Kraft des Bösen
einem Konsortium verwaltet wird, welches prinzipiell C. Arnold Barent gehört. Medien, Mikrochips, Filmstudios, Öl, Kunst oder Babynahrung, Barent besitzt Anteile daran.«
»Wofür steht das >C« fragte Saul.
»Niemand hat die leiseste Ahnung«, sagte Aaron. »C. Arnold Senior hat es nie preisgegeben, und der Sohn rückt auch nicht damit heraus. Wie dem auch sei, dem Geheimdienst gefällt es, wenn der Präsident und dessen Familie ihn besuchen. Barents Häuser liegen normalerweise auf Inseln - er besitzt Inseln auf der ganzen Welt, Onkel Saul -, und die Anlagen, Sicherheitsmaßnahmen, Hubschrauberlandeplätze, Satellitenverbindungen und so weiter sind für gewöhnlich besser als die des Weißen Hauses.
Einmal im Jahr - meistens im Juni - veranstaltet Barents Stiftung Freedom First ein >Sommerlager< - ein fünftägiges Spektakel für die größten kleinen Jungs der westlichen Hemisphäre. Man kommt nur mit Einladung hin, und um eingeladen zu werden, muß man mindestens dem Kabinett angehören und im Kommen sein - oder schon über dem Berg und zu Lebzeiten Legende. Gerüchte, die in den letzten Jahren nach außen gedrungen sind, sprechen von ehemaligen deutschen Bundeskanzlern, die um Lagerfeuer tanzten und schmutzige Lieder mit alternden amerikanischen Staatssekretären und einem oder zwei Ex-Präsidenten gesungen haben. Angeblich Treffen, bei denen sämtliche hohen Führungspersönlichkeiten he rumhängen ... ist das der amerikanische Ausdruck, Onkel Saul?«
»Ja«, sagte Saul. Er sah zu, wie Aaron das letzte Foto wegsteckte. »Und jetzt sag mir, was das alles bedeutet, Aaron. Warum ist Tony Harod zu einem heimlichen Treffen mit diesen fünf Männern gegangen, die ich bei Gott kennen sollte, aber nicht kenne?«
Aaron verstaute die Dossiers in der Aktentasche und verschränkte die Hände. Er hatte die Mundwinkel zusammengezogen. »Das mußt du jetzt mir erklären, Onkel Saul. Ein Filmproduzent und Ex-Nazi, jedenfalls hältst du ihn für einen ExNazi, wird bei einem Flugzeugabsturz getötet, der wahrscheinlich auf einen Bombenanschlag zurückzuführen ist. Du schickst einen reichen Collegejungen, der Privatdetektiv spielt, nach Hollywood, damit er diesen Produzenten ausspioniert, und dein Freund wird entführt - mit großer Wahrscheinlichkeit getötet - , so wie seine beiden Amateurkollegen. Eine Woche später fliegt der Partner deines Nazi-Produzenten - ein Mann, der allen Berichten zufolge den Charme eines Scharlatans und Kinderschänders in sich vereinigt - nach Washington und trifft sich mit der seltsamsten Gruppe von Insidern und heimlichen Machthabern seit dem ersten Executive Council-Treffen von Yassir Arafat. Was geht hier vor, Onkel Saul?«
Saul nahm die Brille ab und putzte die Gläser. Er sagte eine ganze Minute lang nichts. Aaron wartete. »Moddy«, sagte Saul schließlich, »ich weiß nicht, was hier vor sich geht. Ich habe mich nur für den Standartenführer interessiert - für den Mann, den ich in William D. Borden zu erkennen glaubte. Bis heute habe ich von diesen anderen nicht einmal gehört. Ich hatte keine Ahnung, wer Borden war, bis ich sein Foto in der Sonntagsausgabe der New York Times gesehen habe und überzeugt war, daß es sich um Standartenführer Wilhelm von Borchert von der Waffen-SS handelte ...« Saul verstummte, setzt die Brille wieder auf und griff sich mit zitternden Fingern an die Stirn. Er wußte, für seinen Neffen mußte er wie ein tatteriger, verwirrter alter Mann aussehen. Im Augenblick war das unerheblich.
»Onkel Saul, du kannst mir sagen, was los ist«, sagte Aaron auf hebräisch. »Laß dir von mir helfen.«
Saul nickte. Er spürte, wie ihm Tränen in die Augen traten, und sah rasch weg.
»Wenn es möglicherweise Bedeutung für Israel haben könnte«, drängte Aaron, »zu einer Bedrohung werden könnte . müssen wir zusammenarbeiten, Onkel Saul.«
Saul richtete sich kerzengerade auf. Zu einer Bedrohung werden. Plötzlich sah er seinen Vater vor sich, der den kleinen Josef in der Reihe blasser, nackter Männer und Knaben in Chelmno trug, spürte wieder den Schmerz der Ohrfeige und seine Scham und wußte genau - wie sein Vater genau gewußt hatte -, daß dem Schutz der eigenen Familie manchmal allerhöchste Priorität zukam, allerhöchste Priorität zukommen mußte. Er nahm Aarons Hand in seine beiden. »Moddy ... du mußt mir vertrauen. Ich glaube, hier passieren eine Menge Dinge, die nichts miteinander zu tun haben. Der Mann, den ich für den Standartenführer aus
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