Kraft des Bösen
nach vorn und schlafen ein wenig. Ich habe morgen eine Sitzung in London vor mir. Sie werden feststellen, daß Ihre Schlafkabinen hergerichtet und bereit sind. Wo möchten Sie gerne abgesetzt werden?«
»L.A.«, sagte Harod.
»New Orleans«, sagte Sutter.
»New York«, sagte Kepler.
»Gemacht«, sagte Barent. »Donald hat mich vor wenigen Minuten informiert, daß wir uns irgendwo über Nevada befinden, daher werden wir Tony als ersten absetzen. Tut mir leid, daß Sie den Komfort nicht über Nacht in Anspruch nehmen können, aber möglicherweise möchten Sie doch eine Mütze voll Schlaf vor der Landung nehmen.«
»Ja«, sagte Harod.
Barent stand auf, worauf Haines erschien und die Tür zur vorderen Kabine aufhielt. »Bis wir uns im Sommerlager des Island Club wiedersehen, meine Herren«, sagte Barent. »Ciao und Ihnen allen viel Glück.«
Ein Diener im blauen Blazer zeigte Harod und Maria Chen ihre Kabine. Der hintere Teil der 747 war in Barents geräumiges Büro, einen Aufenthaltsraum und das Milliardärsschlafzimmer umgebaut worden. Vor dem Büro, links von einem Flur, der Harod an sämtliche europäischen Züge erinnerte, mit denen er je gefahren war, lagen die geräumigen Kabinen, die in dezenten Grün- und Koralletönen gehalten waren und aus einem eigenen Bad, einem Schlafraum mit Doppelbett, Sofa und Farbfernseher bestanden. »Wo ist der offene Kamin?« fragte Harod den Diener im Blazer nuschelnd.
»Ich glaube, ein funktionstüchtiger Kamin befindet sich im Privatflugzeug von Scheich Muzad«, antwortete der hübsche junge Mann ohne die Spur eines Lächelns.
Harod hatte sich gerade den zweiten Wodka auf Eis eingeschenkt und zu Maria Chen auf das Sofa gesetzt, als es leise an der Tür klopfte. Eine junge Frau, die wie der Diener einen blauen Blazer trug, sagte: »Mr. Barent läßt fragen, ob Sie und Ms. Chen zu ihm in den Orion-Salon kommen würden.«
»Den Orion-Salon?« sagte Harod. »Klar, warum auch nicht.« Sie folgten der jungen Frau den Flur entlang zu einer mit Spezialkartenschloß gesicherten Tür und eine Wendeltreppe hinauf. Harod wußte, bei einer als Linienmaschine hergerichteten 747 würde diese Wendeltreppe zur ersten Klasse hinaufführen. Als sie am oberen Ende der Treppe angelangt waren, blieben sowohl Harod wie auch Maria Chen staunend stehen. Die Frau ging wieder die Treppe hinunter, sperrte die Tür ab und unterdrückte damit den letzten Rest reflektierten Lichts von unten.
Der Raum war so groß wie in einer normalen 747, aber es war, als hätte jemand das Oberteil des Flugzeugs entfernt und die Plattform in einer Höhe von 10.500 Metern zum Himmel hin aufgetan. Tausende Sterne funkelten über ihnen, die in dieser Höhe überhaupt nicht zu blinken schienen, und Harod konnte nach links und rechts zu den dunklen Keilen der Tragflächen, den blinkenden roten und grünen Positionslichtern und einem Wolkenteppich im Sternenlicht sehen, der eine Meile oder mehr unter ihnen lag. Es war absolut kein Geräusch zu hören und keine Trennwand zwischen ihnen und der endlosen Ausdehnung des Nachthimmels zu sehen. Lediglich flache Silhouetten deuteten schattenhafte Möbelstücke und eine einzige sitzende Person im Salon selbst an. Hinter und unter ihnen verlief die langgestreckte Metallmasse des Flugzeugs, dessen Rumpf schwach im Sternenlicht glänzte; ein einziges, grelles Positionslicht blinkte an der hohen Heckflosse.
»Herrgott noch mal«, flüsterte Harod. Er hörte, wie Maria Chen vernehmlich Luft holte, als ihr wieder einfiel zu atmen.
»Freut mich, daß es Ihnen gefällt«, sagte Barents Stimme aus der Dunkelheit. »Kommen Sie, setzen Sie sich.«
Harod und Maria Chen gingen vorsichtig zu einer Gruppe flacher Sessel um einen runden Tisch herum, während sich ihre Augen langsam an das Sternenlicht gewöhnten. Hinter ihnen war die oberste Stufe der Wendeltreppe mit einem Streifen roten Warnlichts an der Kante ausgewiesen, das Schott zu den Mannschaftsunterkünften war ein schwarzer Halbkreis vor dem Sternenhimmel im Westen. Sie ließen sich auf weiche Sessel fallen und sahen auch weiter staunend zum Himmel empor.
»Ein durchsichtiger Plastikbaustoff«, sagte Barent. »Eigentlich fast dreißig Schichten, aber völlig durchsichtig und viel stärker als Plexiglas. Es gibt Dutzende Stützstreben, aber die sind haarfein und beeinträchtigen den Blick nachts nicht. Außen polarisiert die Oberfläche bei Tage und sieht aus wie schwarze Lackfarbe. Meine Ingenieure haben zwei Jahre gebraucht, bis
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