Kräuter-Code: Zehn Kurzgeschichten aus dem schwulen Leben (German Edition)
ging.
„Weiber!“, amüsierte sich Markus.
„Du müsstest Launen ja gewohnt sein“, entgegnete Gregor.
„Fang ja nicht damit an, wir haben noch ein halbes Jahr vor uns ...“
Jo lachte: „Wie schön, dass ich damit nichts am Hut habe!“
„Glückspilz“, murmelte Markus.
Gregor konnte nicht ganz folgen und sah von einem zum anderen.
„Ach, das hat er nicht erwähnt, was? Ich bin schwul“, erklärte Jo mit einer Selbstverständlichkeit, als würde er über den heutigen Sonnenschein sprechen.
„Ach so, jetzt hab ich kapiert“, versuchte Gregor zu scherzen, obwohl ihm sein Herz bis zum Hals schlug.
„Stört dich das?“, fragte Jo angriffslustig.
„Nicht im Geringsten! So, wie ich dich bisher kenne, bist du ja nicht weniger Kerl, als wir anderen.“
„Sicher nicht.“
„Leute, das Fleisch ist gleich durch!“, brüllte Markus anschließend quer durch den Garten.
Das Essen wurde ein voller Erfolg. Gregors Knobibutter war schneller leer, als er erwartet hatte. Er nahm sich vor, in Zukunft noch größere Portionen zu machen, wenn Ähnliches
geplant war. Während er aß, wurde er stetig von Marion vollgequasselt, die sogar mit vollem Mund nicht aufhörte, belangloses Zeug zu faseln.
Als Gregor sich den letzten Happen Grillfleisch in den Mund schob, legten sich zwei Hände auf seine Schultern. Jo tauchte links neben seinem Kopf auf.
„Ich hole schon mal den Helm – bis gleich“, sagte er.
„Gehst du etwa schon?“, fragte Marion daraufhin an Gregor gerichtet.
„Wir machen nur eine Rundfahrt“, redete er sich heraus. Er war froh, wenn er die anhängliche Quasseltante los wurde. Rasch trank er seine Cola leer und stand auf.
„Bis gleich!“, rief er über die versammelte Gruppe hinweg und lief durchs Haus.
Vor der Tür wartete Jo, mit dem blauen Helm von Markus in der Hand.
„Danke. Du hast mich vermutlich davor bewahrt, dass mir mein rechtes Ohr abfällt“, witzelte Gregor.
Jo lachte herzlich. „Das nenne ich Glück - mit nur einem Ohr würdest du sicher nur halb so gut aussehen.“
Gregor blinzelte ungläubig.
„Guck nicht so, ich hab’s dir doch gesagt …“
„Schon gut. Wohin geht die Fahrt?“
„Mir egal, magst du lieber rasant oder gemütlich?“
„Hm, beides. Ich würde sagen, fahr einfach drauf los, ich lass mich dann überraschen“, meinte Gregor und nahm Jo den Helm ab.
Nebeneinander gingen sie zur Maschine. Jo setzte seinen Helm auf, und Gregor tat es ihm nach. Er war überaus froh über diese Kopfbedeckung, denn als Jo sich auf den Sitz schwang,
gaffte Gregor unverhohlen auf den ansehnlichen Arsch in der Jeans.
Jo ließ die Maschine an und gab Gregor mit einem Kopfnicken das Zeichen, sich hinter ihn zu setzen. Kaum hatte er seinen Platz eingenommen, ließ Jo die Maschine vom Rinnstein
wegrollen.
„Festhalten!“, brüllte er durch den Helm, dennoch kam es nur gedämpft bei Gregor an.
Das Bike setzte sich in Bewegung. Gregor saß nah an Jo dran, spürte dessen Körperwärme, hatte die Hände auf dessen Hüften liegen. Er roch das Aftershave und Jos
eigenen Geruch durch das leicht aufstehende Visier. Dieser Mann war gefährlich! Nicht im eigentlichen Sinne, aber für Gregors wohlgehütetes Geheimnis.
Sie fuhren aus dem Ort, die Landstraße entlang. Das Tempo nicht zu hoch, aber auch nicht so langsam, dass die Fahrt langweilig wurde. In den Kurven hielt Gregor sich stärker an Jo
fest, verlagerte ebenso wie der sein Gewicht. Durch den nächsten Ort fuhren sie gemächlich.
„Gefällt’s dir?“, erkundigte sich Jo laut.
„Und wie!“, erwiderte Gregor ebenso lautstark. Er hörte das Lachen von Jo, dachte, er würde am liebsten ewig hinter diesem Kerl sitzen bleiben, sich an ihn schmiegen und
dieses Gefühl der Nähe genießen.
Aus dem Ort heraus beschleunigte Jo das Motorrad stark, sodass Gregors Herz vor Aufregung ein paar Takte schneller schlug. Das nächste Stück Landstraße war kurvenreich und
führte durch ein Waldstück. Kaum hatten sie dieses erreicht, bog Jo in einen Waldweg ab. Er fuhr gerade so tief hinein, dass die Straße aus dem Blickfeld verschwand.
„Was ist?“, erkundigte sich Gregor, als Jo die Maschine ausmachte und die Stütze runterklappte.
Das Bike kippte ein Stück zur Seite, ehe es Halt fand. Jo zog den Helm ab und drehte Gregor den Kopf zu.
„Nimm deinen Helm ab“, forderte er.
Gregor schluckte, tausend Gedanken stürmten in seinem Kopf wild durcheinander. Dennoch zog er ohne Zögern den Helm aus.
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