Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)
mit dieser Aussage auf dünnem Eis, doch diese Retourkutsche hatte er sich nicht verkneifen
können.
„Beides?“, gab Jo fragend zurück.
„Quatsch. Wie heißt du eigentlich richtig?“ Gregor lenkte bewusst in eine andere Richtung. Er hatte das Gefühl, bei diesem Mann würde er seine Gedanken aussprechen,
ehe der Verstand einen Riegel vor seinen Mund schob.
„Joachim, aber so nennt mich nur meine Mutter.“ Er lächelte gewinnend und Gregor konnte nicht vermeiden, wiederholt diese blauen Augen zu bewundern, die von kleinen
Lachfältchen gesäumt wurden.
„Okay. Ob ich eine Runde mitfahre, mache ich davon abhängig, was du zu meiner umschwärmten Knobibutter sagst. Abgemacht?“
Jo nickte. „Klar. Aber beschwer dich nachher nicht, ich würde nach Knobi riechen, wenn du hinter mir sitzt.“
„So schnell geht das ja auch nicht!“
Jo wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch Gregor wurde stürmisch von Marion begrüßt – der Nachbarin von Markus und Tanja. Die rothaarige Mittfünfzigerin hatte
einen Narren an Gregor gefressen und versuchte jedes Mal, wenn sie sich trafen, ihn zu umgarnen. Er konnte sie noch so oft abblitzen lassen, sie gab einfach nicht auf. Auch diesmal blieb sie
hartnäckig an seiner Seite. Gregor wunderte sich, dass sie ihn allein aufs Klo gehen ließ. Wobei sie ihm sicherlich gerne auch dorthin gefolgt wäre.
Er kam kaum dazu, weitere Worte mit Jo zu wechseln. Der stand gemeinsam mit Markus am Grill und trank Mineralwasser. Sehr beruhigend für Gregor, wenn er an die bevorstehende Fahrt
dachte.
Als Marion endlich auch einmal zur Toilette musste, nutzte Gregor die Gunst der Stunde. Er nahm seine Butter aus der Küche, ein Stück Weißbrot und ging zum Grill
hinüber.
„Macht ihr zwei das auch richtig?“, neckte er.
„Hey, ich bin der Grillmeister der Familie!“, brüstete Markus sich mit seinem Können.
„War ein Scherz“, erwiderte Gregor. „Vielleicht brauche ich später mal deinen Helm – je nachdem, was Jo zu meiner Knobibutter sagt.“
„Kannst du gern haben, der hängt in der Garage. Ich fahre ja nicht mehr.“ Markus sah leicht zerknirscht aus. Tanja zuliebe hatte er sein Motorrad hergegeben, weil sie vor Sorge
beinahe umkam, wenn er damit unterwegs war.
„Gib mal ’ne Ecke“, forderte Jo.
„Das ist die geilste Butter, die du je probiert hast!“, gab Markus an.
„Jetzt übertreib mal nicht“, wies Gregor seinen Cousin zurecht. Anschließend nahm er das Brot, dippte eine Ecke in die Butter und hielt Jo das Stück entgegen. Da
dieser Grillhandschuhe trug, konnte er es nicht annehmen. Stattdessen sperrte er den Mund auf. Eine Aufforderung ihn zu füttern. Gregor zog fragend eine Braue nach oben, schob Jo dann aber
doch das Stück Brot zwischen die Lippen. Sein Finger streifte dabei die Unterlippe, und er fragte sich, wie es sich anfühlen würde, wenn diese auf seinen Mund träfe. Schnell
schob er den Gedanken beiseite.
Markus sah Jo durchdringend an, als der kaute.
„Und? Was meinst du?“
Jo schluckte, sah Gregor an und lächelte verschmitzt, ehe er sich über die Lippen leckte.
„Markus hat recht. Ist geil.“
Gregor blieb die Erwiderung fast im Hals stecken. Er war sich beinahe sicher, dass Jo nicht die Butter gemeint hatte. Markus schien es nicht bemerkt zu haben, denn er grinste wie ein
Honigkuchenpferd.
„Ich hab`s dir ja gesagt.“
„So wie es aussieht, sitze ich nachher hinter dir auf der Maschine“, sagte Gregor zu Jo, der gerade die Grillhandschuhe abstreifte.
„Ich freu mich“, erwiderte er. „Nach dem Essen?“
„Gern.“ Er nickte Jo zu und ergänzte still:
Damit werde ich auch Marion los.
Sehr zu seinem Missfallen gesellte diese sich gerade an seine linke Seite. Er lächelte gequält.
„Hier steckst du. Musst du nachsehen, ob die Kerle das auch ordentlich machen?“, säuselte sie ihm zu.
„Nein, die können das. Jo musste meine Butter probieren“, erklärte er ehrlich.
„Oh ja. Wie du die hinbekommst, ist mir ein Rätsel. Ich schaffe es nicht, die Mischung von Knoblauch und Schnittlauch so abzustimmen, dass es schmeckt wie bei dir.“
Gregor verdrehte die Augen. „Nicht Schnittlauch, Marion. Ich hab doch schon so oft gesagt, dass da Schnittknoblauch drin ist.“
„Für mich ist das beides dasselbe, sieht gleich aus.“
„Nein, Schnittlauch ist rund, Schnittknoblauch nicht“, warf Jo ein und grinste.
Marion zog einen Schmollmund, bedachte die Männer mit einem verärgerten Blick und
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