Kräuterquartett 01 - Das Rascheln von Rosmarin
finden.“ Ihr Gesicht erlosch und sie wandte sich wieder dem Streicheln von Hickorys Samtnase zu. „Und weil ich keine Entscheidung getroffen habe, hat nun er meinen Gemahl ausgesucht.“
Dirick war etwas schockiert von ihren offen ausgesprochenen Ansichten. Die meisten Jungfern waren mit fünfzehn längst bereits verlobt und die meisten von ihnen auch schon vermählt, und vor ihm stand eine Frau von mehr als siebzehn Lenzen, die ganz gelassen davon sprach, wie sie keinen Mann nach ihrem Geschmack fand und es auch für unwahrscheinlich hielt, einen solchen zu finden. Es war wider die Natur.
Maris unterbrach seine Gedanken. „Was tut Ihr denn sonst hier auf Langumont, wenn nicht um mich zu prüfen, meine Zähne anzuschauen und einen Preis für die Mitgift auszuhandeln?“
Es gelang Dirick weder ein Lächeln noch eine Grimasse angesichts ihrer Worte, die den ganzen Vorgang in einem recht merkantilen Licht erscheinen ließen. „Wie Euer Vater gestern Abend sagte, bin ich kürzlich aus Paris zurückgekehrt und reise durch die Gegend auf der Suche nach Arbeit für einen Lord, wie Euer Vater einer ist.“
„Ist dem so?“, fragte sie, ein seltsamer Ton in ihrer Stimme. „Es scheint, Ihr wisst recht gut Bescheid über Heinrichs Hof – für jemanden, der erst kürzlich von Frankreich hierher übersetzte.“
„König Ludwig unterhält viele Augen, die den Hof des Mannes überwachen, der ihm die Frau stahl“, erwiderte Dirick prompt.
„Und ein recht vortreffliches Ross habt Ihr auch. Für einen fahrenden Ritter“, sagte sie.
Dirick betrachtete sie lange. Er war sicher, die Unschuld ihrer Worte war vorgetäuscht, aber unwillig zu glauben, dass sie ihn im Verdacht haben könnte. Was verstand eine Frau schon von Pferden? Er entschied sich für ein Ablenkungsmanöver. „In der Tat, ich kenne mich mit dem Reiten von Pferden gut aus ... und auch mit anderen Vergnügungen.“
Maris wurde rot und drehte sich weg, „Und habt Ihr gestern Nacht solche Vergnügungen gefunden?“, schleuderte sie ihm entgegen, ohne ihn jedoch anzublicken.
Dirick war bei dieser überaus direkten Frage wieder einmal sprachlos. „Lady Maris–“ Ein Geräusch hinter ihm lenkte ihn von ihr ab. „Wer da?“, rief er, noch während er mit einer geschmeidigen, eleganten Bewegung vor sie trat und seine Hand zum Schwert an seiner Seite ging.
„Es ist Peter, der Stallmeister“, antwortete eine Stimme, deren Ton ebenso warnend klang wie die von Dirick zuvor. „Und wer geht dort?“
Maris streifte an Dirick vorbei und der Duft von ihr, frisch wie der von Zitrone, füllte ihm die Nase, als sie in den Stallgang hinaustrat. „Peter, ich wünsche Euch einen guten Morgen. Hickorys Bein ist fast verheilt“, sagte sie. „Bei mir ist Sir Dirick de Arlande“, erklärte sie, als der gebückte, alte Mann über ihre Schulter nach Dirick spähte. „Seit fast über sechzig Jahren schon ist Peter Stallmeister auf Langumont – und seine Söhne und Enkelsöhne nach ihm.“
„In der Tat, jetzt erkenne ich es – Ihr seid von gleichem Aussehen wie der junge Mann, der bei meiner Ankunft hier Nicks Zügel in Empfang nahm. Er hatte eine ruhige Hand, was meinen Hengst betraf, ganz eindeutig kannte er sich mit Pferden aus“, erwiderte Dirick.
Da nickte Peter sehr vergnügt. „So ist es, Mylord, das war mein ältester Enkelsohn, Percival. Ich schwör’s, dem Kerl fließt Rossblut durch die Adern!“
Dirick schmunzelte, seine Aufmerksamkeit wurde dann wieder zu Maris gelenkt, als diese sich hinkniete, um Peter den Vorderlauf der Stute zu zeigen. In der Zwischenzeit war es recht hell im Stall geworden und die Schattierungen von Grau hatten sich in blasse Farben gewandelt. Der breite Zopf, der zuvor sein Interesse geweckt hatte, war über die Schulter zurückgeworfen worden, als sie sich gebückt hatte und beinahe hätte er die Hand nach dieser dunkel leuchtenden Verheißung ausgestreckt. Kastanienfarbenes Haar. Kastanienfarbenes Haar und grüngold gesprenkelte Augen und volle Lippen.
Dirick riss seine Gedanken ruckartig wieder in die Gegenwart zurück, bevor sie restlos in die Unsittlichkeit zerstoben, gerade als Maris sich aufrichtete. Sie beide standen jetzt fast aufeinander. Ihre Nase stieß fast an seine Brust, als sie sich rasch umdrehte und er tat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust.
Sie nahm ihn gar nicht wahr. All ihre Aufmerksamkeit war jetzt bei Peter und ihre Augen
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