Kraft des Bösen
Psychologie der Aggression. Francis ist in Princeton nicht durchgefallen, weil er langsam war - er war brillant und langweilte sich. Meine Vorlesungen haben ihn nicht gelangweilt. Aber weiter, Moddy.«
Aaron hatte den Mund zu einer Maske der Entschlossenheit verkniffen, die Saul an David Eshkols störrischsten Gesichtsausdruck erinnerte, wenn sie beide sich auf der Farm außerhalb von Tel Aviv bis spät in die fahle Nacht hinein über die Ethik des Guerillakampfes unterhalten hatten. »Die Sekretärin hat der Polizei gesagt, der Klient habe sich wie ein Jude angehört«, sagte Aaron. »Sie sagte, sie könnte Juden immer an ihrer Aussprache erkennen. Dieser habe sich ausländisch angehört. Deutsch oder möglicherweise ungarisch.«
»Nu? «
»Wirst du mir sagen, was hier los ist, Onkel Saul?«
»Jetzt noch nicht, Moddy. Ich weiß es selbst noch nicht mit Sicherheit.«
Aarons Mund blieb verkniffen. Er klopfte auf die beiden anderen Dossiers, die dicker als das erste waren. »Ich habe hier ein paar Unterlagen, die weitaus heißer sind als die Sackgasse mit Harrington«, sagte er. »Ich finde, es wäre ein fairer Tausch.«
Saul zog eine Braue leicht hoch. »Demnach ist es jetzt ein geschäftliches Abkommen, kein Gefallen mehr?«
Aaron seufzte und schlug den zweiten Ordner auf. »Borden, William D. Angeblich am 8. August 1906 in Hubbard, Ohio, geboren, aber keinerlei Unterlagen zwischen Geburtsurkunde und einer plötzlichen Flut von Sozialversicherungskarten, Führerscheinen und so weiter im Jahre 1946. Normalerweise werden die Computer des FBI bei so etwas aufmerksam, aber in diesem Fall scheint sich niemand darum gekümmert zu haben. Ich vermute, wenn wir Friedhöfe rings um Hubbard, Ohio, besuchen würden - wo immer das sein mag -, würden wir einen kleinen Grabstein von Baby Billy Borden finden, möge der Herr seiner kleinen Seele Frieden geben, und so weiter, und so weiter. Unser erwachsener Mr. Borden scheint irgendwann Anfang sechsundvierzig in Newark, New Jersey, aus dem Nichts aufgetaucht zu sein. Zog im nächsten Jahr nach New York City. Wer immer er war, er hatte Geld. Er gehörte zu den unsichtbaren Finanziers von Broadway-Stücken in der Spielzeit von ‘48 und ‘49. Hat sich mit den großen Mäzenen eingekauft, aber, wie es scheint, nicht mit ihnen an einem Tisch gespeist - jedenfalls konnte ich keinen Klatsch über ihn in den alten Kolumnen finden, und keine der alten Vetteln, die für die alte Garde von Produzenten und Agenten gearbeitet haben, kann sich an ihn erinnern.
Wie auch immer, Borden ging 1950 nach Los Angeles, inanzierte noch im selben Jahr seinen ersten Film und ist seitdem eine Institution. In den sechziger Jahren war er nicht mehr so deutlich auf der Bildfläche. Produzenten in Hollywood kannten ihn als den >Hunnen< oder Big Bill Borden. Gab ab und zu eine Party, aber nie so laut, daß die Polizei einschreiten mußte. Der Mann war ein Heiliger ... keine Strafzettel, keine Tickets für verkehrswidriges Verhalten . nichts. Entweder das, oder er hatte genügend Einfluß, daß sämtliche Gemeinheiten aus den Unterlagen verschwanden. Was meinst du, Onkel Saul?«
»Was hast du sonst noch?«
»Nichts«, sagte Aaron. »Nichts außer ein paar offiziellen Verlautbarungen des Studios, ein Foto von Herrn Bordens Tor in Bel Air - das Haus kann man nicht sehen - und Meldungen in der L. A. Times und Variety über seinen Tod bei dem Flugzeugabsturz letzten Samstag.«
»Könnte ich die bitte sehen?« bat Saul.
Als er aufhörte zu lesen, sagte Aaron leise: »War er dein Deutscher, Onkel Saul? Dein Standartenführer?«
»Wahrscheinlich«, sagte Saul. »Das wollte ich wissen.«
»Und du hast Francis Harrington in der Woche hingeschickt, es herauszufinden, als Borden bei einem Bombenanschlag auf ein Flugzeug ums Leben kommt.«
»Ja.«
»Und dein Ex-Student und seine beiden Helfer sterben im selben Zeitraum von drei Tagen.«
»Von Dennis und Selby habe ich erst erfahren, als du es mir gesagt hast«, sagte Saul. »Ich hatte keine Ahnung, daß sie in Gefahr sein könnten.«
»In Gefahr vor wem?« drängte Aaron.
»Das weiß ich im Augenblick wirklich nicht«, sagte Saul.
»Dann sag mir, was du weißt, Onkel Saul. Vielleicht können wir dir helfen.«
»Wir?«
»Levi. Dan. Jack Cohen und Mr. Bergman.«
»Leute von der Botschaft?«
»Jack ist mein Vorgesetzter, aber auch ein Freund«, sagte Aaron. »Wenn du uns verrätst, was los ist, können wir dir helfen.«
»Nein«, sagte Saul.
»Nein, du
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