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Kräuterkunde

Kräuterkunde

Titel: Kräuterkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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ebenso wie für die Verwandlung und Veredlung der Metalle und Mineralien.
Sulfur, Merkur und Sal
    Für die mystischen Laboranten ließ sich die Dynamik der Schöpfung auf drei Urprinzipien reduzieren.
    Sal (Salz, Corpus) ist die Bezeichnung für das verdichtende, saugende, zusammenziehende, verfestigende, zentripetale Prinzip. In der alchimistischen Symbolik wurde es oft als Totenschädel oder Kristall dargestellt.
    Sulfur (Phosphor, Animus, Anima) ist das flüchtige, auflockernde, verströmende, ausweitende zentrifugale Prinzip, das im polaren Gegensatz zu Sal steht. Sulfur wurde oft als Sonne oder als gelber Löwe dargestellt.
    Mercurius (Quecksilber, Spiritus) ist das verbindende Prinzip; es vermittelt zwischen dem zusammenziehenden und auflösenden Pol. Das Symbol des Mercurius war oft ein Vogel.
    Selbstverständlich lassen sich diese drei alchimistischen Urprinzipien auch im Pflanzenleben ausmachen. In den mit dem mineralischen Untergrund verbundenen Wurzeln herrscht das Sal-Prinzip vor. Die Wurzeln sind der saugende, aufnehmende, zentripetale Pol der Pflanze.
    In der den Wurzeln polar entgegengestellten Blüte kommt das zentrifugale Sulfur-Prinzip am stärksten zum Ausdruck. Die Blüte nimmt nichts auf, sondern gibt sich duftend, verstäubend und anschließend versamend der Umwelt hin.
    Das vermittelnde Merkurprinzip befindet sich hauptsächlich in dem grünen Blattwerk.
    Die Alchimisten verstanden ihre Aufgabe darin, die Schöpfung zu verfeinern und zu veredeln. Die Natur galt ihnen als noch roh und unvollkommen. Die in der Erde langsam reifenden Metalle sollten im Labor zu edlem Gold geläutert und von groben Unreinheiten befreit werden. Indem er sich der Läuterung der Natur widmete, glaubte der Alchimist die Läuterung seiner eigenen unvollkommenen Seele zu erfahren. Also schmolz er Metalle und fügte sie, wenn die Planeten gut aspektiert waren, zu ständig neuen Legierungen zusammen. Er tat das in der Hoffnung, schließlich alles in Gold verwandeln zu können.
    Auch Pflanzen holte der Urchemiker in sein Labor, löste sie in ihre Bestandteile auf und fügte sie neu zusammen, damit die vom Unrat geläuterten Heilkräfte besser zur Wirkung kommen konnten.
Spagyrik
(vom Griechischen
spagein
= trennen und
ageirein
= verbinden) nannten sie diese Kunst und verstanden darunter das Trennen und anschließende Wiederzusammenfügen von Körper (
Corpus
), Geist (
Spiritus
) und Seele (
Anima, Animus
) einer Heilpflanze. Wie das geschehen sollte, wollen wir hier etwas näher betrachten, denn es gibt uns Aufschluß über das Wesen der Pflanze.
    Die Spagyriker begannen, indem sie die Heilkräuter mit Wasser in einem verschlossenen Glaskolben (
Alembic
) erhitzten und die ätherischen Öle (der flüchtige Sulfur) herausdestillierten. Wichtig war, daß das Werk bei der geeigneten Sternenkonstellation vorgenommen wurde. Die durch Wasserdampf herausgelösten flüchtigen, aromatischen Öle wurden als die »Seele« der Pflanze identifiziert. Der nächste Arbeitsgang bestand darin, die nach der Destillation verbliebene Pflanzensuppe zu vergären und den als Geist (Spiritus) identifizierten Äthylalkohol abzufangen. Der Matsch, der danach übrigblieb, wurde im Ofen (
Athanor
) kalziniert, das heißt zu Asche verbrannt. Diese Asche galt als Salz oder Körper (Corpus) der Pflanze.
    Nachdem man Sulfur, Mercurius und Sal oder Seele, Geist und Körper der Pflanze voneinander getrennt hatte, konnte man sie gezielt als Heilmittel einsetzen. Parfüme, geistige Getränke, Liköre und verschiedene Heilsalze waren das praktische Resultat.
    Die skurrilen Gedankengänge, die den rauchigen Alchimistenlabors entsprangen, sind nicht jedermanns Sache, und viele Annahmen, etwa, daß die Natur der Verbesserung bedürfe, können in Frage gestellt werden. Dennoch verbirgt sich hinter der verbrämten Symbolik manch tiefe Einsicht. Wir haben schon erläutert, warum man das Wurzelsystem der Flora als eine Art makrokosmischen Kopf verstehen kann. In beiden, in der Wurzel wie im Kopf Nervensystem, ist das saugende, anziehende, verdichtende, zentripetale Sal-Prinzip wirksam. Wie das Wurzelgeflecht, das die notwendigen Elemente aufspürt und aufsaugt, funktioniert unser Sinnes-Nervensystem, das ständig notwendige Informationen aufnimmt und assimiliert. Geräusche, Gerüche, Flüssigkeiten und feste Nahrungsstoffe (Geschmack) werden durch die im Kopf befindlichen Sinnestore in den menschlichen Organismus aufgenommen.
    Wir haben auch schon gesehen, wie das

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