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Kräuterkunde

Kräuterkunde

Titel: Kräuterkunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf-Dieter Storl
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– vorausgesetzt, man meditiert tief in sich hinein.
    Die Seele sitzt tief im warmen Leib, im Herz, im Bauch, in den Nieren, nicht nur im Kopf. Der Kopf ist kalt, abstrahierend rational. Die Seele ist warm, sie arbeitet mit bunten Bildern. Wie therapiert man also eine angeschlagene, verwundete Seele, deren Pein sich früher oder später in physischen Krankheitssymptomen äußert? Die schamanistischen Heiler erzählen Märchen, singen, tanzen und stellen den Heilprozeß schauspielerisch dar. Das löst tiefe Resonanzen aus. Dazu verabreichen sie Heilkräuter, die nicht nur die allgemeine Lebenskraft stärken oder organspezifisch wirken, sondern auch in Legende und Folklore mit den Geistern und Göttern verbunden sind. Meistens werden sie als warme, duftende Tees verabreicht. Andere räuchern mit Substanzen, die reich an blütenhaften ätherischen Ölen sind. Die Düfte wirken (das haben die Aromatherapeuten inzwischen wiederentdeckt) über das archaische Riechhirn auf die tiefsten Schichten der Seele ein. Auch Edward Bach erkannte intuitiv die Verwandtschaft des Blütenhaften und der Seele. Seine Blütenessenzen sollten ja nicht somatisch wirken, sondern vor allem an den seelischen Ursachen der Erkrankungen ansetzen. (
Scheffer/Storl 2012
)
Vom Wesen der ätherischen Öle
    Ätherische Öle sind Ausdruck der Sommersonnenwärme. Die Hitze und das intensive Licht begünstigen die Verwandlung von Stärke in Fette und Öle. Der Wasserstoffgehalt (H 2 ) nimmt dabei zu. So entwickeln die Kräuter ihre stärksten Heilkräfte.
    Die keltischen Druiden assoziierten die Aromen der Heilkräuter mit Lug, dem »Meister aller Künste« (
Samildanach
). Die Glut dieses geschickten, klugen Gottes führt alles seiner schicksalsbestimmten Vollendung zu: den Sonnenlauf im Westen, das Lebenswerk des Menschen, die Ernte des schnittreifen Korns, den Fall dekadenter Fürsten. Den Pflanzen verleiht er Reife, bunte Farbe, Süße, Aroma und Heilkraft. Im Jahreskreis herrscht er in der Zeit zwischen der Sommersonnenwende und der Herbsttagundnachtgleiche. Das ist die Zeit, in der die Frauen und Kräutersammler ihre Kräuterbündel zusammenstellen. Sein Feiertag, Lugnasad, Anfang August, ist ein Feuerfest. Zu dieser Zeit steht die Sonne im Feuerzeichen Löwe. Im Jahreskreis steht dieses Fest Imbolc, dem Fest des Wassers und der belebenden Feuchtigkeit, diametral gegenüber. Als König der lichten Elfen (
Tuatha de Dana
) kämpft Lug gegen die Kräfte der Stockung, Verhärtung und Finsternis, die durch primitive, brutale Riesen (
Fumore
) dargestellt werden. Er ist der Erzengel Michael der Christen.
    Die flüchtigen, ätherischen Öle, die vor allem in der Blüte gebildet werden, stehen ganz und gar im Zeichen dieses feurigen, luziferischen Götterwesens. Wie er entziehen sie sich den schweren, feuchten, kalten, verhärtenden Elementen. Sie sind nicht wasserlöslich, verflüchtigen sich schnell, sind leicht entzündlich und brennen sehr hell, fast farblos und durchsichtig. Dem Wasser verweigern sie sich, aber sie lösen sich bereitwillig in Wachs, Fett, Alkohol, Harz und Öl auf. Das ist verständlich, weil diese Substanzen selbst dem Wärmehaften entspringen. Wegen dieser Eigenschaften wurden Heilkräuter mit ätherischen Ölen vor allem zu alkoholischen Tinkturen oder fetthaltigen Salben verarbeitet. Wenn die Kelten und Germanen Heilkräuter mit ätherischen Ölen verabreichten, ließen sie diese in heißer, fetthaltiger Ziegenmilch sieden. Noch heute werden viele Aromastoffe durch Enfleurage gewonnen, das heißt, die Kräuter werden in alte Butter gelegt, um die kostbaren Öle zu extrahieren.
    Ätherische Öle sind höchst komplizierte Gemische aus vielen Komponenten, darunter Terpen-Kohlenwasserstoffe, Terpen-Alkohole, Äther, Phenole, Ester, Ketone, Aldehyde, Lactone und so weiter. Bisher wurden etliche hundert chemische Verbindungen als Bestandteile ätherischer Öle nachgewiesen. (
Schauenberg/Paris 1970:182
) Das Aroma gerösteten Kaffees besteht aus inzwischen 900 entschlüsselten Einzelkomponenten, Rosenduft aus über 400, Lavendel aus über 160, der Duft frischgebackenen Brots aus ungefähr 70 Komponenten. Bis heute ist noch kein einziges dieser Gemische bis ins letzte entschlüsselt worden. Synthetische Duftstoffe, die in billigen Parfüms und als Nahrungsmittelzusätze Verwendung finden, sind stümperhafte Nachahmungen. Nur ein kunstfertiger Meister wie Lug, »der Löwe mit der geschickten Hand«, hätte die Aromen und ätherischen Öle

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