des mangelnden Glaubens an die Zukunft bezichtigt.
    Freitag, 4 . Juni, 22 . 50 Uhr
    Heute habe ich Antonio Marini zufällig in der Bibliothek der Sapienza getroffen. Wir sprachen lange über das römische Imperium und über Fragen des Kolonialismus im Allgemeinen. Ich sagte ihm, dass meiner Ansicht nach jene Völker, die sich im Lauf der Geschichte Kolonialherren unterwerfen mussten, eine erhebliche Mitverantwortung daran getragen hätten. Ich reflektierte über das Konzept der »Kolonisierbarkeit« des algerischen Intellektuellen Malek Bennabi. Danach entsteht Kolonisierbarkeit – also die Chance, die eine Gesellschaft den Kolonialherren gibt, sie zu unterwerfen – auf dem Boden eines Verrats unter Brüdern. Möge Bocchus, Jugurthas Verräter, der sich an die Römer verkaufte, samt seiner Gefolgsleute für immer verflucht sein! Auuuuu …
    Donnerstag, 15 . November, 22 . 48 Uhr
    Marini beklagt sich häufig über die Busfahrer. Er sagt, sie arbeiteten nicht, wie es sich gehöre, und deshalb solle man sie nach Mailand schicken, damit sie von ihren dortigen Kollegen lernen könnten. Er wird nicht müde zu wiederholen, dass die Einheit Italiens ein Verbrechen am Norden sei und der Süden eine schwere Bürde für die Menschen im Norden. Wäre ich Buddhist, würde ich sagen, dass dieser Mann sich als Obergockel reinkarniert hat, weil er so viel – zu viel! – herumkräht.
    Montag, 9 . April, 23 . 44 Uhr
    Stefania hat Recht, wenn sie Antonio Marini einen Hilfssheriff nennt. Zu meinem großen Glück benutze ich den Aufzug nicht, so halte ich mich weit abseits seiner Obsession. Dieser Mann ist mit einer neuen Krankheit geschlagen, der »Fahrstuhlmanie«, einer Paranoia nicht unähnlich. Immer und immer wieder erklärt er, dass der Aufzug für Zivilisiertheit und Kultur stehe und dass der grundlegende Unterschied zwischen Zivilisierten und Barbaren zuallererst im Schutz des Aufzugs liege.
    Samstag, 12 . August, 22 . 54 Uhr
    Heute Abend empfahl mir Marini, doch mit dem Aufzug zu fahren. Er sagte, dass Treppen den Oberschenkelhals brechen ließen, Herzinfarkt verursachten und noch andere schreckliche Dinge. Er bat mich, zur nächsten Hausversammlung zu kommen, wo man über den Aufzug sprechen würde. Er nahm meine Hand, sah mir geradeaus in die Augen und sagte: »Ich weiß, dass du der einzige kultivierte Mensch

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