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Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)

Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)

Titel: Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raik Thorstad , Jannis Plastargias , C. Dewi , Gerry Stratmann
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Ausbruch hat sich gelohnt.
    Tief befriedigt seufzt Georg, greift mit schwerelosen Armen hinter seinen Kopf und löst die Augenbinde. Wenige Blinzler später ist die Sicht klar. Behutsam rutscht er von seinem
Sitzplatz.
    Auf dem Weg zum Paravent schweifen seine Blicke durch den Raum. Er sieht die Halterungen, in denen er zu Beginn festgemacht war, und einen kleinen Tisch.
    Neugierig tritt er näher und betrachtet die Utensilien da- rauf. In einer Apothekerflasche mit Glasstopfen schimmert eine farblose, ölige Flüssigkeit. “Zingiber officinale,
Konz. 95%

steht auf dem Etikett. Daneben sieht er saubere, blütenweiße Baumwolltücher und medizinische Klebestreifen. Links davon ruht in einer Keramikschale
beigebraunes Granulat, der dazugehörige Stößel liegt nicht weit. Direkt vor ihm erkennt er eine frische Ingwerknolle von beachtlicher Größe. Die frischen Schnittstellen
verraten, woher die unlängst benutzten Spielzeuge stammten. Fein säuberlich sind Schälmesser in drei Größen in einer Stahlschale untergebracht.
    Georgs Augen bleiben an einer Flasche Milch hängen, die mit größter Selbstverständlichkeit das Equipment ergänzt. Offensichtlich hat man an die Nachsorge gedacht.
    Wenige Minuten später betrachtet Georg sich im mannshohen Spiegel hinter dem Paravent. Abgesehen von ein paar leuchtenden Rötungen an eindeutigen Stellen hat die Behandlung keine
äußeren Spuren hinterlassen. Dennoch reibt Georg unter der angrenzenden Dusche sorgfältig alle betroffenen Partien vorsichtig mit Milch ein, spült nach und genießt die
lindernde Flüssigkeit.
    Sein Kopf ist klar, sein ganzes Ich wirkt befreit von einem viel zu engen, dorngespickten Panzer.
    Leise summt Georg vor sich hin, als er sich anzieht und den Club verlässt.
    Erst zu Hause überkommt ihn eine große Erschöpfung. Es ist nicht die Müdigkeit nach sinnlosen Kämpfen und verschwendeten Tagen. Viel eher fühlt Georg sich getragen
und belohnt durch eine wohlverdiente Mattigkeit. Der Mann im Badezimmerspiegel ist ein anderer als jener, der ihn heute Vormittag im Waschraum des Büros angestarrt hat.
    Kurze Zeit bleibt Georg noch wach, nachdem er es sich in seinem breiten Bett gemütlich gemacht hat. Er denkt an Sam und ist froh, dass sie sich keine Wohnung teilen. An Tagen wie diesen
wird Georg bewusst, wie sehr ihr Miteinander davon profitiert. In Vorfreude auf ihre morgige Verabredung schläft Georg ein.
     
    Es zischt und blubbert aus Sams Küche, würzige Duftschwaden wallen Georg entgegen, als er die Wohnung seines Freundes betritt.
    „Du hast nicht gesagt, dass du kochst“, staunt er, umarmt den anderen rücklings, drückt einen Kuss auf den sonnenbraunen Nacken und sieht sich nach Getränken um.
    Er findet eine angebrochene Wasserflasche, bedient sich und setzt sich auf den Esstisch.
    Der derbe Jeansstoff spannt für einen Moment an den Oberschenkeln, reibt an der Haut, die sich an den gestrigen Abend erinnert.
    Georg schließt die Augen und muss sich ein wenig zurechtrutschen. Oberflächlich betrachtet sind keine Spuren auf ihm zurückgeblieben, erst vor einer Stunde hat er sich ausgiebig
untersucht. Das gereizte Prickeln in seinem Hintern hingegen ist auf gute Weise gegenwärtig, ebenso wie die lang vermisste Ruhe in seiner Seele. Schon den ganzen Morgen genießt er den
zufriedenen Einklang mit sich selbst. Ihm ist nach Feiern zumute.
    Den Mann vor dem Herd beim Rühren und Schnippeln zu beobachten, ist eine wahre Freude. Georg könnte stundenlang die schönen Hände bei ihrem Tun beobachten.
    An Sams rechtem Unterarm bemerkt er einen dreistriemigen Kratzer.
    „Was hast du denn da gemacht?“, fragt er im Nähertreten und nimmt die Verletzung in Augenschein.
    Sam zuckt mit den Schultern. Offenbar sieht er keine Notwendigkeit, seine Arbeit zu unterbrechen.
    „Frauen verlieren schon mal die Kontrolle, wenn sie ein Kind kriegen. Ganz besonders, wenn es nicht so läuft wie im Fernsehen.“
    Mit dieser Bemerkung entzieht er sich der sanften Berührung an der verletzten Stelle und weist Georg an, den Tisch zu decken. Der nickt, schnuppert genüsslich Richtung Pfanne und
stutzt.
    „Was zauberst du da eigentlich zusammen?“
    Seine Stimme kiekst ein bisschen, nicht nur wegen der gestrigen Beanspruchung. Georg merkt, wie seine Atemfrequenz ansteigt.
    „Rinderfilet mit Ingwergemüse“, sagt Sam leichthin und löscht den Inhalt des gusseisernen Tiegels mit einem ordentlichen Schuss Sherry.
    Hastig öffnet Georg den Geschirrschrank

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